14 / 2016

Prof. Dr. Volker Römermann, Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter, Hamburg/Hannover/Berlin

Marginalien geklärt, Grundfragen völlig offen: Die PartG mbB wird drei Jahre alt

Am 19.7.2013 trat die Revolution im deutschen Gesellschaftsrecht in Kraft (BGBl. I 2013, 2386 [2389]): Eine Rechtsform ohne persönliche Haftung und ohne Stammkapital und das alles in einer Personengesellschaft – die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Haftung. In der Rechtsprechung ist die neue Rechtsform-Alternative bislang kaum angekommen, einige obergerichtliche Entscheidungen klären Details, die eigentlich virulente Frage der Binnenhaftung ist an der Praxis bislang spurlos vorbeigegangen. Weder gäbe es gerichtliche Entscheidungen zu diesem rechtlichen Minenfeld, auf dem jede PartG mbB tagtäglich manövriert, noch ist bei der Masse der Gesellschaften und ihrer Partner auch nur im Ansatz ein Problembewusstsein erkennbar – und das, obwohl (oder vermutlich: gerade weil) es sich oftmals um gestandene Rechtsanwälte handelt (deren Kompetenzen in eigener Sache regelmäßig dem Vergleich mit des Schusters Schuhen nicht standhalten könnten).

I. Entscheidungen von Oberlandesgerichten

Was wurde bislang entschieden? Das OLG Nürnberg stellt in einer registerrechtlichen Sentenz klar, dass die Rechtsform immer die „Partnerschaft” ist, auch wenn sie im konkreten Einzelfall nicht in der „klassischen”, sondern in der weiteren Ausprägung der „mbB” auftritt (OLG Nürnberg vom 5.2.2014 – 12 W 351/14, GmbHR 2014, 429 = BB 2014, 534 m. Anm. Römermann). Das OLG München hält bei einem Asset Deal einer Anwalts-GbR mit einer (nahezu) gleichnamigen Anwalts-PartG mbB die Eintragung eines Haftungsausschlusses nach § 25 HGB für zulässig, also die Haftungseinschränkung bei gleicher Firmierung (OLG München vom 8.4.2015 – 31 Wx 120/15, GmbHR 2015, 589 m. Komm. Podewils). Das erscheint auf den ersten Blick einleuchtend („warum auch nicht?”), steht indes in einem Widerspruch zur Norm, die in § 2 Abs. 3 PartGG zwar eine ganze Reihe von Vorschriften aus dem HGB in Bezug nimmt, aber ausgerechnet den § 25 HGB nicht. Das OLG Brandenburg hält kurioserweise den Singular „Rechtsanwalts- und Steuerkanzlei” in der Bezeichnung einer Partnerschaft von Rechtsanwälten für „ersichtlich irreführend” und daher nicht eintragungsfähig, wenn die Partnerschaftsgesellschaft mehrere „Kanzleien” in verschiedenen Städten unterhält (OLG Brandenburg vom 26.2.2016 – 7 W 129/15, GRUR-Prax. 2016, 208 m. Anm. Römermann) – als wenn man nicht eine „Kanzlei” mit mehreren Standort-Büros begründen könnte.

Inhaltlich interessanter wird es bei einer Entscheidung des OLG Hamm über die interprofessionelle Zusammenarbeit in einer Partnerschaft (OLG Hamm vom 30.7.2015 – 27 W 70/15, NZG 2016, 73). Für die Beschränkung der Berufshaftung nach § 8 Abs. 4 PartGG bedarf es nach dessen S. 1 einer „zu diesem Zweck durch Gesetz vorgegebene[n] Berufshaftpflichtversicherung”, d.h. einer Haftpflichtversicherung gerade mit dem Ziel der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen. Das fehlte im konkreten Fall hinsichtlich der Berufsgruppe der – nicht beratenden – Ingenieure. Die Vorschrift des § 8 Abs. 4 PartGG verweist also auf weitere Normen des jeweiligen Berufsrechts, was zu einem sehr heterogenen Bild der Normenlandschaft leitet: Mal gibt es gar keine Vorschriften, mal regelt der Bundes-, ein andermal der Landesgesetzgeber etwas. Zuweilen ist das Recht sogar noch kleinteiliger. Das macht die Rechtsanwendung unübersichtlich und überfordert ersichtlich auch manches Partnerschaftsregistergericht. So wurde in empirischen Studien herausgearbeitet, dass es etwa bei Architekten und Ingenieuren wiederholt zu Eintragungen von Partnerschaften mbB in Ländern gekommen ist, wo die berufsrechtlichen Voraussetzungen gar nicht geschaffen sind (Lieder/Hoffmann, NJW 2015, 897 [900]).

