BFH 30.5.2018, I R 31/16

Abwärtsverschmelzung mit ausländischer Anteilseignerin

Die Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften kann zu einem steuerfreien Auflösungsgewinn i.S.d. § 8b Abs. 2 S. 3 KStG führen, von dem 5 % als nicht abziehbare Betriebsausgaben gelten. Die Verschmelzung einer Mutterkapitalgesellschaft, deren Anteilseignerin im Ausland ansässig ist, auf ihre Tochtergesellschaft (Abwärtsverschmelzung) kann nur dann ohne Aufdeckung stiller Reserven vollzogen werden, wenn die Besteuerung der stillen Reserven der Muttergesellschaft sichergestellt ist.

Der Sachverhalt:

Die Klägerin ist eine luxemburgische Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der S.á.r.l. Ihre Anteile wurden zunächst vollständig von der A-GmbH (im Folgenden: Muttergesellschaft) mit Sitz im Inland gehalten. Die Muttergesellschaft wurde nach Maßgabe eines im August 2009 beurkundeten Verschmelzungsplans auf die Klägerin, also auf die Tochtergesellschaft, verschmolzen. Mit Eintragung in das Register am Sitz der Klägerin in Luxemburg im September 2009 wurde die grenzüberschreitende Verschmelzung wirksam. Auf eine Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Klägerin wurde im notariellen Verschmelzungsvertrag unwiderruflich verzichtet. Mit Wirksamwerden der Verschmelzung ging das Vermögen der Muttergesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin über.

Die von der Muttergesellschaft gehaltenen Anteile an der Klägerin wurden an die in den USA ansässige A-Corporation (im Folgenden: Corporation), die bisher sämtliche Anteile an der Muttergesellschaft hielt, ausgekehrt. Die Verschmelzung erfolgte mit steuerrechtlicher Rückwirkung. Steuerlicher Übertragungsstichtag war der 31.7.2009, 24 Uhr. In der steuerlichen Schlussbilanz der Muttergesellschaft zum 31.7.2009 wurden sämtliche Aktiva und Passiva mit dem Buchwert angesetzt. Die Anteile an der Klägerin wurden ebenfalls mit ihrem Buchwert angesetzt und zu diesem Wert erfolgsneutral ausgebucht. Dem folgte das Finanzamt nicht. Es ging davon aus, dass die Anteile an der Klägerin in der steuerlichen Schlussbilanz der Muttergesellschaft mit dem gemeinen Wert hätten angesetzt werden müssen.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat einen Auflösungsgewinn erzielt, von dem 5 % als Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. Das Umwandlungssteuerrecht sieht davon keine Ausnahme vor.

Nach § 8b Abs. 2 S. 1 KStG bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung bestimmter Anteile an Körperschaften außer Ansatz. Dies gilt entsprechend für Gewinne aus der Auflösung. Ein solcher Gewinn entsteht u.a. bei Verschmelzung einer Körperschaft auf eine andere, da hierdurch die übertragende Körperschaft ohne Abwicklung aufgelöst wird (§ 2 UmwG) und ihr Vermögen vergleichbar einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung auf einen anderen Rechtsträger übergeht. Als Auflösungsgewinn ist der gemeine Wert der durch die im Zuge der Auflösung der Kapitalgesellschaft an einen anderen Anteilseigner übergehenden Beteiligung abzgl. ihres Buchwerts anzusetzen. Vorliegend ergab sich der Ansatz des gemeinen Werts der Beteiligung auch aus § 11 Abs. 1 S. 1 des UmwStG 2006. Danach ist diese Bewertung bei einer Verschmelzung der Körperschaft auf eine andere Körperschaft in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft hinsichtlich der übergehenden Wirtschaftsgüter grundsätzlich geboten. Nach dem Wortlaut des Gesetzes gehört zu den übergehenden Wirtschaftsgütern auch die Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft, da dieses Wirtschaftsgut von den Anteilseignern der übertragenden Körperschaft erworben wird. Von dem Gewinn i.S.d. § 8b Abs. 2 S. 3 KStG gelten 5 % als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen (§ 8b Abs. 3 S. 1 KStG).

