Aktuell in der GmbHR

Schutz der Altgesellschafter vor Verwässerung ihrer Beteiligung bei einer gemeinnützigen GmbH? (Lenenbach, GmbHR 2021, 468)

In der anwaltlichen Beratung gemeinnütziger GmbHs stößt man immer wieder auf Problematiken, die in der Literatur zum Recht der GmbH nicht angesprochen werden und bisher auch nicht Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung waren. Eine solche Frage ist diejenige, ob die Gesellschafter einer gemeinnützigen GmbH (gGmbH) bei einer Kapitalerhöhung vor Verwässerung ihrer Anteile geschützt sind, um zu gewährleisten, dass ihre prozentuale Beteiligung am Stammkapital vor der Kapitalerhöhung derjenigen nach der Kapitalerhöhung entspricht. Diese Problematik des im GmbH-Recht nicht gesetzlich geregelten Schutzes der Altgesellschafter wird bei der unternehmerisch tätigen GmbH von der h.M. in Anknüpfung an die Rechtslage bei der AG gelöst. Eine Übertragung der Rechtslage auf die gGmbH ruft bei näherem Hinsehen erhebliche Störgefühle hervor, die letztlich auf ein Spannungsverhältnis des Gemeinnützigkeitsrechts zu dem für die unternehmerisch tätige GmbH konzipierten GmbH-Recht zurückzuführen sind. Die gefundene Lösung – kein Bezugsrecht bei einer gGmbH – versteht sich auch als ein Beitrag zu der Frage, ob gemeinnützige Organisationen eigener gesellschaftsrechtlicher Regeln bedürfen, d.h. ob es Einwirkungen des Gemeinnützigkeitsrechts auf das Gesellschaftsrecht gibt.

I. Bezugsrechtsausschluss bei der kapitalistisch- unternehmerisch tätigen GmbH
1. Beispielsfälle
2. Schutz der Gesellschafter einer kapitalistischen GmbH bei einer Kapitalerhöhung und dessen  Herleitung
a) Bezugsrecht der Altgesellschafter der GmbH  analog § 186 AktG
b) Kein Bezugsrecht im GmbH-Recht
c) Bezugsrecht aufgrund Gleichbehandlungsgrundsatz und Treuepflicht
d) Gründe für den Schutz der Altgesellschafter
e) Prüfung des Bezugsrechtsausschlusses anhand der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit
f) Lösung der Beispielsfälle
3. Das Aktienrecht als Anknüpfungsmaßstab
II. Kein Bezugsrecht bei der gGmbH
1. Keine vermögensmäßige Beteiligung der Gesellschafter an einer gGmbH
2. Kein Bezugsrecht der Altgesellschafter mangels schützenswerter Rechte
3. Unterschiedliche Rechtslage bei unternehmerischer und gemeinnütziger GmbH
III. Parallelwertung beim Idealverein
1. Kein Bezugsrecht bei Aufnahme neuer Vereinsmitglieder
2. Mitgliedschaftsrechte bei AG und Idealverein
a) Mitgliedschaft in AG als kapitalistische Beteiligung
b) Vereinsmitgliedschaft im Verein als ideelle  Beteiligung
IV. Zusammenfassende Betrachtung: Bezugsrecht als Schutz der kapitalistischen Beteiligung


I. Bezugsrechtsausschluss bei der kapitalistisch-unternehmerisch tätigen GmbH

1
Die Diskussion, ob es bei einer GmbH ein Bezugsrecht der Altgesellschafter gibt, und unter welchen Voraussetzungen dieses Recht ausgeschlossen werden kann, wurde in den 1980er Jahren intensiv geführt.  Im Ergebnis besteht Einigkeit, dass die Altgesellschafter einer GmbH (genauer: einer kapitalistisch-unternehmerisch tätigen GmbH) im Fall einer Kapitalerhöhung auch an den neuen Stammanteilen nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu beteiligen sind, und ein vollständiger oder teilweiser Ausschluss eines Gesellschafters von der Teilhabe an der Kapitalbeteiligung einer besonderen Rechtfertigung bedarf.

1. Beispielsfälle
2
Die drei Gesellschafter, A, B und C einer X GmbH, die Fenster produziert, beschließen auf der Gesellschafterversammlung die Erhöhung des Stammkapitals um 50 %. Zugleich beschließt die Gesellschafterversammlung gegen die Stimme des C, der mit 10 % am Stammkapital beteiligt ist, dass die neuen Anteile ausschließlich von Gesellschafter A übernommen werden, da die Gesellschaft dringend neue Finanzmittel benötigt, die sie nur von ihrem Gesellschafter A, nicht aber von einem fremden Dritten erhalten kann.

3
Die Gesellschafterversammlung der GmbH beschließt, dass die neuen Anteile allein von dem neu eintretenden Gesellschafter D übernommen werden, der aufgrund hervorragender Verbindungen zu Bauunternehmern für dringend benötigte neue Aufträge sorgen kann.

4
Die Gesellschafterversammlung der GmbH nimmt mittels Barkapitalerhöhung zwei neue Gesellschafter auf, ohne dass den Altgesellschaftern die Option eingeräumt wird, die neuen Anteile zu übernehmen. Bis auf das frische Kapital und die Verstärkung der personellen Basis bringen die neuen Gesellschafter der GmbH keine weiteren Vorteile.

2. Schutz der Gesellschafter einer kapitalistischen GmbH bei einer Kapitalerhöhung und dessen Herleitung
5
Im Ergebnis besteht Einigkeit, dass die Altgesellschafter einer GmbH bei einer Kapitalerhöhung vor einer Verwässerung ihrer Beteiligung zu schützen sind. Die quotale Beteiligung muss nach der Kapitalmaßnahme genauso hoch sein wie vor der Maßnahme.

a) Bezugsrecht der Altgesellschafter der GmbH analog § 186 AktG
6
Die heute wohl herrschende, aber keineswegs einhellige Ansicht schafft diesen Schutz über ein ungeschriebenes gesetzliches Bezugsrecht der GmbH-Gesellschafter, das auf eine Analogie zu § 186 AktG gestützt  oder dessen Grundlage unmittelbar in ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.05.2021 15:12
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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