Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 20)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

OLG München 13.12.2021, 3 U 6014/21
Kausalität und Schadensersatzpflicht der Wirtschaftsprüfer wegen fehlerhafter Bestätigungsvermerke im Wirecard-Fall

1. Uneingeschränkte Bestätigungsvermerke von Wirtschaftsprüfern können jedenfalls bei DAX-Unternehmen eine positive Anlagestimmung erzeugen, so dass ein Erfahrungssatz dafür spricht, dass zwischen dem Bestätigungsvermerk und nachfolgenden Anlageentscheidungen ein Kausalzusammenhang besteht.

2. Ein Wirtschaftsprüfer haftet nach § 826 BGB, wenn der von ihm erteilte Bestätigungsvermerk unrichtig ist und der Wirtschaftsprüfer dabei seine Pflichten in gewissenloser Weise vernachlässigt hat.

3. Ein Bestätigungsvermerk ist eine öffentliche Kapitalmarktinformation, so dass bei behaupteter Unrichtigkeit des Vermerks das Kapitalmusterverfahren eröffnet ist.
(alle nicht amtl.)

 

OLG München 9.12.2021, 8 U 6063/21
Kausalität und Schadensersatzpflicht der Wirtschaftsprüfer wegen unrichtiger Bestätigungsvermerke im Wirecard-Fall

1. Ein Bestätigungsvermerk stellt eine öffentliche Kapitalmarktinformation dar, deren Unrichtigkeit und Haftungsfolgen Gegenstand eines Kapitalmusterverfahrens sein kann.

2. Ein Wirtschaftsprüfer haftet jedenfalls nach § 826 BGB für Anlageentscheidungen bei Unrichtigkeit des Bestätigungsvermerks, wenn er bei Abgabe des Bestätigungsvermerks nachlässig und mit einer Rücksichtslosigkeit vorgegangen ist, die angesichts der Bedeutung des Bestätigungsvermerks für Anlageentscheidungen als gewissenlos bezeichnet werden muss, Kausalität unterstellt.

3. Nach der Lebenserfahrung sind unrichtige Bestätigungsvermerke, die in einen Anlageprospekt Aufnahme gefunden haben, kausal für Anlageentscheidungen von Anlegern, wenn der Prospekt von den Anlagevermittlern als Grundlage für ihre Beratung verwendet wird.
(alle nicht amtl.)

 

BFH 21.12.2021, IV R 15/19
Grundsätzlich keine Zuordnung der Kapitalbeteiligung des Kommanditisten zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II bei eigenem Geschäftsbetrieb der Kapitalgesellschaft von nicht ganz untergeordneter Bedeutung

1. Für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern (hier einer Kapitalbeteiligung) zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II ist der Veranlassungszusammenhang maßgebend.

2. Danach ist die (Mehrheits-)Beteiligung eines Kommanditisten an einer Kapitalgesellschaft, die neben ihren geschäftlichen Beziehungen zur KG oder neben ihrer Geschäftsführertätigkeit als Komplementär-GmbH für die KG einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält, in der Regel nicht dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen. Dies gilt auch dann, wenn die einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhaltende Komplementär-GmbH wirtschaftlich mit der GmbH & Co. KG verflochten ist und die Geschäftsbeziehungen aus Sicht der GmbH & Co. KG nicht von geringer Bedeutung sind (z.B. entgegen Verfügung der OFD Nordrhein-Westfalen vom 17.6.2014 – S 2242-2014/0003-St 114, S 2242-2014/00003-St 115, unter III.2.).

3. Ebenso gilt dies, wenn die einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhaltende Kapitalgesellschaft als Komplementär-GmbH gemeinsam mit dem an ihr beteiligten Kommanditisten eine aus ihnen bestehende zweigliedrige GmbH & Co. KG gründet.
(alle amtl.)

 

BFH 28.9.2021, VIII R 2/19
Zum Verbrauch der antragsgebundenen Steuervergünstigung des § 34 Abs. 3 EStG

1. Die antragsgebundene Steuervergünstigung des § 34 Abs. 3 EStG, die der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen kann, ist auch dann verbraucht, wenn das FA die Vergünstigung zu Unrecht gewährt hat. Dies gilt selbst dann, wenn dies ohne Antrag des Steuerpflichtigen geschieht und ein Betrag begünstigt besteuert wird, bei dem es sich tatsächlich nicht um einen Veräußerungsgewinn i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG handelt.

2. Etwas anderes gilt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nur dann, wenn die rechtsirrige Gewährung der Vergünstigung in dem früheren Bescheid für den Steuerpflichtigen angesichts der geringen Höhe der Vergünstigung und wegen des Fehlens eines Hinweises des FA nicht erkennbar war.
(alle amtl.)



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.05.2022 09:32
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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