Aktuell in der GmbHR

Auswirkungen der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts und des DiRUG auf die notarielle Praxis bei Anmeldungen in Registersachen (Böhringer/Melchior, GmbHR 2022, 177)

Die umfassende Tätigkeit des Gesetzgebers zum Ende der 19. Legislaturperiode ist der Anlass, den Praktikern in den Notariaten und bei den Registergerichten eine inhaltliche und verfahrensrechtliche Orientierung an die Hand zu geben. Der Beitrag beschreibt die konkreten Auswirkungen der Novellen im Vormundschafts- und Betreuungsrecht sowie der Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts und bietet Muster mit konkreten Formulierungen an. Gleichzeitig stellt der Beitrag eine Ergänzung und Aktualisierung des „Gustavus, Handelsregisteranmeldungen, 10. Aufl. 2020“, dar. Weiter wird ein Ausblick auf das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) und das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts gegeben.

Zugleich Ergänzung und Aktualisierung "des Gustavus", Handelsregisteranmeldungen, 10. Aufl. 2020


I. Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts
II. Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie

1. Disqualifizierte Personen
2. Gründung einer GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) mittels Videokommunikation (Online-Gründung)
3. Musterprotokoll bei Gründung einer GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) mittels Videokommunikation
4. Eintragung einer mittels Videokommunikation gegründeten GmbH oder UG (haftungsbeschränkt)
5. Öffentliche Beglaubigung der Anmeldung
6. Gesellschafterliste
7. Zweigniederlassungen deutscher Kapitalgesellschaften im Ausland
8. Inländische Zweigniederlassungen ausländischer Rechtsträger
9. Bekanntmachung der Eintragungen, Registerbekanntmachungen
10. Einsicht in das Handelsregister und Abruf von Dokumenten
11. Erweiterung des Anwendungsbereichs?
III. Ausblick auf das MoPeG
IV. Ausblick auf das neue Stiftungsrecht


I. Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts


1
Zugleich Ergänzung und Aktualisierung der Hinweise in Gustavus, Handelsregisteranmeldungen, 10. Aufl. 2020, Einleitung Rz. 22–30

2
Das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts (BtRRefG) vom 4.5.2021  tritt am 1.1.2023 in Kraft und ändert die Wahrnehmung der Rechte für Personen, für die eine Vormundschaft oder Betreuung erforderlich und angeordnet ist. Das betrifft auch deren Vertretung in Registersachen bei der materiell-rechtlichen Gestaltung (Genehmigung, Ergänzungspflegschaft) und verfahrensrechtlich bei der Anmeldung.

3
Ehegatten konnten bisher weder Entscheidungen über medizinische Behandlungen für ihren nicht mehr selbst handlungsfähigen Partner treffen noch diesen im Rechtsverkehr vertreten, solange sie nicht als rechtliche Betreuer ihres Partners bestellt werden oder von ihm durch eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigt worden sind. Ab 1.1.2023 können Ehegatten gem. § 1358 BGB n.F. in Angelegenheiten der Gesundheitssorge kraft Gesetzes für die Dauer von sechs Monaten sich gegenseitig vertreten, wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge vorübergehend rechtlich nicht besorgen kann. Das Vertretungsrecht beschränkt sich auf die Angelegenheiten der Gesundheitssorge und besteht keinesfalls für gesellschaftsrechtliche Vorgänge und Registeranmeldungen.

4
Mit der Reform wird der Gesetzesaufbau sowohl im Vormundschaftsrecht als auch im Betreuungs- und Pflegschaftsrecht insgesamt neu strukturiert. An den Vertretungsrechten der Eltern wird nichts verändert. § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB verweist für den Ausschluss der elterlichen Vertretungsmacht nunmehr auf § 1824 BGB n.F. Für einen Minderjährigen ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen, wenn seine Eltern oder sein Vormund aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an der Wahrnehmung bestimmter Angelegenheiten verhindert sind (§ 1809 Abs. 1 BGB n.F.). Die Ergänzungspflegschaft ist in § 1829 BGB n.F. geregelt. Der Pfleger hat in dem ihm übertragenen Bereich dieselbe Stellung wie ein Vormund; für den Pfleger gelten die Regeln des Vormundschaftsrechts. Was die familiengerichtliche Genehmigung von Rechtsgeschäften für das Kind anbelangt, verweist § 1643 Abs. 1 BGB n.F. auf §§ 1850 ff. BGB n.F.

5
In § 1823 BGB n.F. wird zum Ausdruck gebracht, dass der Betreuer Vertretungsmacht hat, die aus Gründen der Rechtssicherheit auch nicht im Hinblick auf die Handlungsfähigkeit des Betreuten eingeschränkt ist. Der Betreuer ist gesetzlicher Vertreter des Betreuten. Die Vertretungsmacht gilt insbesondere für die Abgabe von Willenserklärungen und für rechtsgeschäftliche Handlungen. Für den Ausschluss der Vertretungsmacht ist § 1824 BGB n.F. maßgebend. § 1852 BGB n.F. fasst zukünftig alle Fälle genehmigungspflichtiger Rechtsgeschäfte des Handels- und Gesellschaftsrechts zusammen. Die Genehmigungstatbestände wurden erweitert (z.B. Vertrag über die Verpflichtung zu Erwerb oder Veräußerung eines Gesellschaftsanteils an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, die ein Erwerbsgeschäft betreibt).

6
Vorsorgevollmachten können Betreuungen vermeiden. Die Genehmigungsvorbehalte für Betreuer (z.B. bei vermögensrechtlichen Angelegenheiten) finden für Bevollmächtigte keine Anwendung. Die Betreuungsbehörde hat gem. § 7 BtOG-neu die Befugnis zur öffentlichen Beglaubigung, damit die Vorsorgevollmachten auch...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.02.2022 10:46
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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