Aktuell in der GmbHR

Aktuelles Steuerrecht rund um die GmbH 2021/2022 (Binnewies/Mückl/Olbing, GmbHR 2021, 1293)

Das Steuerrecht der GmbH und ihrer Gesellschafter ist durch die zahlreichen Aktivitäten des Gesetzgebers zum Ende der vorherigen Legislaturperiode geprägt. Das KöMoG hat mit § 1a KStG das Options-Modell für Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften zur Besteuerung nach dem Körperschaftsteuergesetz gebracht. Der Antrag kann erstmals für nach dem 31.12.2021 beginnende Wirtschaftsjahre gestellt werden. Das Umwandlungssteuergesetz wurde internationalisiert, im Organschaftsrecht wurde die Behandlung der Minder- und Mehrabführungen (§ 14 Abs. 4 KStG) reformiert. Neben weiteren „kleineren Reparaturen“ an bestehenden Gesetzen sticht die Reform des Außensteuergesetzes heraus. Die Wegzugsbesteuerung wurde grundlegend reformiert. Erfreulich ist die Betrachtung der unbeschränkten Steuerpflicht in einem Überprüfungszeitraum von zwölf Jahren vor dem Wegzug. Nachteilig ist der Wegfall der unbegrenzten Stundung durch Ersatz der Zahlung der Wegzugsteuer in Siebenjahresraten. Verfassungs- und europarechtlich bedenklich ist auch der Wegfall von § 6 Abs. 6 AStG, was bedeutet, dass ein realisierter Wertverlust in der Beteiligung nach Wegzug z.B. durch Veräußerung unterhalb des besteuerten Wegzugswerts sich nicht mehr auswirken soll. Die Finanzverwaltung hat sich insbesondere zu § 8d KStG geäußert. Die Rechtsprechung äußert sich zu typischen Problembereichen der vGA. Die Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung bringt Erfreuliches: Trotz Geschäftsführerstellung soll die Pattsituation in der Gesellschafterversammlung nicht zur personellen Verflechtung ausreichen. Schließlich ist die „Umwandlung in der Krise“ pandemiebedingt von großer Aktualität.

A. Aktuelles aus der Gesetzgebung
I. KöMoG
1. Das Optionsmodell für Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften
2. Globalisierung des Umwandlungssteuergesetzes für die Umwandlung von Körperschaften
3. Organschaftliche Minder- und Mehrabführungen (§ 14 Abs. 4 KStG)
4. Änderung von § 8b Abs. 3 KStG
II. AbzStEntModG: Weiteres Ausgleichs- und Verrechnungsverbot bei Umwandlungen mit steuerlicher Rückwirkung (§ 2 Abs. 5 UmwStG)
III. ATADUmsG
1. Ent-/Verstrickungsbesteuerung
2. Die wichtigsten Änderungen der Hinzurechnungsbesteuerung
3. Erweiterung des materiellen Korrespondenzprinzips in § 8b KStG
4. Neuerungen bei der Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG, § 17 EStG)
a) Persönlicher Anwendungsbereich
b) Sachlicher Anwendungsbereich
aa) Wegzug in einen DBA-Staat
bb) Wegzug in einen Nicht-DBA-Saat
c) Rechtsfolge
d) Rückkehrregelung (§ 6 Abs. 3 AStG)
e) Ratenzahlung statt Stundung (§ 6 Abs. 4 AStG)
f) Keine Berücksichtigung von Wertveränderungen
g) Mitteilungspflichten
h) Anwendung der Neuregelung
IV. Steueroasen-Abwehrgesetz: Steuerliche Qualifikation von Drittstaaten-Kapitalgesellschaften als Körperschaften (§ 8 Abs. 1 Satz 4 KStG)
V. Corona-Hilfsmaßnahmen
1. Drittes Corona-Steuerhilfegesetz
2. Gesetz zur Verlängerung der Steuererklärungsfrist 2019
3. Aufbauhilfegesetz 2021
4. Insolvenzrecht
a) Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
b) Reform des Insolvenzrechts
B. Aktuelles aus der Finanzverwaltung
I. Organschaft
II. Umsatzsteuerliche Organschaft und Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung
III. Fortführungsgebundener Verlustvortrag (§ 8d KStG)
IV. Darlehen
V. Verdeckte Einlage
C. Aktuelles aus der Rechtsprechung
I. Verdeckte Gewinnausschüttungen
1. Zurechnung von vGA an nahestehende Personen (BFH vom 18.3.2021)
2. Haftungsfreistellung des Geschäftsführers durch die GmbH (FG Hamburg vom 3.12.2020)
3. Gehalt neben Rente (BFH vom 17.6.2020)
4. Vorteilsgeneigtheit bei verhinderter Vermögensmehrung (Schleswig-Holsteinisches FG vom 17.12.2020)
5. Nicht angemessene Verzinsung eines Gesellschafterverrechnungskontos (Schleswig-Holsteinisches FG vom 28.5.2020)
6. Untervermietung eines Zimmers an die GmbH durch (mittelbaren) Gesellschafter (FG München vom 19.4.2021)
7. Kostenübernahme für den Familienurlaub (FG Nürnberg vom 13.10.2020)
8. Die Finca in Spanien und vGA (FG Köln vom 17.6.2021; FG Hessen vom 14.12.2020)
9. Ermittlung fremdüblicher Zinsen auf gruppeninterne Darlehen (BFH vom 18.5.2021)
II. Gesellschafterdarlehen
III. Umwandlungsrecht
IV. Organschaft
V. Veräußerung
1. Steuerbarkeit einer Vergleichszahlung aufgrund eines verunglückten Treuhandverhältnisses
2. Veräußerung von Anteilen an einer GmbH in der Sanierungsphase
3. Verlust aus der Veräußerung wertloser Anteile zur Verlustrealisierung
4. Veräußerung einer Managementbeteiligung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit?
VI. Unentgeltliche Übertragung
1. Unentgeltliche Übertragung von Anteilen an Mitarbeiter im Rahmen der Unternehmensnachfolge
2. Schenkung bei verbilligtem Erwerb eigener Anteile
VII. § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG bei mehraktigem unterjährigen Erwerb
VIII. Aktuelles zur Betriebsaufspaltung
1. Personelle Verflechtung bei Patt in der Gesellschafterversammlung?
a) Einführung
b) Zur personellen Verflechtung
aa) Zurechnung der Stimmen minderjähriger Kinder
bb) Erfordernis der Stimmrechtsmehrheit
cc) Geschäftsführungsbefugnis als Kriterium
c) Stellungnahme
2. Zur Gewerbesteuerlichen Kürzung und zur personellen Verflechtung
a) Zur gewerbesteuerlichen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
b) Zur personellen Verflechtung
IX. Aktuelles zum Einlagekonto
1. Keine Ausnahme für den Zeitpunkt der Bescheinigung bei vGA
2. Zugang zum steuerlichen Einlagekonto bereits zum Zeitpunkt der Abtretung einer Forderung
3. Nachweis der Einlagenrückgewähr aus der ausländischen Kapitalgesellschaft
D. Beratungsschwerpunkt: Umwandlung in der Krise
1. Umwandlung einer Personengesellschaft in eine GmbH
2. Verschmelzung von GmbHs
3. Spaltung vom GmbHs
4. Umwandlung einer GmbH in eine Personengesellschaft


