FG Baden-Württemberg v. 24.6.2020 - 7 K 2351/17 u.a.

Keine Schenkung an Mitgesellschafter: Zum Verzicht eines Gesellschafters auf Teilnahme an einer Kapitalerhöhung

Der Verzicht eines Gesellschafters auf Teilnahme an einer Kapitalerhöhung einer Kapitalgesellschaft gegen Wertausgleich führt nicht zu einer gemischten Schenkung an die Mitgesellschafter. Gesellschafterbeschlüsse können den gesetzlichen Übergang nach dem HGB in das Eigenkapital der Kapitalgesellschaft nicht verhindern.

Der Sachverhalt:
Der Kläger, sein Vater und sein Bruder (Kläger im Parallel-Verfahren 7 K 2352/17) errichteten im Jahr 2006 eine Verwaltungs-GmbH mit einem Stammkapital von 27.000 € zu je einem Drittel. Unternehmensgegenstand war der Erwerb, die Verwaltung, Nutzung und Verwertung eigenen Vermögens sowie die Beteiligung an anderen Unternehmen. Der Gewinn stand den Gesellschaftern grundsätzlich im Verhältnis ihrer Beteiligung zu. Die Gesellschafter beschlossen noch 2006, dass die zur Nutzung eingebrachten Vermögenswerte den Kapitalrücklagen zugeführt und "für jeden Gesellschafter Verrechnungskonten geführt werden, auf die die Gewinnanteile der Gesellschafter, Entnahmen aus den Kapitalrücklagen und Einlagen zunächst gebucht werden".

Jeder Gesellschafter konnte über seinen Teil der Rücklagen frei verfügen. Bei disquotalen Einlagen blieb jeder Gesellschafter Rechtsinhaber und Eigentümer seines Kapitalrücklagenanteils. Kurz darauf übertrug der Vater treuhänderisch Depotvermögen von rd. 4 Mio. € auf die GmbH. Gebucht wurden "Verbindlichkeiten" an den Vater. Seine Einzahlung von 200.000 € wurde als "Kapitalrücklage" gebucht. 2007 beschlossen die Gesellschafter die Umbuchung der auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto des Vaters bestehenden Verbindlichkeiten in die Kapitalrücklage der GmbH. Weitere Einzahlungen des Vaters in die Kapitalrücklage bis 2010 folgten.

2012 beschlossen die Gesellschafter eine Erhöhung des Stammkapitals auf 554.500 €. Der Kläger und sein Bruder brachten jeweils Sacheinlagen i.H.v. 263.750 € ein. Der Vater verzichtete auf die Teilnahme an der Kapitalerhöhung. Dadurch verringerte sich seine Beteiligungsquote auf 1,623084 %. Zum Ausgleich des Wertverlusts sagten der Kläger und sein Bruder notariell beurkundet lebenslängliche Zahlungen an den Vater und die Mutter zu. Das Finanzamt war der Ansicht, der väterliche Wertverlust sei nicht vollständig ausgeglichen worden. Es liege eine gemischte Schenkung an die Söhne vor.

Das FG gab den hiergegen gerichteten Klagen statt und hob die Schenkungsteuerbescheide auf. Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig. Die beim BFH anhängigen Nichtzulassungsbeschwerden des Finanzamts werden dort unter den Az. II B 54/20 und II B 55/20 geführt.

Die Gründe:
Nimmt ein Gesellschafter an einer Kapitalerhöhung nicht im vollen Umfang des ihm zustehenden Bezugsrechts teil und lässt er dieses Bezugsrecht insoweit verfallen, kann zwar dieser Verzicht eine steuerbare Zuwendung im Sinne des ErbStG an den an der Kapitalerhöhung Teilnehmenden und bei einem offensichtlich unzureichenden Wertausgleich eine gemischte Schenkung sein. Vorliegend ist das Finanzamt jedoch von einem zu hohen Umfang der Bereicherung der Mitgesellschafter ausgegangen.

Das Finanzamt hat einerseits nicht berücksichtigt, dass die Aufstockung der Kapitalrücklage auf disquotalen Einlagen beruhte, die nach der alten Rechtslage noch nicht der Schenkungsteuer unterlagen. Andererseits führt die Umbuchung als Kapitalrücklage nach dem HGB zu Eigenkapital der GmbH. Das Eigenkapital steht allein der Kapitalgesellschaft und nicht den Gesellschaftern zu.

Entgegen den Ausführungen des Finanzamts können Gesellschafterbeschlüsse den gesetzlichen Übergang des Vermögens in das Kapital der GmbH nicht verhindern. Infolgedessen liegt jeweils eine angemessene Gegenleistung für den Zuwendungsgegenstand vor. Es kommt nicht zu einer Bereicherung der Söhne als Mitgesellschafter der Verwaltungs-GmbH, die Gegenstand einer gemischten Schenkung sein kann.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.10.2020 17:56
Quelle: FG Baden-Württemberg PM Nr. 11 vom 15.10.2020

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