Aktuell in der GmbHR

Fallstricke der gGmbH (Weitemeyer, GmbHR 2021, 57)

Die gemeinnützige GmbH erfreut sich in Deutschland großer Beliebtheit. Bei Gründung, laufender Geschäftsführung und Liquidation sind die gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen an die Satzungsgestaltung und die tatsächliche Geschäftsführung zu beachten. Darin liegen einige nicht offensichtliche Fallstricke. Geht die Gemeinnützigkeit für einzelne Jahre oder dauerhaft verloren, drohen erhebliche Steuernachzahlungen und die persönliche Haftung der Geschäftsführer.

I. Einsatz und Verbreitung
II. Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts

1. Gründungsaufwand
2. Gesellschaftszweck
3. Anerkennungsverfahren
4. Gewinnausschüttungsverbot
5. Organe
a) Organstruktur und Governance
b) Bestellung, Anstellung und Vergütung der Geschäftsführung
c) Gemeinnützige GmbH als Finanzierungsgesellschaft
d) Sorgfaltspflichten, Haftung
III. Wirtschaftliche Betätigung und hybride Gestaltungen
1. Gründe
a) Gestaltungen mittels gewerblicher Tochtergesellschaften und gemeinnütziger Konzerne
aa) Nichtgemeinnützige Tochtergesellschaften als Mittelbeschaffungsgesellschaften
bb) Gemeinnützige Tochtergesellschaften
cc) Nichtgemeinnützige Servicegesellschaften
dd) Einordnung von Veräußerungserlösen
b) Schutz gewerblicher Konkurrenten vor Zweckbetrieben
c) Gefahr der Betriebsaufspaltung
d) Gemeinnützigkeitsrechtliche Folgen der umsatzsteuerlichen Organschaft
IV. Fazit


I. Einsatz und Verbreitung

1
Neben rund 600.000 Idealvereinen  und 23.000 Stiftungen  als geborene Non-Profit-Organistionen ohne vermögensrechtliche Beteiligungen von Mitgliedern ist die gemeinnützige GmbH als Akteurin der Zivilgesellschaft in Deutschland  weit verbreitet. Man geht von rund 25.300 gGmbHs aus.  Die gGmbH kann (ebenso wie ihre große Schwester, die AG)  gem. §§ 1, 4 Satz 2 GmbHG für jeden beliebigen, gesetzlich zulässigen Zweck vorgesehen werden und ist damit für gemeinwohlorientierte Unternehmen attraktiv. 

2
Die Rechtsform der GmbH bietet sich für gemeinnützige Vorhaben mit hohem Kapitaleinsatz an, z.B. für große Forschungseinrichtungen oder für sog. Stiftungs-GmbHs,  mit denen Stiftungen mit den Mitteln des Gesellschaftsrechts simuliert werden, um eine größere Flexibilität anzustreben und die behördliche Stiftungsaufsicht zu vermeiden.  Ihre Governance-Struktur mit Weisungsbefugnis der Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsführer (§ 37 Abs. 1 GmbHG) erweist sich zur Führung sozialer Unternehmen etwa der Wohlfahrtspflege als besser geeignet als ein Verein mit vielen Mitgliedern. Die Gesellschafterversammlung kann den Geschäftsführern gem. § 37 Abs. 1 GmbHG im Innenverhältnis bis ins Detail genaue Weisungen im Hinblick auf die Geschäftsführung erteilen. Solche Einflussmöglichkeiten sind insbesondere dann sinnvoll, wenn die gemeinnützige GmbH dem Zusammenschluss mehrerer gemeinnütziger oder sonstiger Rechtsträger in einem Joint Venture dienen soll, etwa einer gemeinsamen Forschungseinrichtung mehrerer Universitäten.  Im Außenverhältnis sind diese Weisungen gem. § 37 Abs. 2 GmbHG jedoch ohne Bedeutung, d.h., dass die Geschäftsführer trotz gegenteiliger Weisung die Gesellschaft gegenüber Dritten verpflichten können. Darüber hinaus ist die Gesellschafterversammlung berechtigt, die Geschäftsführer zu überwachen, § 46 Nr. 6 GmbHG. Beim Verein kann demgegenüber die Vertretungsmacht auch nach außen wirksam beschränkt werden,  so dass zwar die Mitgliederversammlung nicht unmittelbar in die Geschäftsführung „hineinregieren“ kann, die Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands im Allgemeinen aber beschränkt werden kann. Für den Rechtsverkehr, etwa mit Banken, bedeutet dies eine größere Sicherheit im Umgang mit einer GmbH gegenüber einem Verein. Der Gesellschafter der GmbH ist nach innen gleichwohl an die Weisungen gebunden und würde sich bei einem Verstoß schadenersatzpflichtig machen oder könnte aus dem Amt abberufen werden. Da die GmbH anders als Verein oder Stiftung alle Vorgaben des Kapital- und Insolvenzschutzes erfüllen muss, das Unternehmensmitbestimmungsrecht anwendbar ist, sie in das Handelsregister mit Publiziätswirkung der Vertretungsregelungen eingetragen wird (§ 10 Abs. 1 GmbHG) und zur Rechnungslegung (§§ 328, 267 HGB) und deren Offenlegung beim elektronischen Bundesanzeiger (§ 325 HGB) verpflichtetet ist,  ist sie für den Rechtsverkehr als Vertragspartnerin kalkulierbar.

3
Die Rechtsform der GmbH ist im Vergleich zum Verein vorzugswürdig, wenn der Kreis der Gesellschafter zahlenmäßig klein und nicht darauf angelegt ist, dass weitere Mitglieder beitreten sollen, denn die Übertragung der Gesellschaftsanteile kann nach § 15 Abs. 5 GmbHG eingeschränkt (vinkuliert) werden. Soll hingegen eine Vielzahl von Beteiligten gesellschaftlich eingebunden werden, ist wiederum der Beitritt zu einer GmbH aufgrund der Notwendigkeit der notariellen Beurkundung weit aufwendiger.

4
Anders als beim Idealverein spielt es bei der GmbH keine Rolle, ob ein wirtschaftlicher oder ein ideeller Zweck verfolgt wird. Das hat den Vorteil, dass die Rechtsform auch bei einer Weiterentwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeit passend bleibt, während beim Idealverein die Grenzen des Nebenzweckprivilegs einzuhalten  oder die wirtschaftlichen Tätigkeiten auf gewerbliche Tochtergesellschaften auszugründen sind.  Zudem lässt sich eine GmbH als Einpersonengesellschaft auch durch nur einen Initiatior, etwa eine Stiftung oder einen Verein, gründen (§ 1 GmbHG),  während beim Verein sieben Gründungsmitglieder erforderlich sind, § 56 BGB.

5
§ 4 Satz 2 GmbHG erlaubt seit der Änderung durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes vom 21.3.2013  ausdrücklich, dass die GmbH im Rechtsverkehr ein kleines „g“ als Abkürzung für „gemeinnützig“ in der Firma führen darf, ohne dass dies ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.01.2021 16:37
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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