II. Zaudern des Bundesverfassungsgerichts

An der Verwirrung über interprofessionelle Zusammenschlüsse schuld ist vor allem der (jeweilige) Gesetzgeber, der offenbar weder auf Bundes- noch auf Landesebene zu einheitlichen, konsistenten und der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) angemessenen Gestaltungen fähig ist. Hinzu kommt derzeit ein zauderndes BVerfG, dessen Vorgaben die Praxis im Berufsrecht ebenfalls vor mehr Rätsel stellen als Klarheit herbeiführen. Jüngstes Beispiel ist die Entscheidung zur interprofessionellen Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit Angehörigen freier Berufe (BVerfG vom 12.1.2016 – 1 BvL 6/13, NJW 2016, 700 mit Bespr. Römermann, NJW 2016, 682 ff.; Schlussakkord in dem dortigen Verfahren: BGH vom 12.4.2016 – II ZB 7/11, ZIP 2016, 1115). Die Beschränkung sog. sozietätsfähiger Berufe auf einen kleinen Kanon in § 59a BRAO wurde klassisch vor allem mit der Sicherung der anwaltlichen Verschwiegenheit gerechtfertigt. Das war schon immer erkennbar unzureichend, wie jeder, der sehen wollte, an dem Beispiel der Ärzte sehen konnte: Unterliegen sie doch der gleichen Schweigepflicht wie die Anwaltschaft. Es überrascht daher, festzustellen, dass nur verschwindend wenige Stimmen früher für die (verfassungsrechtliche) Zulässigkeit fächerübergreifender Zusammenschlüsse von Anwälten und Ärzten plädierten (so etwa – als absolute Mindermeinung – Michalski/Römermann, NJW 1996, 3233 [3234 ff.]; Römermann, Entwicklungen und Tendenzen bei Anwaltsgesellschaften, 1995, S. 94). Das BVerfG arbeitet drei legitime Zielsetzungen eines Sozietätsverbots heraus: Verschwiegenheit, Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen, Unabhängigkeit. Die Verschwiegenheit ist bei Ärzten gewahrt, die Vertretung widerstreitender Interessen ohne Relevanz. Die Unabhängigkeit schließlich soll schon nach einer früheren Entscheidung des BVerfG vom 14.1.2014 – 1 BvR 2998/11 u. 1 BvR 236/12, GmbHR 2014, 301 m. Bespr. Römermann, NZG 2014, 481 ff. u. GmbHR 2014, R81 f. keine Rolle spielen, wo jedes der betroffenen Berufsrechte sie garantiert – was bei der Mehrzahl der freien Berufe ohne Weiteres der Fall ist. Wenn man die Kriterien des BVerfG auf andere denkbare und sinnvolle Konstellationen überträgt (Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht mit Architekt, Fachanwalt für Medizinrecht mit Arzt, Fachanwalt für Strafrecht mit Psychologen usw.), gibt es schon heute eine unübersehbare Fülle von Zusammenschlussmöglichkeiten. Dennoch hat das BVerfG es nicht unternommen, insoweit eine klare Richtung vorzugeben, sondern sich explizit darauf beschränkt, eine ganz bestimmte Einzelfallkonstellation zu entscheiden. Die Vorlagefrage des BGH, ob denn § 59a BRAO verfassungswidrig sei, hat das BVerfG in diesem Sinne ebenfalls zusammengestutzt. Dennoch bleibt am Schluss die Erkenntnis, dass der numerus clausus des § 59a BRAO der verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhalten konnte und damit – auch wenn das BVerfG es so klar nicht schreiben mochte – der § 59a BRAO verfassungswidrig ist. Das wird nicht ohne Auswirkung auch auf Partnerschaften bleiben, betraf doch schon der Präzedenzfall eine Partnerschaft und war doch die Partnerschaft von Anfang an auf interprofessionelle Konstellationen ausgelegt – auch wenn das PartGG von diesem hehren Ziel am Ende wenig erkennen ließ, als es in Kraft trat (vgl. Römermann in Michalski/Römermann, PartGG, 4. Aufl. 2014, Einf. Rz. 57, 92).

