Aktuell in der GmbHR

Die Onlinegründung der GmbH nach dem DiRUG (Stelmaszczyk/Kienzle, GmbHR 2021, 849)

Am 10.6.2021 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) verabschiedet. Der Bundesrat hat am 25.6.2021 von der Anrufung des Vermittlungsausschusses abgesehen. Damit konnte das Gesetzgebungsverfahren noch rechtzeitig vor dem Ende der laufenden Legislaturperiode abgeschlossen werden. Herzstück des DiRUG sind die Neuregelungen zur Onlinegründung einer GmbH und zur Onlinebeglaubigung von Handelsregisteranmeldungen. Diesen ist der vorliegende Beitrag gewidmet. Dabei soll auch auf typische Problemfälle der Gründungspraxis eingegangen und aufgezeigt werden, wie diese im neuen Onlineverfahren zu lösen sind.


I. Von der SUP zum DiRUG – ein kurzer Rückblick

II. Die Onlinegründung der GmbH

1. Anwendungsbereich

a) Bargründungen

b) Im Rahmen der Gründung gefasste Beschlüsse

c) Keine sonstigen Beurkundungsgegenstände

d) Einzelfälle

e) Fehlerfolgen

2. Wahlmöglichkeit zwischen Präsenz- und Onlineverfahren

a) Ablehnung des Onlineverfahrens nur im Ausnahmefall

b) Ablehnung wegen technischer Störung

3. Ablauf des Onlinegründungsverfahrens

a) Überblick

b) Videokommunikationssystem und Onlineportal der Bundesnotarkammer

c) Notarauswahl und örtliche Zuständigkeitsregelung

d) Identifizierungsverfahren

e) Gründung durch juristische Personen und Personengesellschaften

f) Gründung durch rechtsgeschäftlich Bevollmächtigte

g) Musterprotokolle

h) Gemischte Beurkundungen

i) Elektronische Gründungsurkunde

j) Kosten

4. Kapitalaufbringung und Eintragung

5. Gesellschafterliste

6. Bündelung weiterer Schritte zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs (One-Stop-Shop)

III. Onlinebeglaubigung von Registeranmeldungen

1. Anwendungsbereich

2. Verfahren

IV. Fazit und Ausblick


I. Von der SUP zum DiRUG – ein kurzer Rückblick

The long and winding road to the online formation of companies has finally come to an end – oder: Was lange währt, wird endlich gut! Mit dem DiRUG setzt der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben der DigitalisierungsRL (EU) 2019/1151 um. In deren Zentrum steht die unionsweite Onlinegründung von Kapitalgesellschaften; daneben werden u.a. Onlineverfahren für Registeranmeldungen und die Einreichung von Gesellschaftsunterlagen sowie für Zweigniederlassungen geregelt. Regelungstechnisch nimmt die DigitalisierungsRL hierzu Änderungen an der Richtlinie (EU) 2017/1132 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (GesRRL) vor.

Der DigitalisierungsRL selbst ging ein wechselvoller Weg voraus. An seinem Ausgangspunkt stand der Richtlinienvorschlag zur Einpersonengesellschaft aus dem Jahr 2014, wonach die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht neben der herkömmlichen Einpersonen-GmbH, -Ltd., -S.à r.l. etc. eine besondere Form der Einpersonengesellschaft mbH (Societas Unius Personae – SUP) zur Verfügung stellen sollten. Kernstück des Vorschlags war eine weitreichende Vereinheitlichung des Gründungsverfahrens, das online und unter Verwendung einer EU-weit standardisierten Mustersatzung durchführbar sein sollte. Vorgesehen waren weiterhin eine Harmonisierung des Kapitalschutzes (Mindestkapital von 1 €, kein Thesaurierungszwang; Ausschüttungen aufgrund eines Bilanz- und Solvenztests) und ansatzweise der Organisationsverfassung. Der Vorschlag scheiterte jedoch aufgrund der mit ihm verbundenen Missbrauchsgefahren – insbesondere im Hinblick auf Onlinegründungen – im Europäischen Parlament.

Die Europäische Kommission bekräftigte jedoch nur kurze Zeit später in ihrem EU-eGovernment-Aktionsplan 2016–2020, dass sie eine Initiative plane, um die Nutzung digitaler Lösungen nunmehr im gesamten Lebenszyklus von Unternehmen zu erleichtern. Dabei wolle sie im Bereich der Digitalisierung sogar über den Richtlinienvorschlag zur SUP hinausgehen.

Diese Initiative brachte die Kommission mit ihrem im April 2018 vorgelegten „Company Law Package“ auf den Weg. Das Paket umfasste zwei Änderungsvorschläge für die GesRRL: Neben einem Legislativentwurf zu grenzüberschreitenden Umwandlungen von Unternehmen unterbreitete die Kommission einen Richtlinienvorschlag „im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht“ (DigitalisierungsRL-E).

Von da an ging es schnell. Tatsächlich konnte das Gesetzgebungsverfahren in rekordverdächtigem Tempo abgeschlossen werden. Nachdem der Rechtsausschuss des Parlaments im November 2018 seinen Bericht zum DigitalisierungsRL-E angenommen hatte, billigte das Plenum am 6.12.2018 die Aufnahme von Trilogverhandlungen. Nahezu zeitgleich einigte sich die zuständige Ratsarbeitsgruppe auf einen Kompromisstext, auf dessen Grundlage der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV I) der Ratspräsidentschaft am 5.12.2018 das Trilogmandat erteilte. In den anschließenden Verhandlungen konnten Parlament und Rat nach nur zwei politischen Trilogsitzungen am 4.2.2019 eine Einigung erzielen, die im Februar und April 2019 durch den AStV I bzw. das Plenum des Parlaments gebilligt wurde. Die DigitalisierungsRL trat am 31.7.2019 mit der Maßgabe in Kraft, dass den Mitgliedstaaten grundsätzlich zwei Jahre für die Umsetzung der neuen EU-Vorgaben ins nationale Recht verbleiben sollten (Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie).

Das überaus effiziente Gesetzgebungsverfahren war vor allem deshalb möglich, weil die Kommission bei der Vorbereitung ihres Vorschlags nicht nur die Wissenschaft beteiligt, sondern auch der Praxis breite Gelegenheit zur Einbringung ihrer Erfahrungen gegeben hatte. Der Kommissionsvorschlag bot Parlament und Rat daher eine gute Grundlage für die weiteren Verhandlungen. Darüber hinaus dürften die nahenden Europawahlen ihren Teil zum zügigen Abschluss des Verfahrens beigetragen haben.

Bei der Umsetzung ins deutsche Recht hielt gewissermaßen ein retardierendes Moment Einzug. Zwar hatte das Land Nordrhein-Westfalen bereits im Dezember 2019 einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der DigitalisierungsRL in den Bundesrat eingebracht, dieser wurde aber (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 09.08.2021 17:17
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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