BFH 15.7.2014, X R 35/12

Einschränkungen beim Sonderausgabenabzug für Beiträge zu einer "Rürup-Rente" wegen einer daneben bestehenden Direktversicherung sind zulässig

In Fällen, in denen zugunsten eines Alleingesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH eine Direktversicherung von der Kapitalgesellschaft als Versicherungsnehmerin abgeschlossen wurden, kann der Höchstbetrag für Beiträge, die dieser zudem zum Aufbau einer "Rürup-Rente" erbringt, seit 2008 gem. § 10 Abs. 3 S. 3 EStG pauschal um den fiktiven Gesamtbeitrag zur allgemeinen Rentenversicherung gekürzt werden. Die generelle Kürzung des Höchstbetrags und die Einschränkungen beim Sonderausgabenabzug widersprechen nicht Art. 3 Abs. 1 GG.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Diese hatte bereits im Jahr 1992 zu Gunsten des Klägers eine Direktversicherung abgeschlossen. Die Beiträge waren vergleichsweise gering (2008 betrugen sie etwa 1.534 €) und wurden vom Kläger im Wege einer Gehaltsumwandlung erbracht.

Im Streitjahr 2008 zahlte der Kläger zudem 22.050 € in einen "Rürup-Rentenvertrag" ein. Von letzteren Aufwendungen konnte er aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 3 S. 1 bis 4 EStG letztlich nur 6.108 € als Sonderausgaben abziehen. Ohne die vorhandene Direktversicherung hätte der Kläger dagegen 13.200 € absetzen können.

Der Kläger wandte sich erfolglos gegen die vom Finanzamt vorgenommene Kürzung des Erhöhungsbetrags für seine Beiträge zur kapitalgedeckten Altersvorsorge ("Rürup-Rente") um den fiktiven Gesamtbeitrag zur allgemeinen Rentenversicherung im Rahmen der Günstigerprüfung (§ 10 Abs. 4a S. 3 i.V.m. Abs. 3 S. 3 EStG). Auch seine Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Der Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2008 stand im Einklang mit der in diesem jahr geltenden Gesetzeslage des § 10 Abs. 4a EStG.

Der Auffassung des Klägers, dass die Kürzung unverhältnismäßig sei und deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, war nicht zu folgen. Der Gesetzgeber hat mit Wirkung ab dem Jahr 2008 angeordnet, dass die Kürzung des Sonderausgabenabzugs im Fall der Gewährung von Zukunftssicherungsleistungen durch den Arbeitgeber nicht davon abhängt, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer hierzu eigene Beitragsleistungen erbringt. Damit wird abweichend von der bisherigen BFH-Rechtsprechung ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der eine betriebliche Altersvorsorge erhält, bei der Kürzung des Sonderausgabenabzugs den rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern und den Beamten ohne Rücksicht darauf gleichgestellt, ob sein Anspruch auf betriebliche Altersvorsorge vollständig auf eigenen Beiträgen beruht.

Dass der Gesetzgeber zu einer solchen groben Typisierung berechtigt war, wurde u.a. damit begründet, dass es (beherrschende) Gesellschafter-Geschäftsführer in der Hand haben, ihre Altersversorgung zu gestalten und entsprechend auf die Auswirkungen der Gesetzgebung reagieren können. Danach bewegt sich der Gesetzgeber mit den verschiedenen Typisierungen und Pauschalierungen, die - wie im vorliegenden Fall - kumulativ zu einer sehr eingeschränkten Abzugsfähigkeit der "Rürup-Beiträge" führen können, insgesamt noch innerhalb des ihm eingeräumten Gestaltungsspielraums.

Auch die in § 10 Abs. 3 S. 3 EStG angeordnete pauschale Kürzung des Höchstbetrags um den fiktiven Gesamtbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung bei Steuerpflichtigen, die - wie der Kläger - zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG gehören, begegnet keinen Bedenken. Sie ist letztlich Folge des vom Gesetzgeber angenommenen Leitbildes, die dem rentenversicherungsfreien Arbeitnehmer vertraglich gewährten Anwartschaftsrechte stellten keine Zusatzversorgung dar, sondern ersetzten die Basisversorgung. Sollte es angesichts der - durch die verhältnismäßig geringen Beiträge ausgelösten - pauschalen Kürzung und der daraus folgenden Nichtabziehbarkeit eines nicht unwesentlichen Teils der Beiträge des Klägers zu der von ihm zum Aufbau einer Basisversorgung abgeschlossenen "Rürup-Versicherung" und der späteren Besteuerung der Leistungen in der Versorgungsphase zu einem Verstoß gegen das Verbot der doppelten Besteuerung kommen, ist dies in den Veranlagungszeiträumen der Versorgungsphase zu rügen, in denen die Altersbezüge der Besteuerung unterworfen werden.

Linkhinweis:

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.12.2014 12:09
Quelle: BFH PM Nr. 82 vom 10.12.2014

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