FG Düsseldorf v. 3.9.2020 - 9 K 3300/18 G,F

Zur erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags bei der Hingabe von Darlehen

Gewerblich geprägte Personengesellschaften unterliegen unabhängig von der Art der ausgeübten Tätigkeit der Gewerbesteuer. Allerdings werden sog. Grundstücksunternehmen insofern begünstigt, als ihr Gewerbeertrag gem. § 9 Nr. 1 Sätze 1 und 2 GewStG gekürzt wird. Diese Kürzung entfällt jedoch gem. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG insoweit, als der Gewerbeertrag Vergütungen i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG enthält, die der Gesellschafter für die Hingabe von Darlehen bezogen hat.

Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob Sondervergütungen in Gestalt von Zinsen zur erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages bei der Klägerin berechtigen. Die klagende GmbH und Co KG befasste sich mit der Verwaltung eigener Immobilien. Ihre Grundstücke hatte sie 2008 zu einem Kaufpreis von insgesamt ca. 8,2 Mio. € von ihrem Mehrheitskommanditisten erworben. Der Kaufpreis wurde zum ganz überwiegenden Teil durch die Übernahme bestehender, durch die Grundstücke besicherter Verbindlichkeiten beglichen. Der verbliebene Restbetrag i.H.v. rd. 1,1 Mio. € wurde "bis auf Widerruf" zinslos gestundet und in den folgenden Jahren durch Privatentnahmen des Kommanditisten "verbraucht". Bis zum Streitjahr entstanden aus dem "Stehenlassen" von entnahmefähigen Gewinnanteilen der Gesellschafter positive zu verzinsende Konten.

Nach dem Gesellschaftsvertrag war für jeden Gesellschafter ein Kapitalkonto und ein "Darlehenskonto" zu führen. Auf dem "Darlehenskonto" sollten entnahmefähige Gewinnanteile, Entnahmen, Zinsen, der Ausgaben- und Aufwendungsersatz, die Vorabvergütung sowie der sonstige Zahlungsverkehr der Gesellschaft und dem Gesellschafter gebucht werden. Tatsächlich wurden darauf ausschließlich die entnahmefähigen Gewinne und Privatentnahmen aufgezeichnet. Die Entnahmen waren auf Beträge beschränkt, die zur Zahlung der persönlichen Steuern und öffentlicher Abgaben benötigt würden, soweit diese Steuern und Abgaben auf die Beteiligung an der Klägerin entfallen.

Daneben sollte ein unverzinsliches Verlustvortragskonto separat gebildet werden. Verluste waren vorzutragen und mit späteren Gewinnen auszugleichen und erst dann wieder die Gewinne den Darlehenskonten bzw. dem ebenfalls zu führenden Rücklagenkonto zuzuschreiben. Das Rücklagenkonto war nach als gemeinsames unverzinsliches Konto für nicht entnahmefähige Gewinne vorgesehen, dessen Guthaben ggf. nach Gesellschafterbeschluss auf die Darlehenskonten umzubuchen war. Für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters war bestimmt, dass das Darlehenskonto bei der Berechnung einer Abfindung außer Betracht bleibt und auf den Tag des Ausscheidens auszugleichen ist. Die Verzinsung der Darlehenskonten bezog das Finanzamt nicht in die Kürzung des Gewinnes und der Hinzurechnungen gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ein, sondern qualifizierte sie als Vergütungen i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG. Hiergegen wendet sich die Klägerin.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages der Klägerin in Höhe der streitigen Zinsen versagt. Die Klägerin ist daher nicht in ihren Rechten verletzt.

Die Klägerin ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) und unterliegt deshalb unabhängig von der Art der ausgeübten Tätigkeit der Gewerbesteuer. Allerdings werden sog. Grundstücksunternehmen, zu denen die Klägerin zählt, insofern begünstigt, als ihr Gewerbeertrag gem. § 9 Nr. 1 Sätze 1 und 2 GewStG gekürzt wird. Diese Kürzung entfällt jedoch gem. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG insoweit, als der Gewerbeertrag Vergütungen i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG enthält, die der Gesellschafter für die Hingabe von Darlehen bezogen hat. Letzteres ist hier der Fall.

Der Qualifizierung der Verzinsung als Teil der Gewinnverteilung, wie sie zuletzt von dem Klägervertreter behauptet wurde, und damit entgegen der bisherigen Handhabung nicht als Vergütung gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, kann nicht gefolgt werden. Zwar ist die Bezeichnung eines Kontos für dessen Einordnung als Eigenkapital ausweisendes Konto nicht maßgeblich, jedoch spricht die Auslegung des Gesellschaftsvertrages unter Berücksichtigung der von den Gesellschaftern beabsichtigten Folgen dafür, die Klägerin "beim Wort zu nehmen" und die Zinsen als Ergebnis von Darlehenshingaben zu behandeln. Denn sämtliche bis dahin dokumentierten Äußerungen und Erklärungen der Klägerin haben die der Verzinsung zu Grunde liegende Beziehung der Klägerin zu ihren Gesellschaftern ausdrücklich als Darlehensverhältnis bezeichnet. Dem entsprechen die tatsächliche Verfahrensweise und die vorgenommene Verbuchung.

Die Zinsen als Vergütung i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG nicht Teil der Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Eine Einschränkung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG im Wege der teleologischen Reduktion ist nicht vorzunehmen. Zwar wohnt der Vorschrift, gemessen an dem während des Gesetzgebungsvorgangs geäußerten Willen der an der Gesetzgebung beteiligten Organe, eine überschießende Tendenz inne: Denn es sollten insbesondere steuerliche Gestaltungen im Zusammenhang mit der erweiterten Kürzung für Grundstücksunternehmen in der Rechtsform der Personengesellschaft verhindert werden, bei denen Erträge, die die Gesellschaft gewerbesteuerpflichtigen Dritten für erbrachte Leistungen zahlt, in den Kürzungsumfang einbezogen werden, weil der Dritte Gesellschafter der Gesellschaft ist.

Demgegenüber erfasst der Gesetzeswortlaut sämtliche Vergütungen i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ohne Rücksicht darauf, ob die gewerbesteuerliche Zielsetzung beeinträchtigt wird. Im Falle der Klägerin ist, anders als die als Folge ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen beiden anderen Gesellschafter, die Komplementär-GmbH und die Kommanditisten-GmbH, der Mehrheitskommanditist von der im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Zielsetzung nicht erfasst, da er nicht gewerbesteuerpflichtiger Dritter war. Gleichwohl ist im Rahmen der dem Steuergesetzgeber zustehenden Typisierung der steuerlichen Behandlung von Sachverhalten die überschießende Auswirkung der Norm insbesondere und auch in Bezug auf den Mehrheitskommanditisten angesichts des eindeutigen Regelungstextes hinzunehmen.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 18.09.2020 10:30
Quelle: Rechtsprechungsdatenbank NRW

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