BFH v. 11.9.2018 - I R 59/16

Änderung eines Bescheids nach § 32a Abs. 2 KStG ist nur bei Berücksichtigung von verdeckten Einlagen möglich

§ 32a Abs. 2 KStG verlangt, dass gegenüber dem Gesellschafter ein Steuer- oder Feststellungsbescheid mit Rücksicht auf das Vorliegen einer verdeckten Einlage ergeht. Die Änderung eines Einkommensteuerbescheids des Gesellschafters wegen der Erfassung von Schwarzeinnahmen und nicht hinsichtlich der Berücksichtigung einer verdeckten Einlage kann folglich die Änderung der an die Gesellschaft gerichteten Körperschaft- bzw. Feststellungsbescheide nach § 32a Abs. 2 KStG nicht rechtfertigen.

Der Sachverhalt:

Die Klägerin ist eine GmbH; Gesellschafter war bis zu seinem Tod der M. Zwischen der Klägerin als Betriebsunternehmen und dem Einzelunternehmen des M bestand eine Betriebsaufspaltung. Die Anteile an der Klägerin wurden als Betriebsvermögen des Besitzunternehmens bilanziert. Sowohl die Gesellschaftsanteile an der Klägerin als auch das Besitzunternehmen gingen nach dem Tod des M im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf seine Witwe (W), über, die alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin wurde.

Im Rahmen einer u.a. für die Streitjahre 1999 bis 2005 durchgeführten Steuerfahndungsprüfung wurden in den Buchführungen und Steuererklärungen der Unternehmen nicht erfasste Vorgänge ("Schwarzeinnahmen") festgestellt, die einerseits aus nicht fakturierten Leistungen und andererseits aus nicht abgerechneten Veräußerungen des Anlagevermögens bei dem jeweiligen Besitzunternehmen stammten.

Dementsprechend erließ das Finanzamt für die Eheleute M und W geänderte und inzwischen bestandskräftige Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Bereits im Dezember 2008 hatte die Klägerin beantragt, die bestandskräftigen Körperschaftsteuerfestsetzungen und Feststellungen nach § 47 Abs. 1 (bis 2001) bzw. § 27 Abs. 2 (ab 2002) KStG gem. § 32a Abs. 2 KStG zu ändern. Betriebseinnahmen der Besitzunternehmen seien zur Bestreitung von Betriebsausgaben der Klägerin (Personalkosten) verwendet worden. Dabei handele es sich um verdeckte Einlagen, die zum Teilwert den Anschaffungskosten der Beteiligung hinzuzurechnen seien. In Höhe der verdeckten Einlagen sei ein zusätzlicher Betriebsausgabenabzug und damit eine entsprechende Minderung des zu versteuernden Einkommens der Klägerin angezeigt.

Das FG Rheinland-Pfalz wies die Klage im November 2014 (Az.: 1 K 2416/12) ab. Der Senat hat dieses Urteil jedoch wegen eines Verfahrensmangels aufgehoben (Urt. v. 2.12.2015, Az.: I R 3/15). Die Klage blieb auch im zweiten Rechtsgang ohne Erfolg, was auch für die anschließende Revision galt.

Gründe:

Die von der Klägerin begehrte Änderung kann allenfalls auf § 32a Abs. 2 KStG gestützt werden. Das FG ist indessen zutreffend davon ausgegangen, dass dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.

Nach § 32a Abs. 2 Satz 1 KStG kann, soweit gegenüber dem Gesellschafter ein Steuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer verdeckten Einlage erlassen, aufgehoben oder geändert wird, ein Steuerbescheid gegenüber der Körperschaft, welcher der Vermögensvorteil zugewendet wurde, aufgehoben, erlassen oder geändert werden. Das Gesetz verlangt insoweit, dass gegenüber dem Gesellschafter ein Steuer- oder Feststellungsbescheid mit Rücksicht auf das Vorliegen einer verdeckten Einlage ergeht. Die Änderung eines Einkommensteuerbescheids des Gesellschafters wegen der Erfassung von Schwarzeinnahmen und nicht hinsichtlich der Berücksichtigung einer verdeckten Einlage kann folglich die Änderung der an die Gesellschaft gerichteten Körperschaftsteuer- bzw. Feststellungsbescheide nach § 32a Abs. 2 KStG nicht rechtfertigen. Dies folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlaut, nach dem der Steuer- oder Feststellungsbescheid "hinsichtlich der Berücksichtigung einer verdeckten Einlage erlassen wird".

§ 32a Abs. 2 KStG soll verfahrensrechtlich sicherstellen, dass die Steuerbefreiung einer verdeckten Einlage (außerbilanzielle Korrektur) bei der Körperschaft auch dann erfolgen kann, wenn ihr Bescheid bereits bestandskräftig oder festsetzungsverjährt ist, soweit beim Anteilseigner nachträglich eine verdeckte Einlage festgestellt wird. Der Gesetzgeber hat die Besteuerungsebenen der Körperschaft und ihrer Gesellschafter durch das in § 32a KStG verankerte formelle Korrespondenzprinzip verfahrensrechtlich miteinander verbunden, um auf beiden Ebenen eine abgestimmte Besteuerung sicherzustellen. Insoweit gibt § 32a Abs. 2 KStG die Möglichkeit zur Folgeänderung bei der Gesellschaft als Empfängerin einer verdeckten Einlage.

Die vom Gesetzgeber angeordnete Durchbrechung der Bestandskraft der an die Gesellschaft gerichteten Körperschaftsteuer- und Feststellungsbescheide ist Folge einer auf die Gesellschafter- und Gesellschaftsseite abgestimmten Besteuerung in dem in § 32a Abs. 2 KStG explizit genannten Fall. Enthält der an den Gesellschafter ergangene Steuer- oder Feststellungsbescheid keine Feststellungen hinsichtlich einer verdeckten Einlage, ist eine abgestimmte Besteuerung jedoch gerade nicht angezeigt.

Das Gesetz enthält auch keine planwidrige Lücke, die im Streitfall zu einer analogen Normanwendung berechtigen könnte. Denn der Gesetzgeber hat die von ihm intendierte Abstimmung der Besteuerungsebenen in § 32a Abs. 2 KStG nur bezogen auf die Feststellung einer verdeckten Einlage, nicht aber bezogen auf anderweitige steuererhöhende Feststellungen beim Gesellschafter (hier: die Erfassung von Schwarzeinnahmen) in den Blick genommen.

Linkhinweis:

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.02.2019 11:07
Quelle: BFH online

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