BGH 20.2.2014, IX ZB 32/12

Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin können zur Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters befugt sein

Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin können zur Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters befugt sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Höhe der Festsetzung ihr Recht auf eine Teilhabe an einem Überschuss beeinträchtigen kann.

Der Sachverhalt:
Der weitere Beteiligte zu 2) ist Verwalter in dem im September 2001 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, einer GmbH & Co. KG. Nach der Verwertung der Insolvenzmasse wurden die festgestellten Forderungen sämtlicher Insolvenzgläubiger einschließlich der nachrangigen Insolvenzgläubiger (§ 39 InsO) befriedigt. Unter diesen befand sich auch eine Forderung der weiteren Beteiligten zu 1), einer Kommanditistin der Schuldnerin und Geschäftsführerin ihrer Komplementär-GmbH, auf Darlehensrückzahlung. Die weitere Beteiligte zu 1) hatte ihre Forderung zunächst mit rd. 2,2 Mio. € angemeldet, sie dann aber bis auf rd. 1,4 Mio. € zurückgenommen und wegen der Differenz auf die weitere Teilnahme am Insolvenzverfahren verzichtet.

Das AG - Insolvenzgericht -  setzte die Vergütung des weiteren Beteiligten zu 2) für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter auf rd. 1,1 Mio. € einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer fest. Dagegen legten die Schuldnerin und die weitere Beteiligte zu 1) sofortige Beschwerde ein. Während des Beschwerdeverfahrens meldete die weitere Beteiligte zu 1) eine Darlehensforderung i.H.v. rd. 136.000 € zur Insolvenztabelle nach. In der Begründung ihrer Beschwerde erklärte sie jedoch, sie halte an der Forderungsanmeldung nicht mehr fest. Sie beanspruche aber den ihr nach § 199 InsO zustehenden Anteil an dem zu erwartenden Übererlös.

Das LG verwarf die sofortigen Beschwerden als unzulässig. Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1), mit der sie die Herabsetzung der Vergütung auf 800.000 € beantragt, hob der BGH den Beschluss des LG insoweit auf, als die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) gegen eine Festsetzung der Vergütung des weiteren Beteiligten zu 2) auf mehr als 800.000 € verworfen worden ist, und verwies die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin sind in analoger Anwendung des § 64 Abs. 3 S. 1 InsO zur Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters berechtigt, wenn die Höhe der Festsetzung ihr Recht auf eine Teilhabe an einem Überschuss beeinträchtigen kann.

Gegen den Beschluss, mit dem das Insolvenzgericht die Vergütung des Verwalters festsetzt, steht gem. § 64 Abs. 3 S. 1 InsO dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. Diese Regelung ist jedoch nicht abschließend. Der BGH hat wiederholt entschieden, dass über den Wortlaut des § 64 Abs. 3 S. 1 InsO hinaus anderen Personen die Beschwerdeberechtigung zuerkannt werden kann, wenn diese durch eine fehlerhafte Festsetzung der Vergütung in ihren Rechten unmittelbar beeinträchtigt werden. Im Falle der Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist nicht nur dieser selbst beschwerdeberechtigt, sondern auch der spätere Insolvenzverwalter.

Ist die Masse unzulänglich, steht das Beschwerderecht auch Massegläubigern zu, wenn durch die Festsetzung der nach § 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorrangigen Verwaltervergütung ihre Befriedigung beeinträchtigt wird. In gleicher Weise ist ein Dritter beschwerdebefugt, der sich für den Fall der Masseunzulänglichkeit gegenüber der Masse verpflichtet hat, für die Kosten des Insolvenzverfahrens einzustehen. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass den Betroffenen eine Beschwerdebefugnis zukommen solle, also denjenigen, die durch die Vergütungsfestsetzung in ihren Rechten unmittelbar beeinträchtigt werden können. Soweit solche Betroffene in § 64 Abs. 3 S. 1 InsO nicht genannt sind, weist die Norm eine planwidrige Regelungslücke auf. Ihnen muss in analoger Anwendung ein Beschwerderecht zuerkannt werden.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die weitere Beteiligte zu 1) kann durch eine fehlerhaft überhöhte Festsetzung der Vergütung in ihren Rechten unmittelbar beeinträchtigt werden. Sie ist als Kommanditistin Gesellschafterin der Schuldnerin. Zum Stichtag 31.3.2010 war ein Masseguthaben i.H.v. rd. 308.000 € vorhanden, zzgl. noch zu erwartender Einnahmen i.H.v. rd. 47.000 €. Bleibt es bei der bisherigen Festsetzung seiner Vergütung, darf er der Masse noch rd. 254.000 € entnehmen. Nach dem Schlussbericht ist davon auszugehen, dass in diesem Fall ein Restbetrag von rund 8.000 € zur Ausschüttung an die Gesellschafter gem. § 199 InsO verbleibt.

Wird die Vergütung des weiteren Beteiligten zu 2) aber auf 800.000 € herabgesetzt, hat der weitere Beteiligte zu 2) bereits mehr erhalten, als ihm zusteht. Der zu erwartende Überschuss erhöht sich dann um den Betrag, um den die Vergütung herabgesetzt wird. Da die Schuldnerin keine natürliche Person ist, hat der Verwalter nach § 199 S. 2 InsO jeder an der Schuldnerin beteiligten Person, mithin auch der weiteren Beteiligten zu 1), den Teil des Überschusses herauszugeben, der ihr bei einer Abwicklung außerhalb des Insolvenzverfahrens zustünde. Dieser von der weiteren Beteiligten zu 1) zu beanspruchende Anteil erhöht sich, wenn die Vergütung des Verwalters niedriger festgesetzt wird. Seine Höhe wird somit durch jede fehlerhaft überhöhte Vergütungsfestsetzung unmittelbar beeinträchtigt.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.03.2014 15:45
Quelle: BGH online

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