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Die Digitalisierung des deutschen Gesellschaftsrechts durch den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungs-RL im Gesellschaftsrecht und Handelsregisterrecht - RefE-DiRUG (Knaier, GmbHR 2021, 169)

Am 18.12.2020 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) den lange erwarteten Referentenentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungs-RL im Gesellschaftsrecht und Handelsregisterrecht (RefE-DiRUG) veröffentlicht. Hiermit wird ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Digitalisierung des deutschen Gesellschaftsrechts gegangen. Das DiRUG soll die Richtlinie (EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht umsetzen. Wesentliche Neuerungen sind hierbei die Ermöglichung einer Onlinegründung für die GmbH und die weitere Digitalisierung der Verfahren zur Registeranmeldung bei Kapitalgesellschaften sowie Regelungen zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch zu inhabilen Geschäftsführern. Flankiert wird dieses Konzept durch eine Verbesserung der Registervernetzung und Informationszugänglichkeit im Binnenmarkt sowie eine angestrebte Verbesserung des Informationsaustauschs über Zweigniederlassungen im grenzüberschreitenden Kontext.

I. Der Weg zum DiRUG
1. Bestrebungen für mehr Digitalisierung im unionalen Gesellschaftsrecht
2. Das Company Law Package 2018
3. Die Digitalisierungs-RL 2019
4. Der Referentenentwurf und der weitere Verfahrensgang
II. Die neuen Onlineverfahren nach dem DiRUG
1. Erfasste Gesellschaftsformen
2. Person und Anzahl der Gründer
3. Gestaltung des notariellen Onlineverfahrens
4. Identifizierung im notariellen Onlineverfahren
5. Gründung mittels Satzungsmustern
III. Neuregelung der Geschäftsführerinhabilität
1. Erweiterung der Inhabilitätsgründe
2. Grenzüberschreitender Informationsaustausch zur Geschäftsführerinhabilität
3. Weiterer Regelungsbedarf
IV. Verbesserung der Registervernetzung und Informationszugänglichkeit im Binnenmarkt
V. Verbesserung des Informationsaustauschs über Zweigniederlassungen im grenzüberschreitenden Kontext
VI. Digital first, Bedenken second?


I. Der Weg zum DiRUG

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Vorweggenommen sei, dass der RefE-DiRUG einen gelungenen Meilenstein auf dem Weg zu einem modernen und digitalen Gesellschaftsrecht in Deutschland darstellt.  Gleichwohl war der Weg lang und mit Hindernissen gespickt, bis ein solcher Gesetzesentwurf vorgelegt werden konnte.

1. Bestrebungen für mehr Digitalisierung im unionalen Gesellschaftsrecht
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Bereits die Juncker-Kommission hatte sich mit ihrem Amtsantritt zehn Prioritäten für den Zeitraum ihrer Berufung vorgenommen.  Eines dieser Kernthemen war der digitale Binnenmarkt, der auch die digitale Wirtschaft und in diesem Segment digitale Lösungen für das Gesellschaftsrecht umfasst.  Das Arbeitsprogramm der Kommission für das Jahr 2017 kündigte eine „Initiative zum Unternehmensrecht [an], die den Einsatz digitaler Technologien während des Lebenszyklus eines Unternehmens sowie bei grenzüberschreitenden Unternehmensverschmelzungen und -spaltungen fördern soll“.  Im Jahr 2017 wurde dieses als „Company Law Upgrade Package“ angekündigte Maßnahmenpaket allerdings nicht mehr veröffentlicht.

2. Das Company Law Package 2018
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Nach mehrmaliger Verschiebung erschien das „Company Law Package“ letztlich am 25.4.2018.  Neben einem Vorschlag zur Novellierung der früheren Verschmelzungsrichtlinie und der erstmaligen Kodifikation der grenzüberschreitenden Sitzverlegung sowie der grenzüberschreitenden Spaltung  war das Herzstück des Pakets ein Vorschlag betreffend den Einsatz digitaler Instrumente und Verfahren im Gesellschaftsrecht.  Dieser Vorschlag sollte sich in den Augen der Kommission nicht auf einzelne Teilbereiche des Gesellschaftsrechts beschränken, sondern umfassend den Einsatz digitaler Instrumente im gesamten Lebenszyklus einer Gesellschaft ermöglichen und fördern. 

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Regelungstechnisch schlug die Kommission keine neue, für sich stehende Richtlinie vor, sondern eine Ergänzung der erst ein Jahr zuvor konsolidierten Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (nachfolgend „Gesellschaftsrechts-RL“).  Gestützt wurde der Regelungsvorschlag auf Art. 50 Abs. 1 und 2 AEUV.  Speziell gab die Kommission an, dass Art. 50 Abs. 2 Buchst. f AEUV eine schrittweise Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und Art. 50 Abs. 2 Buchst. g AEUV Koordinierungsmaßnahmen zum Schutz der Interessen von Unternehmen und anderen Interessengruppen vorsieht. Im Hinblick auf den Subsidiaritätsgrundsatz (Art. 5 Abs. 3 EUV) verwies die Kommission darauf, dass nur auf supranationaler Ebene das übergeordnete Regelungsziel des reibungslosen Funktionierens des EU-Binnenmarkts während der gesamten Dauer des Lebenszyklus eines Unternehmens zu gewährleisten sei. Hierzu gehört nach Ansicht der Kommission auch die Kommunikation mit Behörden bei der Gesellschaftsgründung und Übermittlung von Daten und Dokumenten.  Hinsichtlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes führte die Kommission an, dass Onlinelösungen eine deutliche Zeit- und Kostenersparnis mit sich bringen würden.  Insoweit bestanden bereits keine gewichtigen Zweifel, dass die Kommission hier von ihrem Initiativrecht Gebrauch machen durfte.

3. Die Digitalisierungs-RL 2019
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Der Digitalisierungsteil des Company Law Package durchlief innerhalb von lediglich etwas mehr als zwölf Monaten das ordentliche Gesetzgebungsverfahren nach Art. 294 AEUV.  Der Rechtsausschuss im Europäischen Parlament hatte am 20.11.2018 seinen Bericht  zum Entwurf der Digitalisierungs-RL angenommen. Das Plenum des Europäischen Parlaments billigte daraufhin am 6.12.2018 die Aufnahme von Trilogverhandlungen.  Nahezu zeitgleich einigte sich die zuständige Ratsarbeitsgruppe auf ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 09.02.2021 16:44
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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