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Erste Erfahrungen nach der Erbschaftsteuerreform - Ausgewählte Sonderthemen (Roser, Centrale für GmbH - Mitglieder Rundbrief 2017, 6 - Heft 07)

Die Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach den Vorgaben des BVerfG trat größtenteils rückwirkend zum 1.7.2016 in Kraft (vgl. zuletzt Centrale-Rundbrief 11/2016 und 6/2017). Erste Erfahrungen mit den Neuregelungen sind Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen im Schrifttum und Klarstellungsersuchen an die Finanzverwaltung. Leider liegen aktualisierte ErbStR nicht vor – und die Finanzverwaltung lehnt aktuell verbindliche Auskünfte "bis zur Herausgabe abgestimmter Verwaltungsanweisungen" ab.

Im Folgenden sollen zunächst weitere Anwendungsfragen zu den Sonderthemen

  • Großerwerbe ab 26 Mio. Euro (§ 13c ErbStG),
  • Erweiterte Möglichkeiten der Stundung (§§ 28, 28a Abs. 3 ErbStG),
  • Stiftungsgestaltungen,
  • Kapitalisierungsfaktor beim vereinfachten Ertragswertverfahren (§ 203 Abs. 1 BewG)

erörtert werden.

Großerwerbe über 26 Mio. Euro
Die Regelungen zur Besteuerung von Großerwerben sind über Einzelerwerbe oberhalb der 26 Mio. Euro-Grenze auch von allgemeiner Bedeutung. Bei einer möglicherweise erneuten Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des erbschaftsteuerlichen Begünstigungssystems für Betriebsvermögen könnte die Begünstigung von Großerwerben für die Beurteilung des Begünstigungssystems insgesamt von Bedeutung sein.

Das BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BStBl. II 2015, 50, FR 2015, 160 = GmbHR 2015, 88 erachtete die Privilegierung des unentgeltlichen Erwerbs von betrieblichem Vermögen insbesondere insoweit als unvereinbar mit dem Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, „soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen“. Der Gesetzgeber differenzierte daher mit der Erbschaftsteuerreform 2016 folgendermaßen:

Erwerb von begünstigtem Vermögen (§ 13b Abs. 2 ErbStG) im Zehnjahreszeitraum
Grundsätzlich sieht der Gesetzgeber die sog. "Regelverschonung" von 85 % vor (§ 13a Abs. 1 ErbStG), bei Erfüllung der Voraussetzungen kann auf Antrag die sog. "Optionsverschonung" von 100 % zu gewähren sein (§ 13a Abs. 10 ErbStG). Der Abzugsbetrag von bis zu 150.000 Euro hat nur bis zu einem Wert von 26,3 Mio. Euro Bedeutung (§ 13a Abs. 2 ErbStG). Der Antrag auf Optionsverschonung ist nach § 13a Abs. 10 Satz 1 ErbStG unwiderruflich zu stellen und bindet damit den Antragsteller. Nach Auffassung der Finanzverwaltung besteht eine Pflicht, für zusammenhängende Erwerbe den Antrag einheitlich zu stellen (vgl. Geck in Kapp/Ebeling, § 13a ErbStG Rz. 216; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 13a ErbStG Rz. 511).  (...)


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.07.2017 11:09

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