14 / 2018

Prof. Dr. Ulrich Seibert und Bernadette Kell

Zwischen Rundungsdetail und sachenrechtlichem Bestimmtheitsgrundsatz: Die neue Gesellschafterlistenverordnung

Am 8.6.2018 hat der Bundesrat der „Verordnung über die Ausgestaltung der Gesellschafterliste“ (kurz: „Gesellschafterlistenverordnung“ oder „GesLV“) zugestimmt. Die Bundesjustizministerin hat die Bütte gezeichnet, die Verordnung wurde am 28.6.2018 verkündet (BGBl. I 2018, 870 f.) und ist damit seit dem 1.7.2018 in Kraft.


I. Rechtspolitischer Hintergrund

Der Auslöser für die Verordnung war nicht das Gesellschaftsrecht, sondern die – bereits wieder in Überarbeitung befindliche – Vierte Geldwäscherichtlinie der EU (Richtlinie [EU] 2015/849, ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 73 ff.). Im Umsetzungsgesetz zu dieser Richtlinie (BGBl. I 2017, 1822 ff.) musste ein uns bislang unbekanntes und, angesichts des funktionierenden deutschen Registersystems, auch weitgehend überflüssiges neues Register, das sog. Transparenzregister (§ 18 ff. GwG n.F.) geschaffen werden. Streng genommen hätten nun die deutschen Gesellschaften – insbesondere ca. 1,2 Mio. GmbHs und UGs (haftungsbeschränkt) – laufend ihre maßgeblichen Gesellschafter an dieses Register melden müssen. Es darf als ungewöhnlich bezeichnet werden, dass diese „Chance für neue Bürokratie und Belastung der mittelständischen Unternehmen“ nicht genutzt wurde! Das BMJV hat das verhindert: mit der Meldefiktion in § 20 Abs. 2 GwG wurde die Möglichkeit geschaffen, durch Nutzung bereits anderweitig registrierter Daten Doppelmeldungen zum Transparenzregister weitestgehend zu vermeiden.

Das Transparenzregister gibt u.a. Überblick über die wirtschaftlich Berechtigten von GmbHs (§ 20 Abs. 1 S. 1 GwG), zu denen insbesondere die Inhaber von mehr als 25 % der Kapitalanteile zählen (§ 3 Abs. 1 u. Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GwG). Diese wirtschaftlich Berechtigten konnte man aber im Regelfall bereits bisher der Gesellschafterliste nach § 40 Abs. 1 GmbHG a.F. entnehmen. Gleichwohl wäre gerade bei komplexen Beteiligungsstrukturen der wirtschaftlich Berechtigte nicht ohne einigen Rechenaufwand erkennbar gewesen. Um die Gesellschafterliste transparenter, leichter lesbar und somit „fit für das Transparenzregister“ zu machen, wurde im Rahmen des Umsetzungsgesetzes § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG geändert (Art. 14 der BT-Drucks. 18/11555, S. 72, 172). Anzugeben ist nun u.a. die „durch den jeweiligen Nennbetrag eines Geschäftsanteils vermittelte jeweilige prozentuale Beteiligung am Stammkapital“, sowie ggf. gesondert die prozentuale Angabe des Gesamtumfangs der Beteiligung. Ferner wurden in § 40 Abs. 4 u. 5 GmbHG Verordnungsermächtigungen eingeführt: Abs. 4 gibt die Möglichkeit, auf technische Detail-Aspekte einzugehen, die sich durch die Neufassung des § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG ergeben, verbunden mit der Gelegenheit zur Klarstellung kontroverser Fragen zur Darstellung der Gesellschafterliste. Abs. 5 bereitet den Weg für die wünschenswerte Überführung der derzeit als Scan elektronisch zum Registerordner übermittelten Gesellschafterlistendaten in das maschinenlesbare XML-Format. Ziel sollte insbesondere eine Querverlinkung dergestalt sein, dass ein bloßer Klick auf eine juristische Person als Gesellschafter in der Gesellschafterliste wiederum zu deren Gesellschafterliste führt. Der Anwender könnte sich auf diese Weise bei einer Kaskade von Gesellschaftern leicht zu dem wirtschaftlich Berechtigten am Ende der Kette „durchklicken“.


