Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 48)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

BGH 20.4.2021, II ZR 29/19
Zur Einrede der Schiedsvereinbarung

1. Eine Einrede einer Schiedsvereinbarung kann auch der Zulässigkeit einer Widerklage entgegenstehen.

2. Eine Schiedseinrede kann unbeachtlich sein, wenn ein widersprüchliches Verhalten der die Einrede erhebenden Partei vorliegt. Eine Partei verhält sich widersprüchlich, wenn im Schiedsverfahren und im ordentlichen Gerichtsverfahren unterschiedliche Standpunkte zur Schiedsvereinbarung und deren Reichweite eingenommen werden (Anschluss an BGH v. 30.4.2009 – III ZB 91/07, NJW-RR 2009, 1582 Rz. 9; BGH v. 19.5.2011 – III ZR 16/11, NJW 2011, 2976 Rz. 10).

3. Die Schiedseinrede eines Klägers gegenüber einer von einer Schiedsvereinbarung erfassten Widerklage ist nicht allein deshalb nach § 242 BGB unbeachtlich, weil diese im sachlichen Zusammenhang mit der von der Schiedsvereinbarung nicht erfassten Klage steht.
(alle amtl.)


OLG Stuttgart 28.6.2021, 12 AR 6/21
Gerichtsstand für Klagen wegen fehlerhafter Bestätigungsvermerke des Abschlussprüfers

1. Auch ein sachlich zu Unrecht ergangener Verweisungsbeschluss ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde, grundsätzlich bindend. Etwas anderes gilt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen schwerer Verstöße gegen die gesetzliche Regelung.

2. Der Begriff der öffentlichen Kapitalmarktinformation ist in § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO i.S.d. § 1 Abs. 2 KapMuG zu verstehen.

3. Abschlussprüfer haften nach § 826 BGB, wenn sie vorsätzlich ihre Pflichten verletzen, dabei eine Schädigung von Anlegern in Kauf nehmen und der Schaden unmittelbar von der Unrichtigkeit der Kapitalmarktinformation abhängt.
(amtl.)


OLG München 6.7.2021, 31 Wx 236/21
Rechtsmissbrauch bei Beantragung einer Sonderprüfung

1. Ein rechtsmissbräuchlicher Antrag auf Durchführung einer Sonderprüfung führt zum Verlust des materiellen Antragsrechts und damit nicht zur Unzulässigkeit, sondern zur Unbegründetheit des Antrags.

2. Ein Antrag auf Sonderprüfung ist i.d.R. rechtsmissbräuchlich, wenn der Aktionär mit seinem Antrag einen Lästigkeitswert, aus dem er einen Sondervorteil aufbauen will, anstrebt.

3. Ein Rechtsmissbrauch ist insbesondere zu bejahen, wenn es dem Aktionär nicht um die Interessen der Gesellschaft, sondern primär um die Verfolgung eigener Ansprüche geht, wenn also eine Instrumentalisierung des Sonderprüfungsrechts zur Förderung der Geltendmachung eigener Ansprüche gegen die Gesellschaft im Raum steht.
(alle amtl.)


BFH 28.7.2021, X R 30/19
Erfüllung der Nutzungsvoraussetzungen des § 7g Abs. 4 Satz 1, Abs. 6 Nr. 2 EStG in Fällen der Betriebsaufgabe

1. Für die Erfüllung der Nutzungsvoraussetzungen des § 7g Abs. 4 Satz 1, Abs. 6 Nr. 2 EStG genügt es in Fällen, in denen der Betrieb im Jahr nach der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts aufgegeben wird, wenn das Wirtschaftsgut nicht für ein volles Kalenderjahr bzw. einen vollen Zwölf-Monats-Zeitraum nach dem Wirtschaftsjahr seiner Anschaffung oder Herstellung, sondern lediglich während des mit der Betriebsaufgabe endenden Rumpfwirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (gegen BMF-Schreiben vom 20.11.2013, BStBl. I 2013, 1493 Rz. 36, 37, 58).

2. Wenn das FG die Berechnung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen will, muss es über die Klage in einem Umfang entscheiden, dass dem FA nur noch die Berechnung des Betrags überlassen bleibt. Dies bedeutet zum einen, dass im Rahmen der Berechnung keine offene Rechtsfrage mehr verbleiben darf. Zum anderen muss das Gericht dem FA eine eindeutige Berechnungsanweisung vorgeben; die für die Berechnung erforderlichen Angaben müssen entweder im Urteil enthalten sein oder es müssen Zahlenangaben in den Akten durch eine konkrete Bezugnahme in das Urteil einbezogen sein.

3. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO verlangt, dass die Berechnung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert. Einfache Berechnungen hat das FG daher selbst vorzunehmen.
(alle amtl.)

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 30.11.2021 11:56
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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