Aktuell in der GmbHR

Zwischen Rundungsdetail und sachenrechtlichem Bestimmtheitsgrundsatz: Die neue Gesellschafterlistenverordnung (Seibert/Kell, GmbHR 2018, R212)

Am 8.6.2018 hat der Bundesrat der "Verordnung über die Ausgestaltung der Gesellschafterliste" (kurz: "Gesellschafterlistenverordnung" oder "GesLV") zugestimmt. Die Bundesjustizministerin hat die Bütte gezeichnet, die Verordnung wurde am 28.6.2018 verkündet (BGBl. I 2018, 870 f.) und ist damit seit dem 1.7.2018 in Kraft.

I. Rechtspolitischer Hintergrund

II. Inlandsbezogene Fragestellungen

III. Ausgewählte Regelungspunkte

1. Verordnungsziel

2. Stärkung der sachenrechtlichen Bestimmtheit durch Nummerierung

3. Einführung der Veränderungsspalte

4. "Spalte oder Zeile?" – und weitere Layoutfragen

5. Die Angabe der prozentualen Beteiligung am Stammkapital

IV. Fazit

 

I. Rechtspolitischer Hintergrund
Der Auslöser für die Verordnung war nicht das Gesellschaftsrecht, sondern die – bereits wieder in Überarbeitung befindliche – Vierte Geldwäscherichtlinie der EU (Richtlinie [EU] 2015/849, ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 73 ff.). Im Umsetzungsgesetz zu dieser Richtlinie (BGBl. I 2017, 1822 ff.) musste ein uns bislang unbekanntes und, angesichts des funktionierenden deutschen Registersystems, auch weitgehend überflüssiges neues Register, das sog. Transparenzregister (§ 18 ff. GwG n.F.) geschaffen werden. Streng genommen hätten nun die deutschen Gesellschaften – insbesondere ca. 1,2 Mio. GmbHs und UGs (haftungsbeschränkt) – laufend ihre maßgeblichen Gesellschafter an dieses Register melden müssen. Es darf als ungewöhnlich bezeichnet werden, dass diese „Chance für neue Bürokratie und Belastung der mittelständischen Unternehmen“ nicht genutzt wurde! Das BMJV hat das verhindert: mit der Meldefiktion in § 20 Abs. 2 GwG wurde die Möglichkeit geschaffen, durch Nutzung bereits anderweitig registrierter Daten Doppelmeldungen zum Transparenzregister weitestgehend zu vermeiden.

Das Transparenzregister gibt u.a. Überblick über die wirtschaftlich Berechtigten von GmbHs (§ 20 Abs. 1 S. 1 GwG), zu denen insbesondere die Inhaber von mehr als 25 % der Kapitalanteile zählen (§ 3 Abs. 1 u. Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GwG). Diese wirtschaftlich Berechtigten konnte man aber im Regelfall bereits bisher der Gesellschafterliste nach § 40 Abs. 1 GmbHG a.F. entnehmen. Gleichwohl wäre gerade bei komplexen Beteiligungsstrukturen der wirtschaftlich Berechtigte nicht ohne einigen Rechenaufwand erkennbar gewesen. Um die Gesellschafterliste transparenter, leichter lesbar und somit „fit für das Transparenzregister“ zu machen, wurde im Rahmen des Umsetzungsgesetzes § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG geändert (Art. 14 der BT-Drucks. 18/11555, S. 72, 172). Anzugeben ist nun u.a. die „durch den jeweiligen Nennbetrag eines Geschäftsanteils vermittelte jeweilige prozentuale Beteiligung am Stammkapital“, sowie ggf. gesondert die prozentuale Angabe des Gesamtumfangs der Beteiligung. Ferner wurden in § 40 Abs. 4 u. 5 GmbHG Verordnungsermächtigungen eingeführt: Abs. 4 gibt die Möglichkeit, auf technische Detail-Aspekte einzugehen, die sich durch die Neufassung des § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG ergeben, verbunden mit der Gelegenheit zur Klarstellung kontroverser Fragen zur Darstellung der Gesellschafterliste. Abs. 5 bereitet den Weg für die wünschenswerte Überführung der derzeit als Scan elektronisch zum Registerordner übermittelten Gesellschafterlistendaten in das maschinenlesbare XML-Format. Ziel sollte insbesondere eine Querverlinkung dergestalt sein, dass ein bloßer Klick auf eine juristische Person als Gesellschafter in der Gesellschafterliste wiederum zu deren Gesellschafterliste führt. Der Anwender könnte sich auf diese Weise bei einer Kaskade von Gesellschaftern leicht zu dem wirtschaftlich Berechtigten am Ende der Kette „durchklicken“.

II. Inlandsbezogene Fragestellungen
Mit Inkrafttreten des neuen § 40 Abs. 1 GmbHG entstand zu technischen Details wie der richtigen Darstellung, zu Rundungen und der Verwendung von Nachkommastellen eine gewisse Aufregung in der Registerpraxis, die auch die Literatur und die Judikatur beschäftigte (OLG München v. 12.10.2017 – 31 Wx 299/17, GmbHR 2018, 35; OLG Nürnberg v. 23.11.2017 – 12 W 1866/17, GmbHR 2018, 86 m. Komm. Bochmann/Cziupka; OLG Nürnberg v. 28.12.2017 – 12 W 2005/17, GmbHR 2018, 256; eine Übersicht über ausgewählte Problemstellungen findet sich zudem bei Wachter, GmbHR 2017, 1177 [1189 ff.]). Entscheidungen wie die des OLG Nürnberg v. 23.11.2017 – 12 W 1866/17, GmbHR 2018, 86 (87) m. Komm. Bochmann/Cziupka, die ausdrücklich auf die Rechtslage vor Geltung der GesLV abhob („jedenfalls derzeit“), unterstrichen das Bedürfnis der Praxis nach baldiger Klärung durch den Verordnungsgeber. Idealiter wäre im Zuge dieses Tätigwerdens nicht nur ...


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 24.07.2018 09:48
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite