BFH 5.6.2014, IV R 43/11

Zum Begriff des Vorabgewinnanteils i.S.d. § 35 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 EStG 2002

Von einem "Vorabgewinnanteil" i.S.d. § 35 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 EStG 2002 ist auszugehen, wenn der betroffene Gesellschafter vor den übrigen Gesellschaftern aufgrund gesellschaftsvertraglicher Abrede einen Anteil am Gewinn erhält. Der "Vorabgewinnanteil" ist dabei vor der allgemeinen Gewinnverteilung zu berücksichtigen und reduziert den noch zu verteilenden Restgewinn.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine im Jahr 1977 gegründete KG. Komplementärin ist die X-GmbH, die im Streitjahr 2003 10,71 % am Gesellschaftskapital beteiligt war. Einziger Kommanditist war zu diesem Zeitpunkt der Beigeladene mit einer Kommanditeinlage 89,29 %. Der Gesellschaftsvertrag sah eine Gewinnverteilungsabrede vor, die im Januar 1990 insofern geändert wurde, dass der Gewinnanteil des Beigeladenen auf maximal 100.000 DM beschränkt worden war.

In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr rechnete die Klägerin den Gewerbesteuermessbetrag i.H.v. 14.395 € dem Beigeladenen nach § 35 Abs. 3 EStG entsprechend seinem Anteil am Festkapital i.H.v. 89,29 % zu. Dem folgte das Finanzamt nicht, sondern rechnete dem Beigeladenen einen Anteil am Gewerbesteuermessbetrag i.H.v. 17,123 % zu, weil zu seinen Lasten die vereinbarte "Gewinnbegrenzung" zu berücksichtigen sei. Daran hielt die Behörde auch nach einer Betriebsprüfung fest, stellte allerdings einen auf den Beigeladenen entfallenden Gewerbesteuermessbetragsanteil gem. § 35 Abs. 3 EStG i.H.v. 11,32 % fest.

Das FG wies die Klage, mit der die Klägerin geltend gemacht hatte, die im Gesellschaftsvertrag geregelte Gewinnbegrenzung für den Beigeladenen sei als zugunsten der GmbH wirkender Vorabgewinn i.S.d. § 35 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 EStG aufzufassen, ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.

Die Gründe:
Die bei der nach § 35 Abs. 3 S. 2 EStG erfolgenden Ermittlung des auf den Beigeladenen entfallenden Anteils am Gewerbesteuermessbetrag des Streitjahres die auf diesen bezogene Gewinnbegrenzung war nicht als Vorabgewinn auszuscheiden, sondern als Bestandteil der allgemeinen Gewinnverteilungsabrede zu berücksichtigen. Das FG war zu Recht davon ausgegangen, dass ein "Vorabgewinnanteil" i.S.d. § 35 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 EStG dadurch gekennzeichnet ist, dass der betroffene Gesellschafter vor den übrigen Gesellschaftern aufgrund gesellschaftsvertraglicher Abrede einen Anteil am Gewinn erhält. Entsprechend ist der angesprochene "Vorabgewinnanteil" vor der allgemeinen Gewinnverteilung zu berücksichtigen und reduziert den noch zu verteilenden Restgewinn.

Ein "gesellschaftsrechtlich vereinbarter Vorabgewinn" kommt insbesondere in Betracht, wenn einem an der Personengesellschaft beteiligten Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag eine besondere Vergütung für die Übernahme der Geschäftsführung eingeräumt wird. Insbesondere in Fällen, in denen nicht alle Gesellschafter gleichmäßig an der Geschäftsführung beteiligt sind und die Tätigkeitspflicht auch kein Äquivalent für das von den anderen Gesellschaftern zur Verfügung gestellte Kapital bildet, wird dem die Geschäftsführung im Wesentlichen übernehmenden Gesellschafter oftmals eine besondere Vergütung eingeräumt, die aber nicht als Vereinbarung eines Entgelts für die Leistung besonderer Dienste, sondern als Gewinnverteilungsabrede anzusehen ist. Inhaltlich kann dabei die Vergütung entweder in einer Erhöhung des prozentualen Gewinnanteils des Geschäftsführers oder aber in einem festen oder erfolgsabhängigen, als "Gewinnvoraus" oder "Gewinnvorab" des Geschäftsführers bezeichneten, periodisch zu zahlenden Geldbetrag bestehen.

Das FG hatte auch zutreffend nach § 35 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 EStG bei der Ermittlung des Anteils eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag auszuscheidende "Vorabgewinnanteile" von nicht unter diese Vorschrift fallenden und auf einen einzelnen Gesellschafter bezogenen (fixen) "Gewinnbegrenzungen" unterschieden. Anders als bei Vorabgewinnen findet bei Gewinnbegrenzungen nämlich keine vorrangige Zurechnung des den Höchstgewinn übersteigenden Betrages bei anderen Gesellschaftern statt. Vielmehr sind diese auf einzelne Mitunternehmer bezogenen Gewinnbegrenzungen Gegenstand der allgemeinen Gewinnverteilung und deshalb bei der Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags einer Mitunternehmerschaft auf die Mitunternehmer zu berücksichtigen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.07.2014 14:02
Quelle: BFH online

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