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Treuhandverträge über GmbH-Geschäftsanteile - eine Frage der Form? (Lieder/Villegas, GmbHR 2018, 169)

Treuhänderische Beteiligungen an Gesellschaften kommen in der Unternehmenspraxis häufig vor und werfen noch immer vielfältige Streit- und Grundsatzfragen auf. Im Zentrum dieses Beitrags steht die Formbedürftigkeit von Treuhandabreden, die - je nach Treuhandform - in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt wird. Zum einen werden die verschiedenen Anknüpfungspunkte für eine etwaige Formpflicht systematisch aufgearbeitet, zum anderen die unterschiedlichen Treuhandformen mit den Formzwecken im Einzelnen abgeglichen. Abweichend von der h.M. plädiert der Beitrag für eine ganzheitliche Betrachtung, die weniger an den tatsächlichen Erscheinungsformen der Treuhandabreden ansetzt, als vielmehr ihre materielle Bedeutung für die an der Treuhandabrede Beteiligten in den Mittelpunkt stellt.

  1. Bestandsaufnahme
  2. Treuhandarten im Überblick
  3. Ansatzpunkte für die Formbedürftigkeit und deren Einschränkung
    1. Begründung des Treuhandverhältnisses
    2. Beendigung des Treuhandverhältnisses
    3. Teleologische Reduktion anhand des Formzwecks
      1. Formzweck des § 15 Abs. 4 GmbHG
      2. Teleologische Reduktion
  4. Formbedürftigkeit der einzelnen Treuhandarten
    1. Übertragungstreuhand
      1. Begründung des Treuhandverhältnisses
      2. Beendigung des Treuhandverhältnisses
      3. Zwischenergebnis
    2. Erwerbstreuhand
      1. Begründung des Treuhandverhältnisses
      2. Beendigung des Treuhandverhältnisses
      3. Zwischenergebnis
    3. Vereinbarungstreuhand
  5. Übertragung des Abtretungsanspruchs
    1. Treugeberwechsel
    2. Treuhänderwechsel
  6. Abgrenzungsfragen - der aktuelle Fall des BGH vom 22.9.2016 - III ZR 427/15
  7. Abschließende Stellungnahme

I. Bestandsaufnahme
Über die Formbedürftigkeit von Treuhandverträgen konnte bis heute in Rechtsprechung und Literatur keine Einigkeit erzielt werden.  Der tiefere Grund dafür liegt in einer fehlenden Differenzierung zwischen den potentiell formauslösenden Anknüpfungspunkten einer Treuhandabrede.  Die Problembehandlung durch die h.M. erfolgt entweder zu einseitig orientiert an den einzelnen Treuhandformen,  oder aber den verschiedenen Arten der Treuhand wird überhaupt keine Aufmerksamkeit geschenkt.  Ergebnis ist ein inhomogenes und unübersichtliches Meinungsbild. Das Meinungsspektrum reicht von einer generellen Formbedürftigkeit aller Treuhandarten  über eine differenzierende Betrachtung anhand unterschiedlicher Begründungsansätze  bis hin zu einer vollständigen Formfreiheit von Übertragungs- und Erwerbstreuhand.  Die heute h.M. hält demgegenüber neben der Vereinbarungstreuhand  auch die Übertragungstreuhand  für formbedürftig. Die Vereinbarung der Erwerbstreuhand wurde früher verbreitet als formfrei angesehen; in letzter Zeit ist eine gegenläufige Tendenz zu beobachten.

Vor diesem Hintergrund unternimmt es der Beitrag, die formbegründenden Anknüpfungspunkte von Treuhandabreden im Einzelnen systematisch aufzubereiten (dazu unten III.), bevor die Formbedürftigkeit der Treuhandarten einer eingehenden Würdigung unterzogen wird (dazu unten IV.). Im Anschluss wird die Abtretung des Übertragungsanspruchs als weitere praktisch bedeutsame Sonderkonstellationen behandelt (dazu unten V.). Die entwickelten Grundsätze werden abschließend anhand der aktuellen Entscheidung des III. Zivilsenats des BGH vom 22.9.2016 auf den Prüfstand gestellt (dazu unten VI.). Zuvor sind aber zunächst die einzelnen Formen der Treuhand im Überblick darzustellen (dazu unten II.).

II. Treuhandarten im Überblick
Die Treuhandformen können nach unterschiedlichen Kriterien kategorisiert werden.  Zur Beurteilung der Formbedürftigkeit von Treuhandverträgen in Gestalt der fiduziarischen Vollrechtstreuhand erscheint es sinnvoll, nach Art der Erlangung der Treuhänderstellung in Übertragungs-, Erwerbs- und Vereinbarungstreuhand zu unterscheiden. Bei der Übertragungstreuhand erlangt der Treuhänder den Geschäftsanteil vom Gesellschafter unter der Prämisse, diesen treuhänderisch für Rechnung des Gesellschafters zu halten. Die Erwerbstreuhand ist dadurch gekennzeichnet, dass der zukünftige Treuhänder selbst unmittelbar einen Geschäftsanteil für den Treugeber erwirbt und ihn anschließend ...


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 13.02.2018 15:02
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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