BFH v. 20.12.2018 - IV R 2/16

Klagebefugnis bei Klage gegen gesonderte und einheitliche Feststellung verrechenbarer Verluste nach § 15b EStG

Werden verrechenbare Verluste nach § 15b Abs. 4 Satz 5 EStG gesondert und einheitlich festgestellt, gelten für die Klagebefugnis dieselben Grundsätze wie für die Anfechtung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte.

Der Sachverhalt:
Über das Vermögen der klagenden X-GmbH & Co. KG und über das ihrer Komplementär-GmbH, der M-GmbH, wurde im Juni 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin ist aufgrund Verschmelzungsvertrags Rechtsnachfolgerin der Z-GmbH & Co. KG (Z-KG) geworden. Die Z-KG war im Dezember 2005 gegründet worden. Sie sollte als Fonds tätig werden und auf Grundlage eines aufgelegten Prospekts zur Kapitalaufbringung weitere Kommanditisten aufnehmen. Der Prospekt wies zur Erläuterung der steuerlichen Grundlagen für eine Beteiligung als Kommanditist darauf hin, dass die Tatbestandsvoraussetzungen eines Steuerstundungsmodells i.S.d. § 15b EStG vorlägen, da die Gesellschafter sich an einem vorgefertigten Fondskonzept beteiligten und die prognostizierten Anfangsverluste 10 % der Kommanditeinlagen überstiegen.

Im Jahr 2007 wurden 286 Kommanditisten der Z-KG in das Handelsregister eingetragen. Darunter befanden sich auch die beiden Beigeladenen. Diese veräußerten im Streitjahr 2008 ihre Kommanditanteile an der Z-KG wieder. Der Beigeladene zu 1) veräußerte seinen Anteil zu einem Preis unterhalb seiner Anschaffungskosten. Das Finanzamt stellte die Einkünfte für die Z-KG betreffend das Streitjahr 2008 zunächst auf Grundlage des von ihr erklärten Verlustes unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gesondert und einheitlich fest (Gewinnfeststellung). Nach Durchführung einer Außenprüfung bei der Z-KG kamen die Prüfer jedoch zu dem Schluss, dass die für die Beigeladenen ermittelten Verluste nicht ausgleichsfähig, sondern lediglich verrechenbar nach § 15b EStG seien. Das Finanzamt folgte dieser Auffassung und stellte in geänderten Feststellungsbescheiden verrechenbare Verluste nach § 15b Abs. 4 EStG für das Jahr 2008 fest. Für den Beigeladenen zu 1) wurden dabei rd. 8.500 € festgestellt.

Das FG beschloss die Beiladung der beiden ausgeschiedenen Gesellschafter und gab der Klage insoweit statt, als die Feststellung verrechenbarer Verluste nach § 15b Abs. 4 EStG für den Beigeladenen zu 1) betreffend die Z-KG auf den 31.12.2008 um 8.500 € vermindert wurde. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Personengesellschaft lässt das Gewinnfeststellungs-, Rechtsbehelfs-, Klage- und Revisionsverfahren unberührt, da die (steuerrechtlichen) Folgen des Gewinnfeststellungsbescheids nur die Gesellschafter persönlich und nicht den nach Insolvenzrecht abzuwickelnden Vermögensbereich der Personengesellschaft selbst betreffen.

Auch die im Zusammenhang mit der gesonderten und einheitlichen Einkünftefeststellung getroffenen Feststellungen über die fehlende Ausgleichsfähigkeit und eingeschränkte Verrechenbarkeit von Verlusten im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen nach § 15b EStG betreffen lediglich die Einkünfte der hieran beteiligten Gesellschafter, nicht den Vermögensbereich der Personengesellschaft selbst. Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Personengesellschaft erstreckt sich daher der Übergang der Befugnisse zur Vermögensverwaltung nach § 80 Abs. 1 InsO deshalb, ebenso wie bei der der Gewinnfeststellung selbst, nicht auf die Feststellungen nach § 15b Abs. 4 EStG. Das Besteuerungsverfahren, das finanzgerichtliche Verfahren wie auch ein Revisionsverfahren bleiben deshalb von einem solchen Insolvenzverfahren unberührt.

Die Klagebefugnis in Bezug auf Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen richtet sich nach § 48 FGO. Diese Vorschrift betrifft ihrem eindeutigen Wortlaut nach alle Bescheide über gesonderte und einheitliche Feststellungen, mithin auch die gesonderte und einheitliche Feststellung verrechenbarer Verluste nach § 15b Abs. 4 Satz 5 EStG. Nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO ist die Personengesellschaft befugt, in Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter Klage gegen den Feststellungsbescheid zu erheben. Tritt ein Gesamtrechtsnachfolger an die Stelle der klagebefugten Gesellschaft, geht die Klagebefugnis nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO - anders als die Klagebefugnis betreffend einen an die Gesellschaft als Steuerschuldner gerichteten Bescheid - nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger über. Vielmehr lebt die durch § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO überlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter wieder auf.

Vorliegend war die ursprünglich bestehende Befugnis einer Personengesellschaft zur Erhebung eines Rechtsbehelfs gegen die Feststellung verrechenbarer Verluste im Zusammenhang mit der Feststellung ihrer Einkünfte durch deren liquidationslose Vollbeendigung infolge ihrer Verschmelzung auf die Klägerin bereits während des Einspruchsverfahrens erloschen. Klagebefugt wären nur die Beigeladenen als die einzigen von der beanstandeten Feststellung verrechenbarer Verluste betroffenen ehemaligen Gesellschafter der Personengesellschaft gewesen, nicht aber die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Personengesellschaft.

Die Klage konnte auch nicht in eine solche der ehemaligen Gesellschafter der Personengesellschaft umgedeutet werden. Die Einspruchsentscheidung war zwar gegenüber der im Zeitpunkt der Bekanntgabe vollbeendeten Personengesellschaft ergangen. Jedoch waren die Beigeladenen als zum Einspruchsverfahren Hinzugezogene und nicht von einem Bevollmächtigten vertretene Gesellschafter ebenfalls Adressaten der Einspruchsentscheidung. Im Streitfall war die Bevollmächtige gegenüber dem FG allein von der Personengesellschaft, nicht aber von den Beigeladenen als ehemalige Kommanditisten bevollmächtigt worden. Danach konnte auch bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs nicht angenommen werden, dass die ausdrücklich nur namens der Klägerin erhobene Klage für die Beigeladenen als ehemalige Gesellschafter erhoben worden sein sollte. Ob dem Finanzamt bei Erlass der Einspruchsentscheidung die Vollbeendigung der Personengesellschaft bekannt war, konnte insoweit dahinstehen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.07.2019 15:56
Quelle: BFH online

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