BFH 31.7.2013, I R 44/12

Buchwerteinbringung: Keine Sperrfristverletzung bei einer Einmann-GmbH & Co. KG

In Fällen, in denen Wirtschaftsgüter durch den an einer KG zu 100 % beteiligten Kommanditisten eingebracht werden (Situation der sog. Einmann-GmbH & Co. KG), wird die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG 1997 n.F./2002 nicht dadurch rückwirkend aufgehoben, dass die jeweilige KG - bei unveränderten Beteiligungsverhältnissen - das Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG 1997 n.F./2002 veräußert. Dies gilt auch dann, wenn das Wirtschafsgut in der Gesamthandsbilanz der KG mit dem bisherigen Buchwert ausgewiesen und deshalb für den Einbringenden keine negative Ergänzungsbilanz erstellt wurde.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH, die im Jahr 2004 durch formwechselnde Umwandlung aus der X-AG hervorgegangen war. Diese brachte mit Wirkung zum Ende des Streitjahres 2001 ein Grundstück im Wege einer Sacheinlage in die neu gegründete X-GmbH & Co. KG ein. Deren Komplementärin war die weder am Vermögen noch am Gewinn und Verlust beteiligte X-GmbH; alleinige Kommanditistin war die X-AG.

Die X-AG ging im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärung von einer Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG 1997 n.F./2002 aus und setzte das eingebrachte Grundstück dementsprechend mit seinem Buchwert von rund 28,9 Mio. DM an. Das Finanzamt folgte dem zunächst, änderte seine Auffassung aber, nachdem bekannt geworden war, dass die X-GmbH & Co. KG das Grundstück im Oktober 2005 mit Wirkung zum Jahresende an einen fremden Dritten für rund 24,7 Mio. € veräußert hatte. Die Behörde sah darin eine Verletzung der Sperrfristregelung des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG 1997 n.F./ 2002. Es setzte deshalb für die Sacheinlage rückwirkend den Grundstücksteilwert i.H.v. 40,5 Mio. DM an und erließ für das Streitjahr einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid, dem ein um die stillen Reserven erhöhter Gewinn zugrunde lag.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Recht entschieden, dass die Veräußerung des eingebrachten Grundstücks zum 31.12.2005 durch die X-GmbH & Co. KG die Buchwerteinbringung im Streitjahr 2001 unberührt ließ.

Wird ein Wirtschaftsgut durch den an einer KG zu 100 % beteiligten Kommanditisten eingebracht (Situation der sog. Einmann-GmbH & Co. KG), so wird die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG 1997 n.F./2002 nicht dadurch rückwirkend aufgehoben, dass die KG - bei unveränderten Beteiligungsverhältnissen - das Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG 1997 n.F./2002 veräußert. Dies gilt auch dann, wenn das Wirtschafsgut in der Gesamthandsbilanz der KG mit dem bisherigen Buchwert ausgewiesen und deshalb für den Einbringenden keine negative Ergänzungsbilanz erstellt wurde.

Tragend für dieses einschränkende Normverständnis ist, dass die Regelungen des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG 1997 n.F./2002 die Buchwertfortführung nicht mit allgemeiner Wirkung an das Merkmal der nachhaltigen Unternehmensumstrukturierung binden und somit auch nicht jede zeitnahe Aufdeckung stiller Reserven (Veräußerung, Entnahme) sanktionieren, sondern lediglich Vorsorge dagegen treffen wollen, dass innerhalb der Sperrfrist die Gewinne (Verluste) aus der Veräußerung oder Entnahme der übertragenen Wirtschaftsgüter den Mitgesellschaftern unter Verletzung des Subjektsteuerprinzips zugeordnet werden. Wird dieser Gesetzeszweck jedoch nicht berührt, weil der Einbringende sowohl im Zeitpunkt der Übertragung des Wirtschaftsguts auf die Personengesellschaft als auch zum Zeitpunkt einer späteren Gewinnrealisierung alleine am Vermögen und Gewinn der Personengesellschaft beteiligt ist, d.h. die individuelle Zuordnung der stillen Reserven durchgängig gewahrt bleibt, so wäre es in jeder Hinsicht sinnwidrig, die rückwirkende Durchbrechung der Buchwertfortführung allein auf die buchungstechnische Darstellung des Vermögenstransfers nach der sog. Bruttomethode zu stützen.

Die teleologische Reduktion des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG 1997 n.F./2002 steht nicht im Widerspruch zur Auffassung des erkennenden Senats, nach der die unentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts zwischen beteiligungsidentischen (Schwester-)Personengesellschaften nicht nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG 1997 n.F./2002 zum Buchwert vollzogen werden kann. Der Senat hat seine Auffassung auf den Gesetzeswortlaut sowie vor allem darauf gestützt, dass die Nichtaufnahme dieses Vermögenstransfers in den Katalog des § 6 Abs. 5 S. 3 Nrn. 1 bis 3 EStG 1997 n.F./2002 auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers beruht und deshalb eine analoge Anwendung der Vorschrift nicht in Betracht kommt. Hier ging es hingegen nicht um die dem gesetzgeberischen Willen entgegenstehende und damit methodisch unzulässige Ausdehnung eines Begünstigungstatbestands über den Wortlaut des Gesetzes hinaus, sondern um die zweckgerichtete Auslegung eines Ausnahme- und Missbrauchstatbestands, der nach dem Willen des Gesetzgebers die (begünstigende) Buchwertfortführung nur klarstellend begrenzen soll.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.10.2013 11:44
Quelle: BFH online

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