Aktuell in der GmbHR

Früherkennungssystem als Instrument zur Krisenfrüherkennung nach dem StaRUG (Nickert/Nickert, GmbHR 2021, 401)

Der Gesetzgeber hat mit § 1 StaRUG ein Früherkennungssystem für bestandsgefährdende Entwicklungen, insbesondere auch für die GmbH und GmbH & Co. KG kodifiziert. Mit dem Beitrag sollen die Anforderungen für die Gesellschaft und deren Geschäftsführer aufgezeigt sowie der Nutzen solcher Systeme dargelegt werden. Für die Beurteilung des Gesamtrisikoumfangs bedarf es einer integrierten Unternehmensplanung. Die Darstellung der Risikoaggregation gelingt am besten mit einer Monte-Carlo-Simulation: Beide Instrumente – integrierte Unternehmensplanung und Monte-Carlo-Simulation – sind ein ideales und stabiles Fundament für unternehmerische Entscheidungen sowie eine professionelle Unternehmenssteuerung und damit für ein stabiles und erfolgreiches Unternehmen.

I. Einleitung

II. Lösung bzw. Mittel der Wahl: Früherkennungssystem

1. Verpflichtung zur Einrichtung eines Früherkennungssystems besteht „sowieso“

2. Wann drohen bestandsgefährdende Entwicklungen?

a) Definition Risiko – Risikoidentifikation

b) Risikobewertung bzw. Risikoquantifizierung

c) Risikoaggregation

3. Ausgestaltung des Früherkennungssystems

a) Umsetzung eines Früherkennungssystems nach § 91 AktG in der Praxis

b) Verantwortlichkeit liegt beim Vorstand bzw. bei der Geschäftsführung

c) Orientierung am IDW PS 340 (2020)

d) Integrierte Unternehmensplanung – erforderlich?

e) Risikoinventar

f) Risikoaggregation

aa) Heuristiken

bb) Experteneinschätzung

cc) Szenarien

dd) Historische Simulation

ee) Monte-Carlo-Simulation

ff) Risikotragfähigkeit

(1) Quantifizierung der Risikotragfähigkeit

(2) Unternehmensindividuelles Risikotragfähigkeitskonzept

(3) Sonderfall Krisenunternehmen

gg) Ausnahmen für KMU

III. Vorteile des Früherkennungssystems

1. Unterstützung bei operativen und strategischen Entscheidungen

2. Steigerung des Unternehmenswerts

3. Legalitätspflicht

a) Vermeidung der Haftung für den Geschäftsführer

b) Ein Früherkennungssystem erfüllt gleichzeitig die Anforderungen aus der Business Judgement Rule (BJR)

c) Voraussetzung des präventiven Restrukturierungsrahmens und der Eigenverwaltung

4. Vertrauen bei Kapitalgebern wird gestärkt und  gefestigt

5. Geschäftsbeziehungen zu Kunden und Lieferanten

6. Qualifizierter Überblick über die eigene Risikolage

7. Steuerungsrelevanz

8. Schafft (Reaktions-)Zeit

9. Resilienz des Unternehmens

10. Environment Social Governance (ESG) kann  abgebildet werden

IV. Praxis-Tipps zur Einführung und Umsetzung eines Früherkennungssystems

1. Lieber klein anfangen – aber: anfangen!

2. Monte-Carlo-Simulation zur Risikoaggregation

3. Erleichterungen für Klein(st)-GmbHs und UGs

V. Zusammenfassung


I. Einleitung

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Zum 1.1.2021 ist das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG) in Kraft getreten. Dieses Gesetz ist ein Bestandteil der Umsetzung der EU‑Richtlinie zum EU-Restrukturierungsrahmen.

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Gleich zu Beginn, in § 1 Abs. 1 Satz 1 StaRUG, heißt es: „Die Mitglieder des zur Geschäftsführung berufenen Organs einer juristischen Person (Geschäftsleiter) wachen fortlaufend über Entwicklungen, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können.“ Geschäftsleiter müssen folglich über den Bestand des Unternehmens gefährdende Entwicklungen, also Risiken, wachen. Dies ist nunmehr klarstellend im Gesetz geregelt.

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Vorsicht: Diese Verpflichtung trifft die Geschäftsleiter aller juristischen Personen – nicht etwa nur der „kriselnden“. Die Regelung steht zwar im StaRUG, sie sieht aber keine Einschränkung hinsichtlich der Finanz- bzw. Liquiditäts- oder Überschuldungslage der jeweiligen Gesellschaft vor – das Gesetz gilt für alle juristischen Personen. Genau das ist nämlich Sinn und Zweck der Vorschrift, dass das Früherkennungssystem schon in noch recht guten Zeiten Alarm schlägt, wenn sich in der Ferne bestandsgefährdende Entwicklungen abzeichnen.

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Über den Verweis in § 1 Abs. 2 StaRUG gilt diese Verpflichtung zur Überwachung der Bestandsgefährdung auch für die GmbH & Co. KG: „Bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne von § 15a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 der Insolvenzordnung gilt Absatz 1 entsprechend für die Geschäftsleiter der zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter“.

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Daher stellen sich folgende Fragen: „Was sind überhaupt bestandsgefährdende Entwicklungen?“ und „Wie könnte ein solches Überwachungssystem aussehen?“.

II. Lösung bzw. Mittel der Wahl: Früherkennungs­system
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Für diese Überwachung bietet sich u.E. ein systematisches Früherkennungssystem an, das fest im Unternehmen und in der Unternehmenskultur verankert ist, also fortwährend mit Informationen versorgt wird. Nur so kann es dann auch seine Funktion erfüllen und rechtzeitig, also früh genug, entsprechende Entwicklungen erkennen. Eine einmalige Bestandsaufnahme von Risiken ist an dieser Stelle nicht ausreichend. Die Gefährdungssituation verändert sich heutzutage in dynamischen Märkten quasi täglich und nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 StaRUG müssen die bestandsgefährdenden Entwicklungen „fortlaufend“ überwacht werden. Ebenso wenig reicht das standardmäßige Abhaken von Risiko-Checklisten. Systematisch kann hier ein Vergleich mit dem Rechnungswesen hilfreich sein: Auch hierbei handelt es sich um eine Funktion, die permanent und aktuell ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.04.2021 07:09
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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