Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 40)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

OLG Hamm 29.5.2019, 8 U 146/18
Kündigung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund wegen gravierender Compliance-Verstöße

1. Gibt ein GmbH-Geschäftsführer eine Zahlung auf eine – wie er weiß – fingierte Forderung frei, um damit eine Provisionsabrede zu honorieren, die gegen die unternehmensinternen Compliance-Vorschriften über zustimmungsbedürftige Geschäfte verstieß, kann darin eine Pflichtverletzung liegen, die einen wichtigen Grund zur Kündigung des Anstellungsvertrages darstellt. Den Geschäftsführer entlastet dann nicht die Annahme, sein Mitgeschäftsführer habe das Vorgehen gebilligt.

2. Die Kündigung aus wichtigem Grund wegen gravierender Compliance-Verstöße eines Geschäftsführers setzt keine Abmahnung voraus.

3. Die Einberufung der für die Beschlussfassung über die Kündigung zuständigen Gesellschafterversammlung wird nicht unangemessen verzögert, wenn zur Aufklärung des Sachverhalts die konzerneigene Compliance-Abteilung eingeschaltet und dadurch eine Einarbeitungszeit erforderlich wird. Es ist ein Gebot umsichtiger Ermittlungen, diese sorgfältig vorzubereiten und zu organisieren.
Eine Frist von 10 Wochen bis zur Abhaltung der Gesellschafterversammlung kann noch akzeptabel sein, wenn sich etwa wegen Urlaubs und dienstlicher Abwesenheit die beabsichtigte zeitgleiche Befragung mehrerer Personen verzögert und sich aus den Befragungen weiterer Ermittlungsbedarf ergibt.
(alle amtl.)


OLG Düsseldorf 22.3.2018, 26 W 18/14 (AktE) – Mannesmann/Vodafone I
Zugrundelegung von IDW-Standards im Spruchverfahren, Berücksichtigung von Marktpreisen, Nachsteuerbewertung, Ertragsprognose

1. Der Schätzung des Unternehmenswertes können auch neue IDW-Standards für die Unternehmensbewertung zugrunde gelegt werden, selbst wenn sie aus der Zeit nach dem Stichtag der Unternehmensbewertung stammen und zu einer erheblichen Verringerung des Unternehmenswertes führen.

2. Hohe Preise, die am Markt für Unternehmen zur Erlangung der Herrschaft in einem anderen Unternehmen gezahlt werden, bleiben im Rahmen der objektivierten Unternehmensbewertung nach Strukturmaßnahmen außer Betracht. Dasselbe gilt für hypothetische Preise, die andere Interessenten möglicherweise zu zahlen bereit gewesen wären.

3. Gegen die Nachsteuerbewertung auf der Basis eines pauschalierten durchschnittlichen Steuersatzes von 35 % bestehen keine Bedenken.

4. Wenn keine verwertbaren Unternehmensplanungen als Grundlage für die Schätzung der zukünftigen Erträge vorliegen, müssen für die Zwecke der Ertragsprognose sog. bewertungsbezogene Prognosen z.B. über die Höhe der erforderlichen Investitionen aufgestellt werden, die – anders als die Unternehmensplanungen – vom Gericht sorgfältig zu überprüfen sind.

5. Erhebliche steuerliche Ermäßigungen, die erst nach dem Stichtag anfallen, bleiben außer Betracht, wenn sie am Stichtag noch nicht sicher absehbar waren.
(alle nicht amtl.)


OLG Düsseldorf 22.3.2018, 26 W 20/14 (AktE) – Mannesmann/Vodafone II
Überprüfung des Ausgleichs im Spruchverfahren, Relevanz des Betafaktors

1. Der Antrag auf Überprüfung der Kompensation im Spruchverfahren ist unzulässig, wenn der Antragsteller kein schutzwürdiges Interesse an der beantragten Entscheidung hat. So verhält es sich mit dem Antrag auf Neufestsetzung des Ausgleichs gem. § 304 AktG, wenn der Antragsteller infolge des unmittelbar dem Abschluss des Unternehmensvertrages nachfolgenden Ausschlusses der Minderheitsaktionäre gar keinen Ausgleichsanspruch erworben hat.

2. Der Betafaktor des zu bewertenden Unternehmens ist nur relevant, wenn er verlässlich ermittelt und seine zeitliche Stabilität erwartet werden kann. Daran fehlt es vielfach bei konzentrierten Unternehmen. In derartigen Fallgestaltungen ist zur Ermittlung des Betafaktors auf Gruppen vergleichbarer Unternehmen (Peer Groups) zurückzugreifen.
(alle nicht amtl.)


BFH 13.2.2019, XI R 42/17
Rückstellung für Aufbewahrungskosten im DATEV-Rechenzentrum bei Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft

1. Eine Rückstellung für die Kosten der 10-jährigen Aufbewahrung von Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum bei einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft setzt eine öffentlich-rechtliche oder eine zivilrechtliche Verpflichtung zur Aufbewahrung dieser Daten voraus. Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung folgt weder aus § 66 Abs. 1 StBerG noch aus einer eigenständigen öffentlich-rechtlichen Aufbewahrungsverpflichtung des Mandanten bei tatsächlicher Aufbewahrung durch den Berater. Eine zivilrechtliche Verpflichtung für die Dauer der Mandatsbindung reicht nicht aus.

2. Eine Rückstellung für die Kosten der 10-jährigen Aufbewahrung von Handakten im DATEV-Rechenzentrum kann wegen der Abwendungsmöglichkeit (§ 66 Abs. 1 Satz 2 StBerG) nicht allgemein mit einer Aufbewahrungsverpflichtung aus § 66 Abs. 1 Satz 1 StBerG begründet werden.
(amtl.)


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 30.09.2019 12:26
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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