18 / 2016

Prof. Dr. Martin Kaschny, Koblenz / Matthias Nolden, Jüchen

Erfolgskontrolle für innovative Unternehmen: Innovationsaudit

I. Was ist ein Innovationsaudit?

Ein Innovationsaudit ist für Unternehmen, unabhängig von deren Größe, eine Möglichkeit, die eigene Innovationsfähigkeit zu analysieren bzw. zu bewerten. Darauf aufbauend lassen sich geeignete Maßnahmen ableiten, um so die Innovationsfähigkeit zu verbessern.

Unter einem Audit wird ein Untersuchungsverfahren verstanden, „in dem Prozesse bezüglich ihrer Anforderungserfüllung beurteilt werden” (Kaschny/Hürth, Innovationsaudit: Chancen erkennen – Wettbewerbsvorteile sichern, 2010, S. 22). Ein Audit ist somit eine Ist-Analyse, die hilft Probleme zu erkennen, Verbesserungspotenziale aufzudecken und schließlich Handlungsempfehlungen zu formulieren.

Warum und wofür wird ein solches Innovationsaudit benötigt? Ein Grund liegt nahe und ist recht einfach: Praktisch jedes Unternehmen verfügt über eine Buchhaltung, eine Kostenrechnung, eine GuV und erstellt eine Bilanz. Diese liefern jeweils wichtige Informationen für die Geschäftsentwicklung. Bei der Beurteilung der Innovationsfähigkeit eines Unternehmens kann jedoch i.d.R. nicht auf ein entsprechend umfangreiches Zahlenwerk zurückgegriffen werden, um die eigene Innovationsfähigkeit zielgerichtet weiterzuentwickeln.

II. Einsatzmöglichkeiten für Innovationsaudits

Prinzipiell existieren viele mögliche Einsatzszenarien für ein Innovationsaudit. Die naheliegenden drei Möglichkeiten sollen hier kurz skizziert werden:

  • Erste Zwischenbilanz nach einer Unternehmensgründung: Es wurde ein Unternehmen gegründet und sich die ersten Jahre darauf fokussiert, die Unternehmensidee umzusetzen. Diese ist im Markt erfolgreich eingeführt und das Unternehmen wächst. Jetzt ist es Zeit, eine erste Bestandsaufnahme zu machen.

  • Generierung von mehr Wachstum: Das Unternehmen ist bereits länger im Markt erfolgreich tätig, aber es soll weiterentwickelt werden, systematisch mehr Innovationen hervorbringen und damit das Wachstum erhöhen.

  • Neuausrichtung nach Führungswechsel oder Unternehmensnachfolge: Es gab einen Wechsel in der Geschäftsleitung des Unternehmens. Der neue Geschäftsführer hat sich schnell einen Überblick über die finanzielle Situation des Unternehmens verschafft. Aber wie steht es um die Zukunftsfähigkeit? Hierzu geben BWA und Kostenstellenrechnung wenig Auskunft.

III. Anforderungen an Innovationsaudits

Innovationsaudits haben konkrete Anforderungen zu erfüllen. Da sowohl die finanziellen als auch die personellen, räumlichen und zeitlichen Ressourcen begrenzt sind, ist auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu achten. Die Durchführung ist dann sinnvoll, wenn allen Beteiligten bewusst ist, dass genügend personelle Ressourcen für die Befragung, Durchführung sowie Analyse zur Verfügung gestellt werden müssen. Ohne ausreichenden Ressourceneinsatz ist ein solches Audit nur eine „Alibi-Veranstaltung”, die zu keinen konkret umsetzbaren Maßnahmen führt.

Wichtig ist die Verfügbarkeit der benötigten Informationen für den Auditor. Dies beinhaltet zum einen die Offenlegung relevanter Daten und zum anderen die Sensibilisierung der Mitarbeiter. Auch die Akzeptanz durch die Mitarbeiter und Unterstützung des Audits durch die Unternehmensleitung sind wichtig, da sonst alle Innovationsbemühungen der Organisation nahezu wertlos sind.

Unvermeidbar ist aber auch die lückenlose Dokumentation des gesamten Audits, damit keine Informationen verloren gehen oder unbeachtet bleiben (vgl. Löbel/Schröger/Closhen, Nachhaltige Managementsysteme, 2005, S. 67).