II. Inlandsbezogene Fragestellungen

Mit Inkrafttreten des neuen § 40 Abs. 1 GmbHG entstand zu technischen Details wie der richtigen Darstellung, zu Rundungen und der Verwendung von Nachkommastellen eine gewisse Aufregung in der Registerpraxis, die auch die Literatur und die Judikatur beschäftigte (OLG München v. 12.10.2017 – 31 Wx 299/17, GmbHR 2018, 35; OLG Nürnberg v. 23.11.2017 – 12 W 1866/17, GmbHR 2018, 86 m. Komm. Bochmann/Cziupka; OLG Nürnberg v. 28.12.2017 – 12 W 2005/17, GmbHR 2018, 256; eine Übersicht über ausgewählte Problemstellungen findet sich zudem bei Wachter, GmbHR 2017, 1177 [1189 ff.]). Entscheidungen wie die des OLG Nürnberg v. 23.11.2017 – 12 W 1866/17, GmbHR 2018, 86 (87) m. Komm. Bochmann/Cziupka, die ausdrücklich auf die Rechtslage vor Geltung der GesLV abhob („jedenfalls derzeit“), unterstrichen das Bedürfnis der Praxis nach baldiger Klärung durch den Verordnungsgeber. Idealiter wäre im Zuge dieses Tätigwerdens nicht nur die Verordnungsermächtigung des § 40 Abs. 4 GmbHG, sondern auch des § 40 Abs. 5 GmbHG aufgegriffen worden, da eine maschinenlesbare strukturierte Überführung der Daten der Gesellschafterliste zum Handelsregister, gerade auch mit Blick auf die in Europa anvisierten Digitalisierungsbestrebungen des Gesellschaftsrechts, die unter den schlagwortartigen Bezeichnungen „Single Digital Gateway“ (KOM[2017] 256 final) und „Company Law Package“ (KOM[2018] 239 final) kursieren, viel bessere technische Verarbeitungsmöglichkeiten eröffnet. Dies hätte jedoch erhebliche Änderungen an den Registersystemen der Länder mit dem damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwand ausgelöst. Es wurde daher eine getrennte Umsetzung der Ermächtigungen vorgezogen.

Auch zu diesem rein technischen Verordnungsvorhaben ergab die Beteiligung der Ressorts, Länder und interessierten Verbände eine geradezu erstaunliche Resonanz und Vielfalt an teilweise sehr ins Klein-Klein gehenden Vorschlägen, weshalb die Fertigstellung der Verordnung sich etwas hingezogen hat. Selbst nach der Zuleitung an den Bundesrat beschäftigten Details der Verordnung weiterhin die Gemüter, wie eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion zu einer Vielzahl von Teilaspekten des Regelungsvorhabens zeigt (BT-Drucks. 19/02617).


III. Ausgewählte Regelungspunkte


1. Verordnungsziel

Die Verordnung geht einen Mittelweg zwischen der Vollharmonisierung als dem einen Extrem und dem gänzlichen Unterlassen des Verordnungserlasses als dem anderen. Sie zielt auf eine sanfte Klarstellung der aufgeworfenen Streitfragen sowie eine behutsame Standardisierung der Gesellschafterlisten (BR-Drucks. 105/18, S. 1 f.: „Die Verordnungsermächtigung verfolgt das Ziel, die GmbH-Gesellschafterlisten in inhaltlicher und struktureller Hinsicht zu vereinheitlichen. Dabei sollen jedoch ausreichende listengestalterische Flexibilität gewährt und unnötiger bürokratischer Aufwand vermieden werden. [...] Die Verordnung soll behutsam auf eine Harmonisierung der Listen hinwirken, strebt aber nicht in allen Fällen zwingende Einheitlichkeit an [...]. Es erscheint wünschenswert, [...] auf eine gewisse Vereinheitlichung der Praxis hinzuwirken, ohne sie jedoch in allen Fällen zu erzwingen.“).


