Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 5)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

BGH 3.8.2021, II ZR 123/20
Direkte Kommanditistenhaftung in der doppelstöckigen KG

Die Gesellschafter einer KG, die als Obergesellschaft an einer anderen KG als Untergesellschaft beteiligt ist, haften auch gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft. Diese Haftung wird in der Insolvenz der Untergesellschaft von deren Insolvenzverwalter geltend gemacht, solange nicht über das Vermögen der Obergesellschaft ihrerseits das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
(amtl.)

 

OLG Bremen 24.11.2021, 1 U 6/21
Haftung eines Gründungsgesellschafters wegen Verschuldens bei Vertragsschluss neben spezialgesetzlicher Prospekthaftung

1. Im Anwendungsbereich einer spezialgesetzlichen Prospekthaftung ist der Rückgriff auf die Grundsätze der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung ausgeschlossen (Anschluss an BGH v. 19.1.2021 – XI ZB 35/18, NJW 2021, 1318 Rz. 26 = AG 2021, 464).

2. Auch prospektverantwortliche Gründungsgesellschafter können einer Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss unterliegen, sofern eine nicht von der spezialgesetzlichen Prospekthaftung erfasste Sachverhaltsgestaltung vorliegt. Dies kommt insbesondere in Betracht für eine Haftung für mündliche Erklärungen der Mitarbeiter einer in den Vertrieb der Anlage eingeschalteten Vertriebsgesellschaft (Anschluss an BGH v. 27.4.2021 – XI ZB 35/18, AG 2021, 707 Rz. 8).

3. Gründungsgesellschafter haften gegenüber den Anlegern für eine fehlerhafte Aufklärung durch das Fehlverhalten im Vertrieb eingeschalteter Unternehmen, wobei deren Fehlverhalten den Gründungsgesellschaftern nach § 278 BGB zugerechnet werden kann, auch wenn sie nicht selbst für den Vertrieb verantwortlich sind. Anderes gilt nur dann, wenn das im Vertrieb eingeschaltete Unternehmen überhaupt nicht durch die Beteiligungsgesellschaften und deren Gesellschafter mit dem Vertrieb betraut wurde.
(alle amtl.)

 

BFH 22.10.2021, IX B 15/21
Ablehnung eines „coronabedingten“ Terminsverlegungsantrags

Trotz Vorerkrankung eines nicht geimpften Prozessbeteiligten kann es sich im fortgeschrittenen Stadium der COVID 19-Pandemie als nicht verfahrensfehlerhaft erweisen, wenn das FG den Antrag auf Terminsverlegung ablehnt und ohne den Prozessbeteiligten mündlich verhandelt.
(amtl.)

 

BFH 15.7.2021, IV R 36/18
Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG durch Formwechsel einer Oberpersonengesellschaft zu Buchwerten

1. Unter einem „Anteil“ i.S.d. § 6 Abs. 5 Sätze 5 und 6 EStG ist die (unmittelbare oder mittelbare) vermögensmäßige Beteiligung eines Körperschaftsteuersubjekts an einem zuvor nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgut und damit an den darin gespeicherten stillen Reserven zu verstehen.

2. Die Formulierung „aus einem anderen Grund“ i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG erfasst jeden Vorgang, der – zeitlich der Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG folgend – zur (unmittelbaren oder mittelbaren) Begründung oder Erhöhung des Anteils eines Körperschaftsteuersubjekts am übertragenen Wirtschaftsgut führt.

3. Wird bei einer mehrstöckigen Personengesellschaft innerhalb der Sperrfrist eine Oberpersonengesellschaft zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft formgewechselt und hierdurch ein mittelbarer Anteil dieser Kapitalgesellschaft an einem zuvor nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgut begründet, führt dies zu einem Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG. Eine teleologische Reduktion des Satzes 6 kommt in einem solchen Fall nicht in Betracht, wenn im Zeitpunkt des Formwechsels an der Oberpersonengesellschaft (auch) natürliche Personen als Mitunternehmer vermögensmäßig beteiligt sind, die bereits an dem nach Satz 3 übertragenen Betriebsgrundstück (mittelbar) vermögensmäßig beteiligt waren.

4. Verringert sich der mittelbare Anteil einer an der formgewechselten Oberpersonengesellschaft als Mitunternehmerin beteiligten Kapitalgesellschaft an dem nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgut bis zum Formwechsel (Sperrfristverstoß), bestimmt sich der Umfang des Teilwertansatzes nach Satz 6 nach den vermögensmäßigen Beteiligungsverhältnissen im Zeitpunkt der Übertragung nach Satz 3.
(alle amtl.)



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 01.02.2022 10:25
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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