A. Aktuelles aus der Gesetzgebung

I. KöMoG

1. Das Optionsmodell für Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften

1
Durch den im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) vom 25.6.2021 neu in das Gesetz aufgenommenen § 1a wird Personenhandelsgesellschaften (insbesondere KGs, OHGs und vergleichbaren ausländischen Gesellschaften) sowie Partnerschaftsgesellschaften und deren jeweiligen Gesellschaftern die Möglichkeit eröffnet, auf Antrag für Ertragsteuerzwecke materiell-rechtlich und verfahrensrechtlich wie eine Kapitalgesellschaft behandelt zu werden. Dadurch wurde mit der Tradition des deutschen Besteuerungssystems gebrochen, Kapitalgesellschaften und ihre Gesellschafter nach dem Trennungsprinzip und Personengesellschaften nach dem Transparenzprinzip zu besteuern. In abgewandelter Form entspricht dies dem in den USA seit Jahrzehnten geltenden „Check-the-Box“-Verfahren. Gesetzgeberischer Hintergrund ist insbesondere, thesaurierenden Personengesellschaften über die in der Praxis als zu komplex empfundene und schwierig administrierbare Thesaurierungsbegünstigung gem. § 34a EStG hinaus bei zivilrechtlichem Fortbestand der Personengesellschaften einen weiteren Weg zu eröffnen, ihr Eigenkapital als Folge einer geminderten Steuerlast und des damit verbundenen Steuerstundungseffekts schneller zu stärken.

2
Keine unmittelbare Relevanz sollte die Ausübung des Wahlrechts ursprünglich für Zwecke anderer Steuerarten haben. Zu einer punktuellen Durchbrechung  dieses Grundsatzes kam es jedoch bereits durch die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erfolgten Ergänzungen der §§ 5, 6 GrEStG. Die Option hat auch keine Auswirkung auf die zivilrechtliche Haftung der Gesellschafter für geschuldete Körperschaft- und Gewerbesteuer. Die Vorschrift gliedert sich in vier Absätze. § 1a Abs. 1 KStG bestimmt im Wesentlichen den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Optionsmöglichkeit, das vorgesehene Verfahren zur Ausübung der Option sowie deren generelle Rechtsfolgen. § 1a Abs. 2 KStG regelt den Übergang zur Besteuerung nach dem Körperschaftsteuergesetz. § 1a Abs. 3 KStG betrifft im Wesentlichen die steuerlichen Konsequenzen für die Gesellschafter der Personengesellschaft nach Ausübung der Option. § 1a Abs. 4 KStG regelt die Rückkehr der zunächst optierenden Gesellschaft zur Besteuerung nach Personengesellschaftsgrundsätzen. § 1a KStG ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden mit der Maßgabe, dass der Antrag zur intransparenten Besteuerung erstmals für nach dem 31.12.2021 beginnende Wirtschaftsjahre gestellt werden kann (§ 34 Abs. 1a KStG).