IV. Formen und Ablauf von Innovationsaudits

Ein Innovationsaudit kann sowohl als Selbstaudit als auch als externes geführtes Audit durchgeführt werden. Beide Varianten haben für Unternehmen Vor- und Nachteile. So bietet das Selbstaudit durch standardisierte Fragebögen eine hohe Vergleichbarkeit bei einem verhältnismäßig geringen Kosten- und Zeitaufwand. Aufgrund der standardisierten Fragen wird dies erkauft durch eine eingeschränkte Berücksichtigung der spezifischen Unternehmenssituation. Ein Selbstaudit birgt des Weiteren die Gefahr, dass die notwendige Selbsteinschätzung durch eine Art Betriebsblindheit und fehlendes Expertenwissen verfälscht wird.

Demgegenüber steht das extern geführte Audit. Durch eine neutrale Betrachtung aus verschiedenen Perspektiven sowie die individuelle Anpassungsmöglichkeit an das jeweilige Unternehmen besitzt ein solches zumeist einen höheren Aussagewert.

V. Inhalte von Innovationsaudits

Im Wesentlichen sind in einem Innovationsaudit vier Themenschwerpunkte abzudecken: die Strategie, die Portfolioentwicklung, das Budget für Innovationen und als wichtigsten Aspekt die Mitarbeiter (vgl. Nolden, Unternehmerisches Wachstum – Aber wie?, 2011).

Im Bereich der Strategie sollten u.a. Fragestellungen untersucht werden, wie z.B.:

  • Wie sieht der relevante Markt aus und wer sind die Kunden?

  • Welche Innovationsstrategie wird verfolgt und welche Ziele werden daraus abgeleitet?

In Bezug auf die Portfolioentwicklung sind u.a. folgende Aspekte zu betrachten:

  • Wie werden Ideen generiert und wie werden diese bewertet?

  • Wie sieht die Produktplanung im Detail aus und werden Produktanforderungen aktiv gemanagt?

Bei der Entscheidung über das Budget für Innovationen stellen sich u.a. folgende Fragen:

  • Gibt es ein dediziertes Budget für Innovationen?

  • Wird die Wirksamkeit des Budgets kontrolliert?

Im Bereich der Mitarbeiter sollten u.a. folgende Schwerpunkte untersucht werden:

  • Wie sieht es mit der betrieblichen Innovationskultur aus – ist diese definiert und kommuniziert, werden Veränderungen aktiv vorangetrieben?

  • Wird aktiv internes und externes Wissen gesammelt und genutzt?

Um einen ganzheitlichen Überblick über die Innovationsfähigkeit des Unternehmens zu erhalten, sollten alle diese Fragestellungen im Detail untersucht werden. Nur dann lässt sich eine fundierte Standortbestimmung gewährleisten, auf deren Basis entsprechende zukunftsorientierte Zieldefinitionen und geeignete Maßnahmen abgeleitet werden (vgl. Nolden, Unternehmerisches Wachstum – Aber wie?, 2011, S. 33).

VI. Umsetzung der Ergebnisse des Innovationsaudits

Unabhängig von der gewählten Form des Innovationsaudits sollten anhand der jeweiligen Erkenntnisse Handlungsempfehlungen abgeleitet und entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden, um die spezifische Innovationsfähigkeit zu verbessern. Diese Maßnahmen müssen auf die spezifische Situation des Unternehmens angepasst sein und sollten schriftlich fixiert werden, um die Umsetzung der Maßnahmen auch kontrollieren zu können.

Einige Innovationsaudits liefern aufgrund ihrer Methodik direkt Vorschläge für Maßnahmen, bei anderen Audits müssen diese erst in Form eines Maßnahmenplans erarbeitet werden.

Bei der Priorisierung bietet es sich an, alle Maßnahmen in eine Matrix einzuordnen. Auf der einen Achse wird bewertet, wie hoch die vermutete Auswirkung der Maßnahme auf die Innovationsfähigkeit des Unternehmens ist, auf der anderen Achse, wie hoch die geschätzten Aufwände für die Implementierung der Maßnahmen sind. Danach lassen sich dann diejenigen Maßnahmen priorisieren, die bei vergleichsweise geringem Aufwand hohe Auswirkungen nach sich ziehen, sofern solche Maßnahmen vorhanden sind.

VII. Fazit

Sich mit der Innovationsfähigkeit des Unternehmens zu beschäftigen ist mindestens so wichtig wie alle Kosten ständig auf den Prüfstand zu stellen. Dies bedeutet zwar, Aufwand in Form von Zeit und Geld zu investieren. Aber ein Innovationsaudit ist die beste Methode, um systematisch die Innovationsfähigkeit zu steigern.

Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 20.09.2016 15:10