Hier war die Muttergesellschaft auf die Klägerin wirksam verschmolzen worden und bei Ersterer ein mit nicht abziehbaren Betriebsausgaben verknüpfter Auflösungsgewinn in Höhe der Differenz zwischen gemeinem Wert und Buchwert der bislang von der Muttergesellschaft gehaltenen Beteiligung angefallen. Die auf dem Ansatz nicht abziehbarer Betriebsausgaben beruhende Steuerfestsetzung (Belastung) wurde vorliegend auch durch keinen steuerentlastenden Tatbestand insbes. nicht durch § 11 Abs.2 UmwStG 2006 ausgeschlossen. Nach § 11 Abs. 1 UmwStG 2006 sind bei Verschmelzung einer Körperschaft auf eine andere Körperschaft die übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Abs. 2 S. 1 der Vorschrift besagt, dass abweichend davon auf Antrag die übergehenden Wirtschaftsgüter u.a. mit dem Buchwert angesetzt werden können, soweit sichergestellt ist, dass sie später bei der übernehmenden Körperschaft der Besteuerung mit Körperschaftsteuer unterliegen und das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der übertragenen Wirtschaftsgüter bei der übernehmenden Körperschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird. Schließlich regelt § 11 Abs. 2 S. 2 UmwStG 2006, dass die Anteile an der übernehmenden Körperschaft mindestens mit dem Buchwert, erhöht um Abschreibungen sowie um Abzüge nach § 6b EStG und ähnliche Abzüge, die in früheren Jahren steuerwirksam vorgenommen worden sind, höchstens mit dem gemeinen Wert, anzusetzen sind.

§ 11 Abs. 2 UmwStG 2006 ermöglicht demnach im Fall der Verschmelzung zweier Körperschaften zwar grundsätzlich den Ansatz der Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft mit dem Buchwert. Vorliegend ging es jedoch um die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen bei der Abwärtsverschmelzung auch die Beteiligung an der Tochtergesellschaft erfasst wird. Auch § 11 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 verwendet den Begriff "übergehende Wirtschaftsgüter" und erfasst damit ebenfalls die "Beteiligung an der Tochtergesellschaft". Soweit die Nr. 1 und 2 der genannten Vorschrift weitere Anforderungen für den Buchwertansatz in Bezug auf die "übernehmende Körperschaft" stellen, ist auf diejenige Person abzustellen, die die "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" erwirbt. Ist demnach eine Körperschaft Anteilseignerin der Muttergesellschaft (übertragende Körperschaft) und erwirbt sie bei der Abwärtsverschmelzung unmittelbar die bislang von der Muttergesellschaft gehaltene "Beteiligung an der Tochtergesellschaft", ist die Norm nach ihrem Wortlaut einschlägig mit der Folge, dass die Abwärtsverschmelzung - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - auf Antrag ohne Aufdeckung stiller Reserven vollzogen werden kann.

Im Streitfall lagen diese weiteren Voraussetzungen jedoch nicht vor. Denn bei der US-amerikanischen Corporation als derjenigen Körperschaft, die die "Beteiligung an der Tochtergesellschaft" übernommen hatte, unterlagen die stillen Reserven des Wirtschaftsguts nicht mehr dem deutschen Besteuerungsrecht i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UmwStG 2006. Denn Art. 13 Abs. 5 des DBA - USA weist dem Ansässigkeitsstaat der Corporation, also den USA, das ausschließliche Recht zur Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der übergegangenen Beteiligung zu. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb gerade im Falle einer Abwärtsverschmelzung das Privileg des Buchwertansatzes ohne Absicherung des inländischen Besteuerungszugriffs auf die stillen Reserven gewährt werden sollte. Auch das Diskriminierungsverbot aus Art. 24 Abs. 4 DBA USA, die Fusionsrichtlinie und das Unionsrecht stehen im Streitfall der Steuerfestsetzung nicht entgegen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.11.2018 14:46
Quelle: BFH online

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