3
Antragsberechtigt zur Option sind Personenhandelsgesellschaften (z.B. die KG oder OHG) sowie Partnerschaftsgesellschaften. Dabei handelt es sich also um die Rechtsformen, für die auch ein zivilrechtlicher Formwechsel gem. § 25 UmwStG in Betracht kommt. Einbezogen in den Kreis der antragsberechtigten Gesellschaften sind grundsätzlich auch den Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften vergleichbare ausländische Gesellschaften.  Insoweit ist ein Rechtstypenvergleich erforderlich. Der maßgebliche gesellschaftsrechtliche Begriff der Personenhandelsgesellschaft ist nicht auf gewerblich tätige Rechtsträger beschränkt, sondern kann bei Eintragung im Handelsregister auch vermögensverwaltende Gesellschaften umfassen. Ebenso wie bei § 191 Abs. 1 UmwG nicht einbezogen in den Kreis der optionsberechtigten Gesellschaften ist die GbR oder eine stille Gesellschaft. Eine GbR kann jedoch durch vorherigen Formwechsel zur antragsberechtigten Rechtsträgerin werden. Auch ein Einzelunternehmer muss zunächst eine Umwandlung in eine Personenhandelsgesellschaft vornehmen, um sich den Weg in die Option zu eröffnen. Explizit ausgeschlossen sind neben Investmentfonds i.S.d. Investmentsteuergesetzes (§ 1a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KStG) auch Gesellschaften, die nach Ausübung der Option in dem Staat, in dem sich ihre Geschäftsleitung befindet, keiner der deutschen unbeschränkten Körperschaftpflicht vergleichbaren Körperschaftsteuerpflicht unterliegen (§ 1a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KStG). Der Gesetzgeber befürchtete in diesem Zusammenhang die künstliche Schaffung ausländischer hybrider Gesellschaften, die von der OECD als ein wesentliches Vehikel für Gewinnverkürzungen und Gewinnverlagerungen angesehen werden. Antragsberechtigt sind hingegen schon Gesellschaften, die im Geschäftsleitungsstaat bereits einer der deutschen Körperschaftsteuer vergleichbaren Steuer unterliegen oder nach dem Recht dieses Staates ebenfalls zur Körperschaftsteuer optieren.

4
Der Antrag ist unwiderruflich und von der Gesellschaft zu stellen. Nachdem sich der Antrag wegen des Wechsels des Besteuerungsregimes (Trennungs- statt Transparenzprinzip) unmittelbar auf die Besteuerung aller Gesellschafter auswirkt, gilt § 217 Abs. 1 UmwG sinngemäß (§ 1a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KStG). Damit ist eine Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. Der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft kann zwar vorsehen, dass für die Antragstellung eine Mehrheitsentscheidung der Gesellschafter ausreicht. Diese Mehrheit muss jedoch mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen betragen. Die Antragstellung hat spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu erfolgen, ab dem die Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft erstmals gelten soll. Erstmals kann er für nach dem 31.12.2021 beginnende Wirtschaftsjahre gestellt werden (§ 34 Abs. 1a KStG). Eine rückwirkende Antragstellung ist nicht vorgesehen.

5
Unmittelbare Rechtsfolge der Ausübung der Option ist, dass die Gesellschaft für Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen (und infolge von § 2 Abs. 8 GewStG auch der Gewerbesteuer) materiell-rechtlich und verfahrensrechtlich wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt werden (klarstellend auch § 1a Abs. 3 Satz 1 KStG). Damit finden grundsätzlich insbesondere alle Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes, des Einkommensteuergesetzes, des Umwandlungssteuergesetzes, des Investmentsteuergesetzes, des Außensteuergesetzes und des Zerlegungsgesetzes Anwendung, die auf Kapitalgesellschaften oder Körperschaften Bezug nehmen. Regelungen hingegen, die nur für bestimmte, ausdrücklich bezeichnete Kapitalgesellschaften gelten, finden auf die optierende Gesellschaft keine Anwendung (z.B. § 9 Abs. Nr. 1 KStG, der nur für die KGaA oder vergleichbare Kapitalgesellschaften anwendbar ist). Entsprechendes gilt, wenn einzelne Tatbestandsmerkmale ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.12.2021 15:18
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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