10 / 2017

Matthias Nolden, Jüchen

Personalstrategien für innovative Unternehmen

I. Einführung

Innovative Unternehmen benötigen innovative Strategien. Grundvoraussetzung ist, dass die Unternehmensstrategie innovationsorientiert aufgesetzt wird. Dies muss sich auch in der Personalstrategie fortsetzen, indem diese einen starken Innovationsbezug aufweist. Große Unternehmen beschäftigen sich ausgiebig mit der Erstellung einer geeigneten Personalstrategie, KMU hingegen verwenden bisher in der Regel nicht allzu viel Zeit darauf.

Innovationen haben für eine Volkswirtschaft vielfältige und weitreichende Bedeutung. So ist mit der besseren Wettbewerbsfähigkeit eines konkreten Unternehmens oft auch die Wettbewerbsfähigkeit des entsprechenden Landes eng verbunden. Ein wichtiger Grund für die hohe volkswirtschaftliche Bedeutung von Innovationen ist die damit zusammenhängende Schaffung und Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Deutschland, Österreich und die Schweiz, die allesamt als vergleichsweise innovationsstarke Staaten gelten, besitzen zurzeit eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten in Westeuropa; dies dürfte u.a. ein plausibles Indiz für diese These sein.

Die Folgerung, dass Innovationen die Beschäftigung fördern, ist aber keine Einbahnstraße. Innovationen entstehen durch Mitarbeiter. Ohne gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter in ausreichender Anzahl entstehen auch keine Innovationen im Unternehmen. Demzufolge besteht eine klare Wechselwirkung zwischen der Fähigkeit, Innovationen hervorzubringen und der Notwendigkeit, mittels einer entsprechenden Personalstrategie dafür zu sorgen, dass die „richtigen” Mitarbeiter im Unternehmen tätig sind.


II. Rahmenbedingungen für Innovationen

Für die Innovationsfähigkeit der Mitarbeiter ist wichtig, dass sie sich nicht nur mit ihrem Fachgebiet auseinandersetzen, sondern ebenso mit betrieblichen und marktbezogenen Inhalten, die für das Unternehmen relevant sind. Kennen sich die Mitarbeiter nicht mit der unternehmensspezifischen Situation aus, können sie zwar innovative Ideen entwickeln, diese passen dann aber u.U. nicht zu der Unternehmensstrategie oder den Marktanforderungen und können somit nicht ökonomisch verwertet werden.

Ein weiterer Aspekt ist das Vertrauen und die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern. 56 % der Mitarbeiter im mittleren Management gaben bei einer Befragung der Beratungsgesellschaft Accenture an, keine Wertschätzung ihrer beruflichen Leistung zu erfahren. Jedoch sind Unternehmen, deren Mitarbeiter sich mit den Unternehmenszielen identifizieren, nachweislich erfolgreicher. Mangelnde Wertschätzung hat somit einen direkten Einfluss auf die Wertschöpfung und auch auf die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens.

Innovationsfähigkeit setzt zudem eine Unternehmenskultur voraus, in der die Mitarbeiter Vertrauen erfahren und in der ihnen zum einen Freiräume sowie Autonomie zugestanden werden und zum anderen Lernprozesse und eine offene Kommunikation unterstützt werden.


III. Herausforderungen in Bezug auf eine innovationsfördernde Personalstrategie

Mithilfe der o.g. Rahmenbedingungen lassen sich u.a. die folgenden Handlungsfelder ableiten:

  • Systematische Ermittlung der Kompetenz-Bedarfe im Unternehmen: Das vorhandene Wissen der Mitarbeiter ist in Hinblick auf Innovationen der entscheidende Wettbewerbsvorteil. Wenn es darum geht, Innovationen hervorzubringen, werden somit nicht alleine Mitarbeiter gesucht, sondern Mitarbeiter mit den richtigen Kompetenzen (sowohl Fach- wie auch betriebswirtschaftliche und sog. Softskills). Die Bedarfe, gerade für die nahe und mittelfristige Zukunft, müssen methodisch ermittelt und regelmäßig aktualisiert werden, um frühzeitig zu erkennen, wo Kompetenzlücken entstehen. Diese können dann mittels Weiterbildung und/oder Recruiting geschlossen werden. Bei der Ermittlung der Kompetenz-Bedarfe kann ein sog. Kompetenzplanprozess helfen, der einerseits jährlich die benötigten Kompetenzen definiert und anderseits mithilfe eines Soll-/Ist-Abgleichs die Lücken in der vorhandenen Belegschaft aufzeigt.

  • Überzeugende Aussagen zur Unternehmenskultur, zu den Unternehmenswerten und zur Unternehmensentwicklung, aber auch zu möglichen Mitarbeiterperspektiven: Dass ein Mitarbeiter heute von der Lehre bis zur Rente in einem Unternehmen bleibt, ist eher die Ausnahme. Mitarbeiter wollen sich zunehmend weiterentwickeln und orientieren sich am Markt. Wenn Sie dort von anderen Unternehmen mehr und ansprechendere Informationen finden als vom eigenen Unternehmen, ist der weitere Weg dieses Mitarbeiters vorgezeichnet. Mitarbeiter wollen wissen, wie sich das eigene Unternehmen weiterentwickelt und welche Perspektiven sich daraus für die eigene Person ergeben. Und dies dürfen nicht nur Absichtserklärungen sein.

