BGH 12.6.2018, II ZR 229/16

Berufungszurückweisungsbeschluss muss erstrebtes Ziel des Rechtsmittels des Berufungsklägers erkennen lassen

Unterliegt ein die Berufung zurückweisender Beschluss der Anfechtung, muss er, ebenso wie ein Berufungsurteil, erkennen lassen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat.

Der Sachverhalt:

Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der G.S. GmbH (Schuldnerin), das am 20.10.2014 eröffnet wurde. Er nahm die Beklagte zu 1, eine GmbH, als Mehrheitsgesellschafterin der Schuldnerin auf erneute Einzahlung der Stammeinlage und den Beklagten zu 2, den ehemaligen Geschäftsführer der Schuldnerin und Geschäftsführer der Beklagten zu 1, auf Ersatz einer Zahlung aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen in Anspruch.

Das LG verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung i.H.v. 24.000 € und wies die Klage im Übrigen ab. Die Beklagte zu 1 habe ihre Einlagepflicht nicht erfüllt, weil die Bareinlage in einem engen zeitlichen Zusammenhang wieder zurückgezahlt worden sei. Der Beklagte zu 2 schulde den Betrag aus § 43 Abs. 3 GmbHG. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Die Revision hatte hingegen vor dem BGH Erfolg und führte zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung an das OLG.

Die Gründe:

Die Entscheidung des OLG lässt nicht erkennen, was die Beklagten mit ihrem Rechtsmittel erstrebt haben.

Ein die Berufung zurückweisender Beschluss nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO ist gem. § 522 Abs. 2 S. 3 ZPO zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits im Hinweis nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO enthalten sind. Unterliegt der Zurückweisungsbeschluss der Anfechtung, hat er nach § 522 Abs. 2 S. 4 ZPO, ebenso wie das Berufungsurteil nach § 540 Abs. 1 S.1 Nr. 1 ZPO, eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil zu enthalten. Auch im Übrigen gelten dieseleben Inhaltsanforderungen wie bei einem Berufungsurteil. Der Beschluss muss daher zumindest sinngemäß erkennen lassen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat.

Diesen Anforderungen genügt der Zurückweisungsbeschluss des OLG gegen die Berufung der Beklagten nicht. Die Gründe des Beschlusses erschöpfen sich in einer Bezugnahme auf den Hinweisbeschluss. Diese an sich zulässige Bezugnahme war im Streitfall jedoch nicht ausreichend, da der Beschluss weder die Anträge im Berufungsverfahren mitteilt noch auf andere Weise erkennen lässt, welches Ziel die Beklagten mit dem Rechtsmittel anstrebt haben. Mit der Verurteilung des Beklagten zu 2 setzt sich das OLG nicht auseinander. Es könnte auch nur der Beklagte zu 1 Berufung eingelegt haben. Die Entscheidung ist daher ohne Sachprüfung aufzuheben.

Zudem tragen die rechtlichen Erwägungen des LG und OLG die Verurteilung der Beklagten nicht. Aus den Erwägungen des OLG lässt sich nicht auf einen Rückfluss der Einlage an die Beklagte zu 1 als Inferentin schließen. Allein der Umstand, dass der Beklagte zu 2 vom Konto der Schuldnerin, auf welches die Beklagte zu 1 am 1.8.2013 die Einlage eingezahlt hatte, am 6. Und 8.8.2013 insgesamt 25.000 € abgehoben hat, wirkt sich weder unmittelbar noch mittelbar begünstigend auf das Vermögen der Beklagten zu 1 aus. Es ist offen, ob die Beklagte zu 1 das Geld zurückerhalten hat.

Schließlich lässt sich ein Anspruch gegen den Beklagten zu 2 nicht auf § 43 Abs. 3 GmbHG stützen, da von einer der Bestimmung des § 30 GmbHG zuwider geleisteten Zahlung aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen erst nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister die Rede sein kann.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.08.2018 15:08
Quelle: BGH online

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