2. Stärkung der sachenrechtlichen Bestimmtheit durch Nummerierung

Der materielle Kern der Verordnung betrifft die Stärkung des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes. Geschäftsanteilsabtretungen, die den Abtretungsgegenstand nicht hinreichend bestimmt erkennen lassen, sind nichtig (Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 15 Rz. 4; Seibt in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 15 Rz. 89; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 15 Rz. 22; BGH v. 19.4.2010 – II ZR 150/09, GmbHR 2010, 918). Da vor dem Erlass der GesLV keine regulatorischen Handreichungen zur Nummerierung bestanden (Seibt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2014, § 40 Rz. 20; Heidinger in Münch.Komm.GmbHG, 2. Aufl. 2016, § 40 Rz. 33; Wicke, MittBayNot 2010, 283 ff.), ist es ein naheliegendes Szenario, dass sich eine solche Unbestimmtheit aus einer irreführenden (Um-)Nummerierung von Altlisten ergeben könnte. In dieses Vakuum gab zunächst der BGH eine Richtung vor, indem er die Neunummerierung zumindest, wenn sie nicht zu einer Mehrfachverwendung von Nummern führt und die eindeutige Identifikation der Geschäftsanteile weiter möglich ist, für zulässig erachtete (BGH v. 1.3.2011 – II ZB 6/10, GmbHR 2011, 474 [475] m. Komm. Heidinger; Seibt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2014, § 40 Rz. 20; Heidinger in Münch.Komm.GmbHG, 2. Aufl. 2016, § 40 Rz. 36).

Nunmehr trifft die Verordnung in § 1 GesLV Regelungen zur Nummerierung. Sie sind von dem Bestreben gekennzeichnet, bewährte bisherige Gestaltungsvarianten wie z.B. die Zusammenfassung der Liste nach Gesellschaftern (§ 1 Abs. 1 S. 2 u. 3 GesLV) zu erhalten und nur dort, wo der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz es erfordert, strengere Vorgaben zu machen. So untersagt § 1 Abs. 2 S. 1 GesLV ausdrücklich die Mehrfachverwendung von einmal verwendeten Nummern, da dies die zur Identifikation erforderliche eindeutige Zuordnung von Geschäftsanteil und laufender Nummer aufheben könnte. Dieser Grundsatz wird durch die Bereinigungsliste (§ 1 Abs. 4 GesLV), die eine Umnummerierung bei an- oder bestehender Unübersichtlichkeit der Nummerierung erlaubt, durchbrochen. Dies könnte die Bestrebungen zur eindeutigen Identifikation eines Geschäftsanteils konterkarieren, wenn nicht § 2 Abs. 2 GesLV diesbezüglich mit der Veränderungsspalte Vorsorge getroffen hätte: Eine Neunummerierung nach § 1 Abs. 4 GesLV muss zwingend unter Angabe der bisherigen Nummern in der Veränderungsspalte nach § 2 Abs. 1 GesLV aufgeführt werden um die Zuordnung zwischen laufender Nummer und Geschäftsanteil auch in diesem Fall unter Rückgriff auf die Historie zweifelsfrei zu ermöglichen.

Die Zuständigkeit für die Neunummerierung bedurfte hingegen keiner Regelung: Über die Befugnis zur Einreichung einer neuen Gesellschafterliste trifft bereits § 40 Abs. 1 u. 2 GmbHG als höherrangiges Recht eine Aussage, indem sie in den dort geregelten Fällen entweder den Geschäftsführern oder den Notaren zusteht.


