Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 24)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

BGH 8.3.2022, XI ZR 571/21
Sittenwidrige Schädigung der Anleger durch Sondervorteile für die Gründer der Anlagegesellschaft, Teilnahme der Bank

1. In dem Verkaufsprospekt einer Anlagegesellschaft müssen u.a. Angaben über Sondervorteile für die Gründungsgesellschafter und die gleichstehenden Personen gemacht werden. Ein solcher Fall liegt vor, wenn durch den Zwischenerwerb einer Gesellschaft der Gründungsgesellschafter und Initiatoren binnen weniger Tage ein Gewinn in Millionenhöhe zu Lasten der Anleger künstlich generiert wird (§ 826 BGB).

2. Die bloße Kenntnis der finanzierenden Bank von diesen Vorgängen begründet noch nicht den Vorwurf der Beihilfe zu der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Anleger.
(alle nicht amtl.)


KG 4.4.2022, 22 W 15/22
Registergericht obliegt neben formeller Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen bei begründeten Bedenken auch Prüfung der (materiellen) Richtigkeit der mitgeteilten Tatsachen

1. Dem Registergericht obliegt neben der formellen Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen bei begründeten Bedenken auf die Prüfung der (materiellen) Richtigkeit der mitgeteilten Tatsachen. Dies schließt die Prüfung ein, ob nach der Satzung ein weiterer Geschäftsführer bestellt werden darf.

2. Der Gesellschaftsvertrag einer GmbH ist grundsätzlich seinem objektiven Erklärungswert nach auszulegen. Dabei finden neben Wortlaut und Inhalt und Zweck einer Regelung auch der Anlass ihrer Einfügung Berücksichtigung. Zur Auslegung können aber auch die weiteren zum Handelsregister eingereichten Dokumente herangezogen werden.
(alle amtl.)


OLG Frankfurt 16.12.2021, 3 U 90/20
Beihilfe zur Vermittlung chancenloser Vermögensanlagen; Scalping; Aktienschwindel

1. Eine Wertpapierhandelsbank leistet Beihilfe zur vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung von Anlegern durch die Vermittlung von chancenlosen Vermögensanlagen, wenn sie im Rahmen der Zulassung von Aktien zum Handel im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) unter besonders leichtfertiger Verletzung ihrer Berufspflichten als Zulassungsantragstellerin und Spezialistin gem. §§ 85 ff. Börsenordnung FWB der dreisten Forderung der Emittentin kritiklos nachgibt, den durch die Wertpapierhandelsbank als Spezialistin gem. § 89 Abs. 2 Börsenordnung zu stellenden ersten indikativen Quote bzw. Preis auf das 15.000-fache des Aktiennennwerts festzusetzen, obwohl die schwedische Emittentin entgegen § 3 Abs. 1 BörsZulV erst seit einem halben Jahr operativ tätig ist, die bisher nur in Schweden am offenen Markt gehandelten Aktien entgegen § 9 Abs. 1 BörsZulV zu über 80 % von einer Person gehalten werden, für den Jahresabschluss nach Aufnahme der operativen Tätigkeit und nach Erwerb des in immateriellem Anlagevermögen bestehenden einzigen wesentlichen Vermögensgegenstands der Emittentin kein qualifiziertes Wirtschaftsprüfertestat vorliegt und darüber hinaus die einzige realistische Einnahmequelle der Emittentin – ein Cashback-Scanner – auch nach deren eigener Auskunft gerade erst die Marktreife erreicht und sich am Markt noch nicht bewährt hat.

2. Die Wertpapierhandelsbank verschließt sich dabei jedenfalls bewusst der Erkenntnis, dass die Aktien der Emittentin bei Erwerb zu diesem Preis für den Anleger keine Gewinnchancen bergen.
(alle nicht amtl.)


BFH 16.9.2021, IV R 7/18
Beherrschungsidentität bei mittelbarer Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an einer Besitzpersonengesellschaft

Auch eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an einer Besitz-Personengesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, ist bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung als eine der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung zu berücksichtigen (Änderung der Rechtsprechung).
(amtl.)

 

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.06.2022 10:50
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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