Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 35)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

OLG Frankfurt 23.5.2019, 5 U 21/18
Verstoß gegen gesellschaftliche Treuepflicht durch Entlastungsbeschlüsse

1. Der Gesellschaftsvertrag begründet eine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern, an der Verfolgung des gemeinsamen Zwecks mitzuwirken. Mit Bezug auf Gesellschafterbeschlüsse resultiert daraus die Pflicht, an der Erörterung der Beschlussgegenstände informiert mitzuwirken und hierüber abzustimmen, wobei die Pflichtenbindung im Vergleich zu Grundlagengeschäften stärker ist, wenn Gegenstand des Beschlusses eine Geschäftsführungsangelegenheit ist.

2. Im Hinblick auf die Frage, ob der Geschäftsleitung, d.h. hier der Komplementärin, die Entlastung erteilt wird, kommt den Gesellschaftern grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum zu.

3. Ein Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Entlastung der Geschäftsführung ist regelmäßig dann nichtig, wenn keine andere Entscheidung als die Versagung denkbar und damit die Entlastung missbräuchlich ist, insbesondere weil dem Geschäftsführer schwere bzw. gravierende Pflichtverletzungen vorzuwerfen sind und der Gesellschaft ein erheblicher Schaden zugefügt wurde.
(nicht amtl.)

 

EuGH 8.5.2019, C-194/18, ECLI:EU:C:2019:385 – Dodič/Banka Koper, Alta Invest
Auslegung des Begriffs des Betriebs- bzw. Unternehmensübergangs im Fall des Übergangs des Kundenstamms

Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12.3.2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist dahin auszulegen, dass die Übernahme der Finanzinstrumente und des sonstigen Vermögens der Kunden eines ersten Unternehmens durch ein zweites Unternehmen infolge der Einstellung der Tätigkeit des ersten Unternehmens und aufgrund eines Vertrags, dessen Abschluss nach nationalem Recht vorgeschrieben ist, auch dann, wenn die Kunden des ersten Unternehmens weiterhin frei darin sind, das zweite Unternehmen nicht mit der Verwaltung ihrer Effekten zu betrauen, einen Übergang eines Unternehmens oder Unternehmensteils darstellen kann, wenn das Vorliegen eines Übergangs des Kundenstamms feststeht, was zu beurteilen Sache des vorlegenden Gerichts ist. In diesem Rahmen ist die Zahl der tatsächlich übergegangenen Kunden, mag sie auch sehr hoch sein, für sich allein nicht ausschlaggebend für die Einstufung als „Übergang“ und kommt dem Umstand, dass das erste Unternehmen als abhängige Börsenmaklergesellschaft mit dem zweiten Unternehmen zusammenarbeitet, grundsätzlich keine Bedeutung zu.
(amtl.)

 

OLG München 20.3.2019, 31 Wx 185/17
Barabfindung für ausgeschlossenen Minderheitsaktionär, Einholung eines Sachverständigengutachten im Spruchverfahren

1. Ein gerichtliches Sachverständigengutachten muss in Spruchverfahren nur eingeholt werden, wenn trotz ergänzender Stellungnahmen bzw. mündlicher Anhörungen des sachverständigen Prüfers weiterer Aufklärungsbedarf besteht und eine weitere Klärung angesichts der Umstände zu erwarten ist.
(amtl.)

2. Weiterer Aufklärungsbedarf ist nicht schon dann anzunehmen, wenn die Ausführungen des vom Hauptaktionär beauftragten Bewerters in einzelnen Punkten (hier in Bezug auf den Betafaktor) von denen des sachverständigen Prüfers abweichen. Letzterer ist aufgrund der gesetzlichen Konzeption gerade nicht mit einem Parteigutachter zu vergleichen.
(amtl.)

3. Zur Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes aufgrund der Empfehlungen der Fachausschüsse des IDW.
(nicht amtl.)

4. Gegen die Unabhängigkeit der sachverständigen Prüfer bestehen keine Bedenken.
(nicht amtl.)

 

BFH 20.2.2019, II R 28/15
Grundstückskaufvertrag zwischen Gesellschaft und Gesellschafter

1. Der Vertrag zwischen einer Gesellschaft und ihrem Gesellschafter, mit dem ein Anspruch des Gesellschafters auf Übereignung eines Grundstücks begründet wird, unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer.

2. Die Bemessungsgrundlage richtet sich nach dem Wert der Gegenleistung und nicht nach dem Grundbesitzwert, wenn der Erwerb des Gesellschafters nicht zu Rechtsänderungen der Gesellschafterstellung führt.
(amtl.)

 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.08.2019 09:08
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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