Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 18)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

OLG Karlsruhe 1.3.2022, 1 W 85/21 (Wx)
Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds aus wichtigem Grund (SAP SE)

1. Ein die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds tragender wichtiger Grund in dessen Person ist im Allgemeinen gegeben, wenn ein Verbleiben des Mitgliedes im Aufsichtsrat bis zum Ablauf seiner Amtszeit für die Gesellschaft unzumutbar ist, weil einem Verbleib das Interesse der Gesellschaft an einem funktionsfähigen Aufsichtsrat entgegensteht.

2. Ein verhaltensbedingter wichtiger Grund für eine Abberufung muss sich nicht zwingend aus dem Verhalten als Aufsichtsratsmitglied ergeben. Es genügt, dass ein Zusammenhang des Verhaltens mit der Aufsichtsratstätigkeit erkennbar ist und dass sich der verhaltensbedingte Grund auf diese Tätigkeit und damit auf die Gesellschaft auswirkt. Für letzteres genügen bereits Reputationsschäden der Gesellschaft, die – auch – auf einem ethischen Fehlverhalten des Aufsichtsratsmitglieds außerhalb seines Aufsichtsratsmandats beruhen können.

3. Der Umstand, dass das abzuberufende Aufsichtsratsmitglied weitere Pflichten – wie hier als Betriebsrat – zu beachten hat, hindert die Annahme eines wichtigen Grundes für die Abberufung jedenfalls dann nicht, wenn tatsächlich beide Bereiche betroffen sind, da eine mögliche Interessenkollision die Pflichtwidrigkeit gegenüber der Gesellschaft nicht entfallen lässt.

4. Da sich der wichtige Grund für die Abberufung aus der Zerstörung des Vertrauens der Gesellschaft in die persönliche Integrität und Zuverlässigkeit und der daraus ergebenden mangelnde Eignung als Aufsichtsratsmitglied ergibt, kommt es nicht darauf an, ob die Gefahr einer Wiederholung des konkreten Fehlverhaltens besteht.
(alle amtl.)

 

OLG Frankfurt 4.1.2022, 20 W 225/20
Bestellung des Vorstands einer AG zum Geschäftsführer einer Tochter-GmbH

1. Aktiengesellschaften werden grundsätzlich durch den Vorstand vertreten (§ 78 AktG). Vorstandsmitgliedern gegenüber wird die Gesell-schaft allerdings durch den Aufsichtsrat vertreten (§ 112 AktG). Dies gilt aber nicht, wenn der Vorstand einer AG zum Geschäftsführer einer Tochter-GmbH bestellt wird, deren alleinige Gesellschafterin die AG ist.

2. Der bei einer Selbstbestellung des Vorstands einer Mutter-Aktiengesellschaft zum Geschäftsführer einer Tochter-GmbH bestehenden Konfliktlage ist durch Anwendung der allgemeinen Vorschrift des § 181 Alt. 1 BGB zu begegnen. Die Bestellung des Geschäftsführers ist demnach zunächst schwebend unwirksam, so dass eine Genehmigung durch den Aufsichtsrat möglich ist.

Das gesetzliche Stimmverbot des § 47 Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 GmbHG greift bei der Selbstbestellung eines Organvertreters der Alleingesellschafterin zum Geschäftsführer von deren Tochtergesellschaft nicht ein.
(alle nicht amtl.)

 

BFH 19.8.2021, VII R 34/20
Androhung von Zwangsgeld für den Fall der Nichtabgabe von Steuererklärungen

1. NV: Solange die Steuerpflicht einer Kapitalgesellschaft nicht einwandfrei ausgeschlossen werden kann, ist die Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung regelmäßig nicht ermessensfehlerhaft.

2. NV: Eine gesetzeskonkretisierende Aufforderung zur Abgabe von Steuererklärungen stellt einen Verwaltungsakt i.S.d. § 118 AO dar, der gem. § 328 Abs. 1 Satz 1 AO mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann.
(alle amtl.)

 

FG Baden-Württemberg 29.7.2021, 12 K 374/19
Ertragsteuerliche Beurteilung der Umgestaltung einer atypisch stillen Gesellschaft in eine GmbH & Co. KG

1. Der bloße Wechsel der Rechtsform einer durchgängig bestehenden Mitunternehmerschaft führt nicht zu einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe (einkommensteuerrechtlicher Formwechsel).

2. So kann auch die Umgestaltung einer atypisch stillen Gesellschaft in eine GmbH & Co. KG ertragsteuerlich neutral erfolgen, und zwar auch dann, wenn sich in diesem Zusammenhang die Beteiligung der Mitunternehmer an den stillen Reserven des Betriebsvermögens ändert.
(alle nicht amtl.)

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 03.05.2022 10:53
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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