  • Neben der Unternehmensstrategie muss auch die Innovationsstrategie klar formuliert und kommuniziert werden: Nur wenn eine Innovationsstrategie vorhanden ist und diese verständlich kommuniziert wird, nehmen die Mitarbeiter ihr Unternehmen als innovativ war. Hiervon hängt u.a. ab, ob sich die Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen identifizieren und sich mit eigenen, zur Innovationsstrategie passenden Ideen einbringen und somit neue Innovationen entstehen können.

Darüber hinaus ist ein kreatives Personalmanagement wichtig, um gute Mitarbeiter zu gewinnen und an das Unternehmen zu binden. Gerade mittelständische Unternehmen, die keinen „bekannten” Namen haben, müssen hier vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und des zunehmenden Fachkräftemangels aktiv werden. Dies ist umso mehr eine Herausforderung, da im Bereich der Personalvergütung KMU aus Arbeitnehmersicht tendenziell schlechter abschneiden als Großunternehmen.


IV. Beispiel für eine gelungene Personalstrategie

Die AS Tech Industrie- und Spannhydraulik GmbH wurde 1997 in Geilenkirchen, im westlichen Nordrhein-Westfalen, gegründet und beschäftigt ca. 50 Mitarbeiter. Zwei Mitarbeiter werden in einer im Jahre 2009 gegründeten US-Tochter in Lake Zurich beschäftigt.

Das inhabergeführte Unternehmen entwickelt, projektiert und fertigt hydraulische Einrichtungen und Systeme zum Bewegen und Befestigen im Schwermaschinenbau. Außerdem ist AS Tech Spezialist im Bereich Hochdruckhydraulik, ein Nischensegment, in dem mit Drücken bis 4.000 bar gearbeitet wird.

Im Jahre 2012 entwickelte AS Tech für ihr Unternehmen die Vision 2020 mit dem Namen „Lust auf eine spannende Zukunft”. Dabei hat der Ausdruck „spannende Zukunft” bewusst eine doppelte Bedeutung, da sich das Unternehmen u.a. auch mit Spannvorrichtungen beschäftigt.

In dieser Vision 2020 werden inhaltliche Themen beschrieben, wie z.B. die technische und kommerzielle Aufstellung und Unternehmensentwicklung in den nächsten Jahren. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und des zunehmenden Fachkräftemangels wurde aber auch das Ziel formuliert, Top-Arbeitgeber in der Region zu werden. Bedingt durch die Nähe zu Aachen, einem Standort, der für viele potenzielle Mitarbeiter durchaus attraktiver erscheint als die ländliche Gegend rund um Geilenkirchen und den eigenen eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten durchaus eine Herausforderung. In diesem Zusammenhang wurden bei AS Tech zwei Handlungsschwerpunkte im Rahmen der Vision 2020 gelegt: Gute Mitarbeiter für das Unternehmen werben und Mitarbeiter im Unternehmen halten.

Somit wurden zwei der o.g. Aspekte bereits berücksichtigt, nämlich die Aussagen rund um die Unternehmensentwicklung und darin beinhaltet auch die Innovationsstrategie des Unternehmens.

In Bezug auf das Anwerben neuer Mitarbeitern wurde ein enger Kontakt zur Hochschule Aachen aufgebaut. Hier wird mit Professoren und Dozenten zusammengearbeitet, die Erforschung relevanter Themen unterstützt sowie Bachelor- und Masterarbeiten betreut. Dadurch entsteht ein enger Kontakt zu Studenten und somit auch zu potenziellen Kandidaten für neu zu besetzende Stellen. Dies ist umso wichtiger, da AS Tech als relativ kleines und unbekanntes Unternehmen bei der Gewinnung von Mitarbeitern in starker Konkurrenz zu namhaften Maschinenbauern steht. So kann AS Tech frühzeitig gute Absolventen auf sich aufmerksam machen und sich somit auch in Bereich zukunftsträchtiger Kompetenzen direkt „richtig” aufstellen.

Neben dem Recruiting legt das Unternehmen großen Wert auf die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen. Hier kommen z.T. „selbstverständliche” Maßnahmen zum Tragen, wie Bereitstellung von Kaffee, Wasser und Obst zur freien Verfügung und regelmäßige, gemeinsame Freizeitveranstaltungen, an denen selbstverständlich auch die Geschäftsleitung teilnimmt, und somit die innerbetriebliche Kommunikation gefördert wird.

Aber auch eher außergewöhnliche Ideen kommen zum Einsatz. So wurde in 2013 ein Oldtimer beschafft, der infolge gemeinsam restauriert wurde. Die Mitarbeiter waren bei der Auswahl eines geeigneten Objektes eingebunden und können jetzt freiwillig nach der Arbeitszeit dieses Gefährt entsprechend ihrer Fertigkeiten und Interessen restaurieren. Wenn der Oldtimer wieder fahrbereit ist, dürfen sich die Mitarbeiter diesen fürs Wochenende zu einer Ausfahrt ausleihen.


V. Fazit

Die Mitarbeiter und deren Fähigkeiten sind ein zentraler Aspekt im Innovationsmanagement. Ideen und deren Umsetzung geschehen nicht durch Maschinen, sondern hängen im Wesentlichen davon ab, ob geeignete Mitarbeiter überhaupt vorhanden sind, Mitarbeiter motiviert und qualifiziert sind sowie diese ausreichend Freiräume besitzen, um sich Neuem zu öffnen.

Die dazugehörige Personalstrategie muss dafür vielfältige Herausforderungen meistern und manchmal auch ungewöhnliche Wege gehen, wie das Beispiel des Oldtimers bei der AS Tech GmbH zeigt.

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Matthias Nolden ist Diplom-Informatiker und Unternehmensberater in Jüchen.

Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 28.08.2017 09:49