Claudia Kothe-Heggemann, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Ulrich Weber & Partner GbR, Köln

Kündigung im Kleinbetrieb: Diskriminierung wegen des Alters verboten

Kleinbetriebe im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) sind solche, bei denen in der Regel nicht mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden.

Die Annahme eines sog. Kleinbetriebs hat insbesondere zur Folge, dass das KSchG keine volle Anwendung findet. So bedarf eine Kündigung im Kleinbetrieb nicht der sozialen Rechtfertigung gemäß § 1 Abs. 1 KSchG. Der Überprüfung einer im Kleinbetrieb ausgesprochenen Kündigung sind daher enge Grenzen gesetzt. Ein Mindestschutz für Arbeitnehmer besteht insofern nur durch die Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB. Eine Unwirksamkeit kann sich daher insbesondere ergeben, wenn die Kündigung sittenwidrig ist oder sie aufgrund der Grundsätze von Treu und Glauben unwirksam ist.
Das BAG hatte nun darüber zu befinden, ob sich die Unwirksamkeit der Kündigung auch aus dem Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG ergeben könnte. Es kam zu dem Schluss, dass, wenn die Kündigung eine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, diese gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist und darüber hinaus auch Ansprüche auf Entschädigung in Betracht kommen (BAG vom 23.7.2015 – 6 AZR 457/14).
Den vorliegenden Fall betraf eine 1950 geborene Arzthelferin in einer Gemeinschaftspraxis. Sie war bei der Beklagten seit nahezu 22 Jahren beschäftigt, als diese im Mai 2013 die Kündigung aussprach. Die Beklagte berief sich auf Veränderungen im Laborbereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderlich machen würden. In der Kündigung führte die Beklagte auch an, dass die Klägerin ja „inzwischen pensionsberechtigt“ sei. Anderen Mitarbeitern der Beklagten wurde nicht gekündigt. Die Klägerin wandte sich gegen die Kündigung mit ihrer Klage. Sie erklärte, die Kündigung lasse eine Benachteiligung wegen ihres Alters vermuten. Sie machte daher die Unwirksamkeit der Kündigung und einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung geltend. Die Beklagte führte hingegen zu der Kündigung aus, diese sei lediglich freundlich und verbindlich formuliert worden. Tatsächlich sei wegen eines zu erwartenden Entfalls von 70 – 80 % der abrechenbaren Laborleistungen und damit einem erheblichen Umfang an Beschäftigungsbedarf gekündigt worden. Das KSchG fand auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, da es sich bei dem Betrieb der Beklagten um einen sog. Kleinbetrieb i.S.d. § 23 Abs. 1 KSchG handelte.
In den ersten beiden Instanzen hatte die Klägerin noch keinen Erfolg. Anders entschied nun allerdings das BAG. Das BAG erkannte einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus § 7 Abs. 1 AGG. Insofern hatte die Klägerin hinreichend Indizien vorgetragen, die eine Vermutung einer Altersdiskriminierung nahelegten. Den Gegenbeweis hatte die Beklagte nach Ansicht des BAG nicht erbracht. Das BAG bejahte daher die Unwirksamkeit der Kündigung und einen Anspruch auf Entschädigung dem Grunde nach. Die Sache wurde an das LAG zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Dieses muss nun die notwendigen Tatsachen dazu feststellen, in welcher Höhe der Klägerin ein Entschädigungsanspruch zusteht.
Die Entscheidung zeigt, dass auch bei Kündigungen im Kleinbetrieb Vorsicht geboten ist. Auch hier muss in jedem Fall jeglicher Eindruck einer Diskriminierung im Sinne des AGG und insofern eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot aus § 7 Abs. 1 AGG vermieden werden. Dies betrifft auch, aber nicht nur, eine mögliche Altersdiskriminierung. Aber auch Diskriminierungen wegen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung oder der sexuellen Identität, müssen in jedem Fall verhindert werden.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 03.09.2015 15:29

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