Aktuell in der GmbHR

Bestandsschutz im Geschäftsführer-Dienstvertrag? - Neue Aspekte bei der Beendigung von Geschäftsführer-Anstellungsverhältnissen (Reufels/Volmari, GmbHR 2018, 937)

Die Stellung des GmbH-Geschäftsführers an der Schnittstelle von Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht und allgemeinem Zivilrecht gibt seit geraumer Zeit Anlass zur Diskussion. In der arbeitsgerichtlichen Praxis stellen sich für die Kündigung von GmbH-Geschäftsführern diverse prozessuale wie materiell-rechtliche Fragen, beginnend bei der Rechtswegeröffnung bis hin zum Kündigungsschutz. Das BAG hat sich kürzlich in seiner Entscheidung vom 21.9.2017 – 2 AZR 865/16, GmbHR 2018, 419 erneut mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG den GmbH-Geschäftsführer vom Anwendungsbereich des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes ausschließt. Dies soll zum Anlass genommen werden, sich mit einigen der im Urteil aufgeworfenen und anderen allgemeinen Rechtsfragen zum Bestandsschutz von Geschäftsführer-Anstellungsverhältnissen zu beschäftigen.

I. Qualifizierung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags

1. Allgemeines

a) Rechtsnatur des Dienstverhältnisses/Trennungstheorie

b) Koppelungsklauseln

c) Kündigungsschutzgesetz

2. Kündigungsrechtliche Auswirkungen der Qualifizierung

a) Wirkung des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG

b) Das obiter dictum des Senats

c) Wirkung des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG – Klage vor den Arbeitsgerichten?

II. Konstellationen des „ruhenden Arbeitsverhältnisses“ und der Drittanstellung

1. Das „ruhende Arbeitsverhältnis“

2. Drittanstellungsverhältnis

III. Einfluss des Unionsrechts

IV. Fazit


I. Qualifizierung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags
1. Allgemeines
a) Rechtsnatur des Dienstverhältnisses/Trennungstheorie

Für die Anwendung arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen kommt es auf den Arbeitnehmerstatus desjenigen an, der sich auf die Norm beruft. Nach herrschender Meinung handelt es sich bei einem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag grundsätzlich um einen freien Dienstvertrag im Sinne eines Geschäftsbesorgungsvertrags (§§ 675, 611 BGB) und nicht um einen Arbeitsvertrag. Nur ausnahmsweise wird der GmbH-Geschäftsführer als Arbeitnehmer tätig. Der BGH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der GmbH-Geschäftsführer kein Arbeitnehmer ist und begründet dies mit der Unvereinbarkeit von Arbeitnehmerstatus und Organstellung. Der Geschäftsführer führe eine Arbeitgeberfunktion aus, die dem arbeitsrechtlichen Weisungsrecht entgegenstehe. Das BAG hingegen differenzierte in einigen Entscheidungen danach, ob der Geschäftsführer im konkreten Einzelfall nach den allgemeinen Kriterien weisungsgebunden und unselbstständig tätig sei. Zur Bestimmung der Weisungsgebundenheit kann der Grad der Beteiligung an der Gesellschaft ein Indiz sein. Bei Gesellschafter-Geschäftsführern mit einer Kapitalbeteiligung von mehr als 50 % und bei Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführern mit Sperrminorität liegt regelmäßig kein Arbeitnehmerstatus vor. Bei einer Minderheitsbeteiligung oder bei Fremdgeschäftsführern sei im konkreten Einzelfall zu bestimmen, ob die Kriterien zur Bestimmung des Arbeitnehmerstatus erfüllt sind. Dabei darf aber nicht aus dem Auge gelassen werden, dass der Geschäftsführer einer GmbH typischerweise auch Gesellschafterweisungen umzusetzen hat und ihn dies deshalb aber nicht zum Arbeitnehmer macht. Im Ergebnis ist daher – von seltenen Ausnahmefällen abgesehen – auch der klassische Fremdgeschäftsführer kein Arbeitnehmer, sondern freier Dienstnehmer.

Das der Tätigkeit des Geschäftsführers zugrundeliegende schuldrechtliche Grundverhältnis ist in Begründung und Beendigung wegen der im deutschen Recht geltenden Trennungstheorie unabhängig von der Organstellung. Für die Beendigung der Organstellung gilt bei Fehlen einer anderweitiger Regelung in der Satzung der Grundsatz der freien Abberufbarkeit (§ 38 GmbHG). Die Abberufung kann jederzeit und ohne Angabe von Gründen erfolgen, um dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer Rechnung zu tragen. Anders ist es unter dem schuldrechtlichen Dienstverhältnis, das seinen eigenen Regeln folgt.

b) Koppelungsklauseln
Da die Beendigung von Organstellung und Dienstverhältnis unabhängig voneinander erfolgen, werden in Geschäftsführer-Anstellungsverträgen häufig sog. Koppelungsklauseln verwendet. In der Regel sind diese vertraglich so ausgestaltet, dass entweder das Dienstverhältnis unter der auflösenden Bedingung der Abberufung steht oder der Gesellschaft für den Fall der Abberufung die Möglichkeit der Beendigung des Dienstverhältnisses eingeräumt wird.

Koppelungsklauseln als grundsätzlich zulässiges Instrument der Vertragsgestaltung, müssen insbesondere ...

 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 25.09.2018 16:04
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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