Aktuell in der GmbHR

Aktuelle Besteuerungsfragen der Digital Economy (Lutzenberger, GmbHR, 894)

Die geplante Digitalsteuer der EU betrifft nicht nur die großen börsennotierten Internetkonzerne, sondern Unternehmen aller Rechtsformen ab einer bestimmten Größe. In diesem Beitrag werden zunächst die Geschäftsmodelle der Digitalwirtschaft vorgestellt. Davon ausgehend wird der Hintergrund der Regelung erläutert, welche die Gesamtsteuerbelastung von Digitalunternehmen erhöhen und gleichmäßiger zwischen den Staaten verteilen soll. Nach einigen nationalen Regelungsvorstößen befassen sich nun OECD sowie EU mit multilateralen Maßnahmen zur Steuererfassung der digitalen Wirtschaft. Die diesbezüglichen Richtlinienvorschläge der EU-Kommission vom März 2018 sind hier erste konkrete Aussagen und bieten als solche eine Diskussionsgrundlage zu Vor- und Nachteilen sowie Ausgestaltungsmöglichkeiten. Schlussendlich wird anhand des Paradebeispiels der grenzüberschreitenden Überlassung von Software die inländische Besteuerungsperspektive ergänzt.

I. Einführung

II. Digital Economy als steuerliche Herausforderung des 21. Jahrhunderts

III. Neue Besteuerungskonzepte der Staaten für die Digital Economy

1. Der OECD-Report 2015: Aktionspunkt 1 zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft

2. Die Anpassung der Verrechnungspreisrichtlinien Italiens

3. Die Werbesteuer Ungarns

4. Die Diverted Profits Tax Großbritanniens

5. Die Erarbeitung eines Richtlinienvorschlags zu einer Digital Tax durch die EU-Kommission

6. Die Erarbeitung eines Richtlinienvorschlags zu einer Digital PE durch die EU-Kommission

7. Einklang von Betriebsstättenbegriff und Verrechnungspreisregeln

8. Beschränkte Steuerpflicht bei grenzüberschreitender Überlassung von Software und Datenbanken

IV. Fazit
 

I. Einführung
Die digitale Revolution des 21. Jahrhunderts bringt nicht nur neue Geschäftsmodelle hervor, sie ist inzwischen an den Börsen angekommen: So sind die fünf wertvollsten börsennotierten Unternehmen der Welt die Internetkonzerne (Börsenwerte jeweils in Mrd. US$, Stand: Ende Dezember 2017) Apple (876), die Google-Muttergesellschaft Alphabet (733) und Microsoft (661), gefolgt von Amazon (570) und Facebook (516). Einher mit deren Erfolg gehen internationale Bestrebungen zur Anpassung des überkommenen physischen Betriebsstättenbesteuerungskonzepts an die neuen Systeme der Wertschöpfung. Die EU-Kommission, in einer Achse mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel, möchte schon als „kurzfristige Lösung“ bis Ende 2018 eine Digitalsteuer auf den Weg bringen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie warnt jedoch: So wäre – mit Erfüllung der erforderlichen Größenkriterien – eine Vielzahl der deutschen Unternehmen von einer solchen Steuer betroffen, die eine Digitalisierung der Geschäftsmodelle behindere. Die deutsche GmbH sollte demnach hier die Entwicklungen verfolgen, um nicht dem gegen die Internet-Börsenriesen eröffneten Kreuzfeuer anheimzufallen. Die nächsten Monate könnten der kritische Zeitpunkt sein, ob ein Stück Verteilungsgerechtigkeit der internationalen Digitalwertschöpfung erreicht werden kann oder ob das politische Tauziehen steuerliche „Sieger“ und „Verlierer“ hervorbringt. Der nachfolgende Beitrag skizziert die bisherige Entwicklung und steuerrechtliche Diskussion zur politischen Agenda der Besteuerung der Digital Economy.

II. Digital Economy als steuerliche Herausforderung des 21. Jahrhunderts
Die neuen digitalen Unternehmen nutzen nicht nur technisch andere Vertriebswege, sie betreiben auch ihre Wertschöpfung auf andere Weise als die „Old Economy“, was beispielhaft an vier Geschäftsformen dargestellt werden soll:
 

  • Beim Online-Händler-Modell verkaufen Online-Plattformen Waren oder stellen die Verbindung zwischen den Parteien her und erhalten im Gegenzug eine Transaktionsgebühr oder Platzierungskommission, z.B. Amazon, Zalando.
  • Beim Social-Media-Modell werden Werbeeinnahmen durch die gezielte Platzierung von Werbebotschaften an Verbraucher erzielt, z.B. Facebook.
  • Beim Abonnementen-Modell werden Abonnement-Gebühren für den ständigen Zugang zu einer digitalen Dienstleistung vereinnahmt, z.B. Netflix, Spotify.
  • Bei der Kooperationsplattform schließlich wird gegen Gebühr das bedarfsgesteuerte Teilen von Vermögenswerten zwischen den Parteien ermöglicht, z.B. Airbnb, Blablacar.


Ein einfacher Verweis darauf, dass diese internationalen Großkonzerne mit ihrem Importgeschäft natürlicherweise die Möglichkeiten eines geringeren Steuer- und Lohnniveaus im Vergleich zu Inlandswaren nutzen können, kann nicht deren weitaus niedrigere Gesamtsteuerlast im Vergleich zu traditionellen Unternehmen erklären: So unterliegen obige Geschäftsmodelle im Durchschnitt einem effektiven Steuersatz von lediglich 8,5 % – also weniger als die Hälfte im Vergleich zu herkömmlichen Unternehmen.

Steuerlich ist bei internationalen Digitalkonzernen folgendes Phänomen der Nutzung von zwischenstaatlichem Steuergefälle zu beobachten: Unternehmen verlagern Gewinne in allgemein niedrigbesteuerte Länder (Offshore-Gesellschaft) oder Länder mit Vorzugsbesteuerung für Einkünfte im Zusammenhang mit immateriellen Wirtschaftsgütern (patent-box tax regime). Nach dem steuerlichen Digitalisierungsindex 2017 haben Länder wie Irland ...

 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.09.2018 09:35
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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