FG Baden-Württemberg 18.5.2017, 1 K 3691/15

Gewerbesteuerlicher Verlustabzug bei unterjährigem Gesellschafterwechsel

Bei einem unterjährigen Gesellschafterwechsel ist der Gewerbeertrag einer Mitunternehmerschaft für den gesamten Erhebungszeitraum einheitlich zu ermitteln. Das hat zur Folge, dass nach dem Gesellschafterwechsel entstandene Verluste mit vor dem Gesellschafterwechsel entstandenen Gewinnen zu verrechnen sind.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Die Komplementär-GmbH leistete keine Kapitaleinlage und war am Ergebnis der Klägerin nicht beteiligt. Kommanditisten der Klägerin waren F und M. Wirtschaftsjahr ist das Kalenderjahr. Im Streitjahr 2012 fand ein Gesellschafterwechsel statt. Zum 30.10.2012 veräußerten F und M ihre Kommanditanteile an den Z, der damit seit 1.11.2012 alleiniger Kommanditist der Klägerin ist. Die Gesellschaftsanteile an der Komplementär-GmbH wurden ebenfalls an den Z übertragen.

Auf den Zeitpunkt des Verkaufs wurde ein Zwischenabschluss erstellt. Hieraus ergab sich bis zum Ausscheiden von F und M ein Gewerbeertrag von rd. 75,7 Mio. €. Der nach dem Ausscheiden der Altgesellschafter entstandene Gewerbeverlust betrug rd. 7,8 Mio. €. Unter Berücksichtigung der jährlichen Sondervergütung der Komplementär-GmbH i.H.v. rd. 1.500 € ergab sich so für das Jahr 2012 ein in der Höhe unstreitiger Gewerbeertrag i.H.v. rd. 68 Mio. €. Der für das Vorjahr festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust betrug rd. 50 Mio. €.

Bei der Berechnung der Höhe des Verlustabzugs ging die Klägerin von dem bei den Altgesellschaftern F und M entstandenen Gewerbeertrag von rd. 75,7 Mio. € aus. Dem folgte das Finanzamt nicht. Es berechnete den Verlustabzug ausgehend von einem Gewerbeertrag i.H.v. rd. 68 Mio. €, d.h. dem Wert des Gesamtjahres. Das führte gegenüber der Berechnung der Klägerin zu einem verminderten Verlustabzug und in der Folge zu einem höheren Gewerbesteuermessbetrag.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die beim BFH anhängige Revision der Klägerin wird dort unter dem Az. IV R 8/17 geführt.

Die Gründe:
Das Finanzamt ist im Rahmen der Kürzung des Gewerbeertrags mit Gewerbeverlusten zutreffend von einem maßgebenden Gewerbeertrag i.S.v. § 10a S. 1, 2 und 5 GewStG i.H.v. rd. 68 Mio. € ausgegangen.

Durch den Gesellschafterwechsel ist kein abgekürzter Erhebungszeitraum entstanden, weil durch das Ausscheiden von F und M (partieller Mitunternehmerwechsel) weder die persönliche noch die sachliche Gewerbesteuerpflicht der Klägerin beendet wurde. Ein Übergang eines Gewerbebetriebs im Ganzen liegt bei einer Mitunternehmerschaft nur vor, wenn alle Gesellschafter der das Unternehmen fortführenden Personengesellschaft ausscheiden. Das ist hier wegen der Gesellschafterin gebliebenen Komplementär-GmbH nicht der Fall. Erhebungszeitraum ist daher das (gesamte) Kalenderjahr 2012.

Im Rahmen der Kürzung des Gewerbeertrags mit Gewerbeverlusten ist das Finanzamt zutreffend von einem maßgebenden Gewerbeertrag i.S.v. § 10a GewStG i.H.v. rd. 68 Mio. € ausgegangen. Bei der Anwendung des § 10a GewStG ist der partielle Unternehmerwechsel wie der Wechsel des Alleinunternehmers zu behandeln. Dementsprechend geht beim Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Personengesellschaft der Verlustabzug gem. § 10a GewStG verloren, soweit der Fehlbetrag anteilig auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt. Diese Gleichstellung von partiellem und vollständigem (Mit-)Unternehmerwechsel für Zwecke des Verlustabzugs muss auch insoweit gelten, als der partielle Unternehmerwechsel unterjährig stattfindet.

Da der Gewerbebetrieb bei einem bloßen partiellen (Mit-)Unternehmerwechsel jedoch nicht als eingestellt gilt, sind diese (positiven) Gewerbeerträge zunächst mit etwaigen Verlusten, die noch nach dem Ausscheiden des Mitunternehmers im Erhebungszeitraum entstanden sind, zu verrechnen. Vorliegend betrug der Gewerbeertrag bis zum Ausscheiden von F und M rd. 75,7 Mio. €, von dem der nach dem Ausscheiden der Altgesellschafter entstandene Gewerbeverlust des Streitjahres i.H.v. rds. 7,8 Mio. € abzuziehen war. Unter Berücksichtigung der jährlichen Sondervergütung der Komplementär-GmbH i.H.v. rd. 1.500 € ergab sich so ein maßgebender Gewerbeertrag i.S.v. § 10a GewStG i.H.v. rd. 68 Mio. €.

Vom maßgebenden Gewerbeertrag kann in einem ersten Schritt nach § 10a S. 1 und 5 GewStG nur ein zeitanteiliger Höchstbetrag i.H.v. rd. 830.000 € abgezogen werden (10/12 von 1 Mio. €). In einem zweiten Schritt ist nach § 10a S. 2 und 5 GewStG der maßgebende Gewerbeertrag abzgl. des anteiligen Höchstbetrags bis zu 60 % um bisher nicht berücksichtigte Gewerbeverluste zu kürzen (Gewerbeertrag nach Verlustabzug).

Linkhinweis:


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 03.07.2017 10:26
Quelle: FG Baden-Württemberg NL vom 30.6.2017

zurück zur vorherigen Seite