BFH v. 11.12.2018 - VIII R 44/15

Kapitalertragsteuer bei dauerdefizitärer kommunaler Eigengesellschaft

Bei einer Gebietskörperschaft, die mehrheitlich an einer Verlustkapitalgesellschaft beteiligt ist, entsteht keine Kapitalertragsteuer für verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA), die sich aus einem begünstigten Dauerverlustgeschäft ergeben, wenn sie die Dauerverluste wirtschaftlich trägt. Ein begünstigtes Dauerverlustgeschäft liegt vor, soweit von einer Kapitalgesellschaft aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine kommunale Gebietskörperschaft, die in den Streitjahren 2003 und 2004 Alleingesellschafterin der Y-GmbH war. Davor war sie direkt an der A-, B-, und C-GmbH beteiligt. Diese Gesellschaften führten in ihrem Interesse Tätigkeiten aus, aus denen sie dauerhafte Verluste erzielten. Die Klägerin glich diese Verluste jeweils aus.

Im Jahr 2003 wurde die Beteiligungsstruktur geändert. Die Beteiligungen der Klägerin an der A-, B- und C-GmbH wurden auf die Z-GmbH übertragen. Die Klägerin war an der Z-GmbH über die Y-GmbH, beteiligt. Die Z-GmbH glich ab dem Streitjahr 2003 die Dauerverluste aus. Hierzu war sie in der Lage, weil die Klägerin mit Wirkung zum 1.1.2003 auf die Z-GmbH auch zwei Aktienpakete übertragen hatte, aus denen diese Dividendenausschüttungen vereinnahmte.

Das Finanzamt sah in den Ausgleichszahlungen der Z-GmbH vGA, die über die Y-GmbH an die Klägerin gelangt seien und forderte hierfür von der Klägerin Kapitalertragsteuer nach. Das FG gab der gegen die Nachforderungsbescheide gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage teilweise ab.

Gründe:
Die Entscheidung des FG, im Streitfall sei keine Kapitalertragsteuer angefallen, ist rechtsfehlerhaft. Die Klägerin erzielte in den Streitjahren über die Beteiligungskette aus der A-, B- und C-GmbH jeweils Einnahmen aus vGA, da sämtliche Gesellschaften auf Veranlassung der Z-GmbH dauerdefizitäre Tätigkeiten nachgingen.

Für die vGA aus der B-GmbH war jedoch keine Kapitalertragsteuer nachzufordern. Denn für die Einkünfte einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die mehrheitlich unmittelbar oder mittelbar an einer Verlustkapitalgesellschaft beteiligt ist, entsteht keine Kapitalertragsteuer für vGA, die aus dem Betrieb eines gesetzlich begünstigten Dauerverlustgeschäfts resultieren, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts die Dauerverluste wirtschaftlich trägt. Ein begünstigtes Dauerverlustgeschäft liegt vor, soweit von einer Kapitalgesellschaft aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört (§ 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG).

Für die vGA aus den Dauerverlustgeschäften der A- und der C-GmbH griff diese Begünstigung nicht ein, da deren Dauerverluste nicht auf einer gesetzlich begünstigten Tätigkeit beruhten. Der Erhebung von Kapitalertragsteuer stand insoweit auch kein gesetzlicher Bestandsschutz entgegen (§ 34 Abs. 6 Satz 5 KStG).

Hintergrund:
Das Urteil des BFH vermeidet für juristische Personen des öffentlichen Rechts Belastungen mit Kapitalertragsteuer aus Dauerverlustgeschäften i.S.v. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG und ist für die Praxis von großer Bedeutung.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.05.2019 11:01
Quelle: BFH PM Nr. 31 vom 22.5.2019

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