Aktuell in der GmbHR

Gesellschafterliste und Zwangseinziehung - Zugleich Besprechung des BGH-Urteils v. 20.11.2018 – II ZR 12/17, GmbHR 2019, 335 (Lieder/Becker, GmbHR 2019, 441)

Der II. Zivilsenat des BGH hatte mit Grundsatzurteil vom 20.11.2018 (GmbHR 2019, 335) klargestellt, dass die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste nach § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG auch im Falle eines eingezogenen Geschäftsanteils greift. Der Beitrag nimmt das Judikat zum Anlass, die Reichweite und Grenze der Legitimationswirkung auszumessen sowie deren spezifische Bedeutung für die Zwangseinziehung von GmbH-Anteilen herauszuarbeiten.

I. Einleitung

II. Legitimationswirkung der Gesellschafterliste

1. Grundlagen

2. Grenzen der Legitimationswirkung

a) Rechtsschutz gegen die Gesellschafterliste

b) Zurechenbarkeit und Einhaltung der wesentlichen Verfahrensgrundsätze

III. Zwangseinziehung eines GmbH-Anteils

IV. Grundsatzurteil vom 20.11.2018

1. Sachverhalt

2. Legitimationswirkung nach Einziehung

a) Gesetzesfassung

b) Gesetzesmaterialien

c) Regelungszweck

d) Systematik

3. Ausnahmen von der Legitimationswirkung

a) Grundsatz von Treu und Glauben

b) Gesellschaftsrechtliche Treuepflichtbindung

4. Legitimationswirkung und Einziehungsgrund

a) Einziehungsgrund in der Person des Listengesellschafters

b) Einziehungsgrund in der Person des wahren Berechtigten

V. Zusammenfassung der Ergebnisse


I. Einleitung

Mehr als 10 Jahre nach ihrer Aufwertung durch das MoMiG ist man sich heute darüber einig, dass die Gesellschafterliste – neben dem Gesellschaftsvertrag – das wichtigste Dokument der GmbH darstellt. Denn sie fungiert zum einen im Binnenverhältnis als (ausschließliche) Legitimationsgrundlage der Gesellschafter gegenüber der GmbH (§ 16 Abs. 1 GmbHG) und zum anderen im Außenverhältnis als Rechtsscheinträger für einen gutgläubigen Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen (§ 16 Abs. 3 GmbHG). Seit ihrer Verknüpfung mit dem in §§ 18 ff. GWG normierten Transparenzregister in Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, dient die Gesellschafterliste nunmehr in gesteigertem Maße der Schaffung von Transparenz hinsichtlich der Anteilseignerstruktur, der effektiven Bekämpfung von Missbräuchen sowie der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

II. Legitimationswirkung der Gesellschafterliste
1. Grundlagen

Die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG begründet nach zutreffender h.M. eine unwiderlegbare Vermutung für die Gesellschafterstellung des Eingetragenen in dem in der Gesellschafterliste verzeichneten Umfang. Aus rechtsdogmatischer Perspektive ist die – formelle – Legitimationswirkung von der – materiellen – Rechtslage weitgehend entkoppelt. Dementsprechend setzt die Legitimationswirkung auch keine tatsächlich erfolgte Veränderung im materiellen Sinne voraus. Vielmehr erklärt § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG aus Gründen der Rechtssicherheit allein die Eintragungen in der Gesellschafterliste für maßgeblich, so dass sich auch das Vorliegen einer Veränderung hiernach bestimmt.

2. Grenzen der Legitimationswirkung
Das hat weitreichende Konsequenzen, kann der wahre Gesellschafter doch mit Aufnahme einer ihn nicht mehr aufführenden Gesellschafterliste zum Handelsregister seine mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten nicht länger ausüben. Angesichts dieses tiefgreifenden Einschnitts kann es nicht verwundern, dass Rechtsprechung und Schrifttum – zumindest in extrem gelagerten Sachverhalten – Ausnahmen von der strikten Legitimationswirkung anerkennen.

a) Rechtsschutz gegen die Gesellschafterliste
Ist der materiell berechtigte (Neu-)Gesellschafter zu Unrecht nicht in der Liste eingetragen, steht ihm gegen die Gesellschaft ein Anspruch auf Eintragung zu. Der zu Unrecht eingetragene (Alt-) Gesellschafter kann unter Hinweis auf das nachwirkende Mitgliedschaftsverhältnis die Austragung aus der Gesellschafterliste verlangen. In prozessualer Hinsicht ist ein solcher Anspruch auf Listenkorrektur im Wege der Leistungsklage gegen die Gesellschaft geltend zu machen. Im Rahmen des Streitverfahrens setzt sich die ...


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 24.04.2019 09:46
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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