3. Einführung der Veränderungsspalte

Mit der Einführung der Veränderungsspalte gibt § 2 GesLV einer schon länger in der Literatur diskutierten Ergänzung der Gesellschafterliste eine Grundlage (s. hierzu z.B. Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 40 Rz. 20; Seibt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2014, § 40 Rz. 25; Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 40 Rz. 13a; Terlau in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 40 Rz. 11). Nach § 2 Abs. 1 GesLV „werden [Veränderungen nach § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG] (...) nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 in eine Veränderungsspalte eingetragen (...)“. Auffällig ist, dass der Wortlaut Formulierungen wie „ist/sind ... einzutragen“ oder „enthält (...) Veränderungsspalte“ vermeidet. Dies verdeutlicht, zusammen mit der ausdrücklichen Bezugnahme auf die Abs. 2 – 4 den überwiegend fakultativen Charakter von Spalteninhalt und Spalte. So formuliert § 2 Abs. 1 GesLV a.E. ausdrücklich, dass die Veränderungsspalte „in diesen Fällen der Gesellschafterliste beigefügt wird“, d.h. in anderen Fällen ihre Beifügung unterbleiben kann. Lediglich die in § 2 Abs. 2 GesLV aufgeführten Veränderungen haben die zwingende Beifügung einer Veränderungsspalte zur Folge, im Übrigen ist die Ausgestaltung in das Ermessen des Listenerstellers gestellt. § 2 Abs. 3 GesLV enthält eine vorsichtige Äußerung des Verordnungsgebers, die mit ihrem abgeschwächten „sollte“ unter der Schwelle des „soll“ angesiedelt ist. Sie enthält mithin keine Vorgabe für die Ermessensausübung im Sinne eines Grundregel-Ausnahme-Verhältnisses (dies wäre der Formulierung „soll“ vorbehalten; die Regelung orientiert sich insoweit am Sprachverständnis des Deutschen Corporate Governance Kodex; s. hierzu Heldt/Fischer zu Cramburg in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2014, Kommentierung der Empfehlungen des DCGK Rz. 13; Cziupka, GmbHR 2018, R180 [R183]), sondern einen behutsam lenkenden Denkanstoß des Verordnungsgebers, welche fakultativen Inhalte der Veränderungsspalte als sinnvoll erachtet werden. Ziel der Verordnung ist eben nicht eine 100-Prozent-Angleichung aller Gesellschafterlisten. Das hätte erhebliche Reibungsverluste in der Praxis zur Folge gehabt. Ziel ist vielmehr ein schonendes Hinwirken auf einen höheren Grad an Standardisierung der Listen, als wir ihn heute in den Registern vorfinden.


4. „Spalte oder Zeile?“ – und weitere Layoutfragen

Im Einklang mit dem Ziel der sanften Vereinheitlichung unter Meidung bürokratischer Formalismen sieht die Verordnung von der zwingenden Vorgabe des „einen, wahren Layouts“ für die Gesellschafterliste ab.

Die Begründung zu § 1 Abs. 4 GesLV, der nur die Nummerierung betrifft, stellt klar, dass eine Änderungen der gewählten Darstellung in der Gesellschafterliste (z.B. unterschiedliche Spaltenlayouts) grundsätzlich ohne weitere Voraussetzungen möglich ist, soweit ein Anlass zur Einreichung einer neuen Liste vorliegt (BR-Drucks. 105/18, S. 9). Ein Schweigen der Verordnung in Layoutfragen bedeutet somit nicht ein Gestaltungsverbot sondern verweist auf den Grundsatz der listengestalterischen Freiheit.

Wäre eine Layoutvereinheitlichung gewünscht gewesen, hätte die Verordnung eine Mustergesellschafterliste mit einer durch strenge Regulierung des Listeninhalts einheitlichen Struktur vorgeben können. Dies wäre aber der Vielzahl von Gestaltungsbedürfnissen der Praxis nicht gerecht geworden. Stattdessen enthält die Begründung der Verordnung erläuternde Layoutbeispiele ohne diese zwingend vorzugeben.

Gleiches gilt für § 2 GesLV: Die Verordnung verwendet dort lediglich den in Literatur und Rechtsprechung für diese Form der Listengestaltung gewählten „terminus technicus“ (s. nur Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 40 Rz. 20; Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 40 Rz. 13a; Terlau in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 40 Rz. 11; Heilmeier in Ziemons/Jaeger, BeckOK GmbHG, § 40 Rz. 35 ff.) ohne dass nach dem Willen des Verordnungsgebers zur behutsamen Harmonisierung damit eine Regulierung, dass eine Veränderungsspalte nur als Spalte zulässig wäre, verbunden wäre.

Soweit die GesLV punktuell zwingend formulierte Aussagen zur Gestaltung trifft (z.B. in § 4 Abs. 5 GesLV), sind diese natürlich zu beachten, wobei der Schwerpunkt der Aussage eher auf der Darstellung in „ Spalten“ liegen dürfte und auf eine Klarstellung entstandener Diskussionen zurückzuführen ist (OLG München v. 12.10.2017 – 31 Wx 299/17, GmbHR 2018, 35).