III. Haftungsbegrenzung und Missbrauchsgefahren

Der Hauptgrund für die Wahl der Rechtsform einer PartG mbB liegt in der Haftungsbegrenzung. Gerade zu diesem Thema ist indes Vieles höchst umstritten. Es beginnt mit der Ausgestaltung der Umwandlung von der GbR oder der „klassischen” Partnerschaft in eine PartG mbB (näher Römermann/Jähne, NWB 2013, 3776 ff.): Kann beim Asset Deal die Haftung der neuen Einheit durch Eintragung nach § 25 HGB begrenzt werden (dafür OLG München aaO)? Wie lange haften Gesellschafter nach der Umwandlung in eine PartG mbB noch persönlich (für unbegrenzte Nachhaftung Sommer, NJW 2011, 1551 [1553]; für einen Zeitraum von fünf Jahren ab Eintragung im PartReg, Gesamtanalogie zu § 160 Abs. 1 u. 3 HGB i.V.m. § 224 Abs. 2 UmwG Wollweber, DStR 2014, 1927 [1929])? Müssen alle Mandanten gesondert über die haftungsbegrenzte Rechtsform informiert werden (so etwa Leuering, NZG 2013, 1001 [1005]), eventuell gar explizit einwilligen (so die BRAK in ihrem Merkblatt, abrufbar unter www.brak.de/zur-rechtspolitik/national/berufsrecht/partnerschaftsgesellschaft/merkblatt-partgmbb/#page_body_content_container, zuletzt abgerufen am 1.7.2016) oder reichen korrekte Firmierung und Eintragung im Partnerschaftsregister (so etwa Römermann/Jähne, NWB 2013, 3776 [3779] wegen § 5 Abs. 2 PartGG i.V.m. § 15 HGB)? Fragen, die für die Praxis von überragender Bedeutung sind, so dass Beiträge wie z.B. von Antje Schumacher, GmbHR 2016, 732 ff. – in dieser Ausgabe – nur dringend zur Lektüre empfohlen werden können. Ist das Stadium der PartG mbB „haftungstechnisch” erreicht, dann sind die Probleme indes längst nicht beseitigt. Viel zu wenig Klarheit herrscht insoweit zum Thema „Binnenhaftung”, also zu den Möglichkeiten einer PartG mbB (und ihres Insolvenzverwalters), zum Ausgleich von Verlusten generell (§ 735 BGB i.V.m. § 1 Abs. 4 PartGG) oder zumindest bei Verschulden auf die (oder den verursachenden) Partner zurückzugreifen. Ob und inwieweit das gelingt und welche – eingeschränkten? – Varianten der präventiven Vertragsgestaltung offen stehen, ist ein weiteres Feld schier unerschöpflicher juristischer Phantasien und ohne jede richterliche Klärung (vgl. nur Wertenbruch in Westermann/Wertenbruch, Hdb. PersGes., Stand: 2013, Rz. I 1782a; Wertenbruch, NZG 2013, 1006 [1007]; Schüppen, WPg. 2013, 1193 [1202]). Gelangt der Gedanke des „existenzvernichtenden Eingriffs” auch außerhalb des GmbH-Rechts zur Anwendung, gerade wegen der eingangs beschriebenen hybriden Ausgestaltung einer PartG mbB, welche Entnahmen bis zur Vermögensverschiebung sanktionslos zu gestatten scheint (näher Römermann/Praß, NZG 2012, 601 [604]; Linardatos, VersR 2013, 1488 [1495]; viel zu weitgehend Tröger/Pfaffinger, JZ 2013, 812 ff.)? Wird die „materielle Unterkapitalisierung” reanimiert (dafür Gladys, DStR 2013, 2416 [2420])? Irgendetwas wird sich die Rechtsprechung schon einfallen lassen (müssen), um das Missbrauchspotenzial der neuen Rechtsformvariante, das bei näherem Hinsehen durchaus vorhanden ist, einzudämmen – hoffentlich, ohne dass dabei die sinnvolle Idee der Haftungsbegrenzung gleich mit über Bord geworfen wird.

IV. Fazit

Das Zwischenrésumé zu drei Jahren PartG mbB fällt daher verhalten aus: Wer keine PartG mbB, sondern noch die BGB-Gesellschaft hat, haftet unbegrenzt. Wer sich zum Wechsel in die PartG mbB entschlossen hat, haftet „irgendwie”: im besten Fall nicht persönlich oder jedenfalls nur manchmal. Um es mit der bei Mandanten nicht immer beliebtesten Anwaltsantwort zu halten: „Es kommt darauf an ...”

 

Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 20.09.2016 14:32