Aktuell in der GmbHR

Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters - Aktuelle Rechtsprechung und ausgewählte Fälle zu §§ 51a und 51b GmbHG (Koehler, GmbHR 2022. 292)

Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters stellt ein entscheidendes Werkzeug zur Wahrnehmung seiner Gesellschafterrechte dar. Für Minderheitsgesellschafter ist er ein scharfes Schwert im Kampf gegen eine mögliche Majorisierung. Den Mehrheitsgesellschaftern und der Geschäftsführung ist er regelmäßig ein Dorn im Auge, wenn er im rechtlich noch zulässigen Rahmen querulatorisch eingesetzt wird. Wegen des weiten Umfangs dieses Anspruchs und der stark formalisierten Ausgestaltung des GmbH-Rechts ist er regelmäßig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Dieser Beitrag richtet sich an Geschäftsführer bzw. deren Berater. Er schafft einen Überblick über die wichtigsten Punkte des Informationsanspruchs, beleuchtet ausgewählte Streitpunkte aus der Praxis und geht auf die aktuelle Rechtsprechung ein.


I. Grundlagen
II. Informationserteilung

1. Berechtigte zur Ausübung des Informationsrechts
2. Um
fang des Informationsrechts und Ausübung des Informationsanspruchs
3. Begrenzung des Anspruchs; Verweigerungsrecht
a) Begrenzung des Anspruchs
aa) Dogmatische Fragen
bb) Konkrete Begrenzungen
(1) Nicht zweckgemäße Ausübung
(2) Rechtsmissbrauch; Prinzip des schonendsten Mittels
(3) Verhältnismäßigkeit
(4) Erfüllung; Erforderlichkeit
b) Verweigerungsrecht nach § 51a Abs. 2 GmbHG
III. Auskunftsanspruch und dessen Erfüllung
1. Der Auskunftsanspruch
2. Der Einsichtnahmeanspruch
IV. Folgen der Informationsverweigerung
1. Anfechtbarkeit von Beschlüssen
2. Abberufung von Geschäftsführern; Verhinderung einer Bestellung
V. Auskunftserzwingungsverfahren
1. Bestimmter Klageantrag
2. Prozessuale Fragen
3. Vollstreckung
VI. Fazit


I. Grundlagen

1
Das Recht, von der GmbH Auskunft zu verlangen oder Einsicht in ihre Bücher und Schriften zu nehmen, ist eines der unerschütterlichen Rechte eines GmbH-Gesellschafters, das auch durch die Satzung nicht eingeschränkt werden kann (§ 51a Abs. 3 GmbHG). Dieses Recht wird als Informationsrecht bezeichnet. Es ist ein einheitliches Recht, das sich nicht in Auskunfts- und Einsichtnahmerecht trennen lässt. Vielmehr stellen Auskunft und Einsichtnahme verschiedene Möglichkeiten des Gesellschafters dar, das Informationsrecht auszuüben. Das Informationsrecht ist an die Mitgliedschaft des Gesellschafters gebunden und kann nicht selbständig abgetreten werden.

2
Von dem Informationsrecht ist der konkrete Informationsanspruch des Gesellschafters zu trennen. Der Informationsanspruch erwächst aus dem Informationsrecht und ist pfändbar. Er ist das Recht des Gesellschafters, konkrete Informationen von der Gesellschaft auf eine bestimmte Art und Weise verlangen zu dürfen. Nur der Informationsanspruch ist in § 51a Abs. 1 GmbHG geregelt („auf Verlangen“), der das Informationsrecht denklogisch voraussetzt.

3
Berechtigt, diesen Anspruch auszuüben, ist der Gesellschafter der GmbH (II.1., Rz. 4 ff.). Dabei ist das Informationsrecht unbeschränkt. Nur der konkrete Informationsanspruch ist in engen Grenzen beschränkbar (II.2., Rz. 8 ff. und II.3., Rz. 13 ff.). Er bezieht sich auf die Angelegenheiten der Gesellschaft und ist von der GmbH unverzüglich zu erfüllen. Der Anspruch kann im Wege des Auskunftsverlangens (III.1., Rz. 34 ff.) oder der Einsichtnahme (III.2., Rz. 38 ff.) ausgeübt werden. Wird der Informationsanspruch nicht von der Gesellschaft erfüllt, kann dies nicht nur Folgen für eine Beschlussfassung oder die Geschäftsführung haben (IV., Rz. 44 ff.), der Gesellschafter kann die Informationserteilung auch gerichtlich erzwingen (V., Rz. 51 ff.).

II. Informationserteilung

1. Berechtigte zur Ausübung des Informationsrechts

4
Informationsberechtigt ist jeder Gesellschafter der GmbH. Dazu muss der Gesellschafter zwingend in der Gesellschafterliste der GmbH eingetragen sein. Dies gilt auch dann, wenn ein Käufer einen Anspruch auf Übertragung von Geschäftsanteilen hat und die Gesellschaft die Übertragung treuwidrig vereitelt. Bei einem Treuhandgesellschafter ist nur dieser, nicht der Treugeber zur Ausübung des Informationsrechts berechtigt. Ist der Gesellschafter wiederum eine Gesellschaft, ist nur sie Trägerin des Anspruchs, nicht aber die an ihr beteiligten Gesellschafter. Bei einer Erbengemeinschaft kann das Informationsrecht nur einheitlich ausgeübt werden (§ 18 Abs. 1 GmbHG). Allerdings müssen nicht sämtliche Erben bei der Ausübung des Rechts mitwirken, sofern in der Gemeinschaft mit Mehrheit entschieden werden kann. Bereits ausgeschiedene Gesellschafter können unter Umständen einen Einsichtnahmeanspruch nach § 810 BGB haben.

5
Bei der GmbH & Co. KG hat ein Kommanditist, der nicht zugleich Gesellschafter der Komplementär-GmbH ist, kein Informationsrecht. Dies soll auch dann gelten, wenn eine Einheits-GmbH & Co. KG vorliegt, bei der die KG alleinige Gesellschafterin der GmbH ist. Diese formale Sichtweise kann m.E. bei der Einheits-GmbH & Co. KG nicht durchgreifen. Der Anspruch nach § 51a Abs. 1 GmbHG ist von der GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer, zu erfüllen. Wenn aber die KG Anspruchsberechtigte ist, die durch die GmbH vertreten wird, kann das Informationsrecht tatsächlich nur durch den Geschäftsführer ausgeübt werden. Damit kann ein Informationsanspruch faktisch nicht entstehen, wodurch das Informationsrecht der KG leerläuft.

6
Hier schafft der durch das MoPeG geänderte § 166 HGB etwas Milderung. Neben dem ordentlichen Einsichtnahmerecht nach § 166 Abs. 1 Satz 1 HGB n.F. hat der Kommanditist nun auch ein Auskunftsrecht über Gesellschaftsangelegenheiten, sofern dessen...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.03.2022 14:51
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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