[An einer Stelle spricht die Verordnungsbegründung, wo sie die Zusammenfassung der Gesellschafterliste nach Gesellschaftern beschreibt, von „Spalten“ (BR-Drucks. 105/18, S. 7); gemeint ist allerdings die Zusammenfassung in . Das erhellt auch das verwendete Beispiel (BR-Drucks. 105/18, S. 8). Es handelt sich hier um einen offensichtlichen redaktionellen Fehler der Begründung. Vorsorglich hat der Verordnungsgeber diesbezüglich eine kurze Klarstellung im Protokoll des Rechtsausschusses des Bundesrates veranlasst.]


5. Die Angabe der prozentualen Beteiligung am Stammkapital

§ 4 GesLV trifft Detailklarstellungen zur Angabe der prozentualen Beteiligung bzw. Gesamtbeteiligung am Stammkapital nach § 40 Abs. 1 GmbHG n.F., wobei die Vorschrift sich unverkennbar an den Erfordernissen der Listenklarheit und des Transparenzregisters orientiert: § 4 Abs. 1 S. 2 u. 3 Halbs. 2 GesLV untersagen verwirrende Rundungen bzw. Weglassungen wobei die Schwellen von 25,0 % und 50,0 % entsprechend den für den wirtschaftlichen Einfluss bedeutsamen Beteiligungsgrenzen gewählt wurden.

Auf den ersten Blick vermisst werden Regelungen für den Fall, dass die Gesellschaft eigene Anteile hält oder dass eine Einziehung ohne flankierende Kapitalmaßnahme erfolgt. Für beides findet sich die Antwort im Wortlaut des § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG, der von der „durch den jeweiligen Nennbetrag (...) vermittelte[n] jeweilige[n] prozentuale[n] Beteiligung am Stammkapital“ spricht. Es ist somit jeweils das Verhältnis von Nennbetrag zu Stammkapital zu betrachten (ebenso DNotI-Report 2017, 131 [132] zur Frage der eigenen Anteile). Weitere Erwägungen dahingehend, ob die Anteile jenseits der durch Nennbetrag vermittelten Beteiligung am Stammkapital faktisch einen größeren Einfluss gewähren, sind hier nicht vorgesehen. Zuzugeben ist, dass, gerade im Blick auf die Folgefrage, ob in den skizzierten Konstellationen eine Meldung an das Transparenzregister erforderlich ist, eine Regelung wünschenswert gewesen wäre; es ist jedoch zu beachten, dass eine Verordnung sich nicht ohne besondere Ermächtigung über eine auf Gesetzesebene getroffene Grenzziehung hinwegsetzen kann.

Einer solchen Grenzziehung sieht sich jedoch entgegen anderslautender Stimmen (so z.B. Leuering/Rubner, NJW-Spezial 2017, 752) die De-Minimis-Reglung in § 4 Abs. 4 GesLV nicht gegenüber. Auch die Angabe „< 1 Prozent“ (also „kleiner als ein Prozent“) stellt die prozentuale Beteiligung, wenn auch mit einer gewissen, geringfügigen Unschärfe, dar. Wenn keinerlei Unschärfen erlaubt wären, müsste konsequenterweise auch jede Rundung oder das Weglassen von Nachkommastellen unzulässig sein. Die Prozentangaben sind ohne Bedeutung für die rechtliche Gesellschafterstellung und dienen lediglich dem Listenleser dazu, einen raschen Überblick über die Einflussverhältnisse in der Gesellschaft zu gewinnen. Die Regelungen in § 4 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 4 GesLV dienen somit der Begrenzung der in der Gesellschafterliste erlaubten Unschärfen auf ein vertretbares Maß.


IV. Fazit

Die Gesellschafterlistenverordnung hält die gut funktionierende Praxis im Registerwesen durch sanfte Regulierungstechnik von unnötiger Bürokratie frei und setzt gleichzeitig notwendige Klarstellungen um. Aufgrund dieses Regelungsansatzes ist kein großer Umstellungsaufwand bei den betroffenen GmbH-Geschäftsführern und Notaren zu erwarten. Viele wohlbewährte Gestaltungspraktiken werden beibehalten werden können.

Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 10.07.2018 09:35