FG Münster v. 3.5.2022, 8 V 246/22 GrE

§ 6a GrEStG findet auf die Ausgliederung eines Einzelunternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft Anwendung

Bei der Ausgliederung eines Einzelunternehmens auf eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft findet die Begünstigungsvorschrift des § 6a GrEStG Anwendung. Der BFH hat über die streitgegenständliche Konstellation noch nicht entschieden und Rechtsprechung und Verwaltung vertreten zu der streitigen Frage unterschiedliche Auffassungen. Infolgedessen wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung die Beschwerde zum BFH zugelassen.

Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin war eine GmbH, die im Zuge einer Ausgliederung gegründet worden war. Ihr alleiniger Gesellschafter war Alleineigentümer mehrerer Grundstücke, die er im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens hielt. Er war als Einzelkaufmann im Handelsregister eingetragen. Im Jahr 2021 gliederte er sein Einzelunternehmen mit allen Aktiva und Passiva gem. §§ 152, 158 ff., 123 ff. UmwG auf die im Zuge der Ausgliederung gegründete Antragstellerin aus. Mitübertragen wurden auch die Anteile an einer weiteren GmbH, die Alleingesellschafterin weiterer, teils grundbesitzender Kapitalgesellschaften war.

Das Finanzamt setzte im Hinblick auf die Ausgliederung und die Übertragung der GmbH-Beteiligung Grunderwerbsteuer fest. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Sie war der Ansicht, dass die Erwerbsvorgänge nach § 6a GrEStG steuerfrei seien. Das Finanzamt lehnte die Aussetzung der Vollziehung ab.

Der hiergegen gerichtete Antrag auf Aussetzung der Vollziehung war vor dem FG erfolgreich. Allerdings wurde die Beschwerde zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids.

Die mit der Ausgliederung erfolgte Übertragung der im Eigentum des späteren Alleingesellschafters stehenden Grundstücke und der Übergang der im Eigentum der Tochtergesellschaften der weiteren GmbH stehenden Grundstücke sind zwar jeweils grunderwerbsteuerbar gewesen. Allerdings greift hier der Befreiungstatbestand des § 6a Satz 1 GrEStG ein. Die Voraussetzungen der Vorschrift sind insofern erfüllt. Insbesondere ist die Anwendung des § 6a GrEStG nicht deshalb ausgeschlossen, weil der spätere Alleingesellschafter der Klägerin als Einzelunternehmer beteiligt gewesen ist.

„Unternehmen“ im Rahmen des § 6a GrEStG sind alle Rechtsträger, die wirtschaftlich tätig sind unabhängig von der Rechtsform. Für Zwecke der Anwendung des § 6a GrEStG muss die Beteiligung an den abhängigen Gesellschaften auch nicht im Betriebsvermögen gehalten werden. Dies gilt auch dann, wenn, wie im Streitfall, ein Einzelunternehmen im Wege der Ausgliederung zur Neugründung auf eine Kapitalgesellschaft übertragen wird.

Hätte der Gesetzgeber bestimmte, nach dem UmwG zulässige Verschmelzungen vom Anwendungsbereich des § 6a GrEStG ausnehmen wollen, hätte dies im Wortlaut des § 6a GrEStG einen Anklang finden müssen. Auch die Ausgliederung eines Einzelunternehmens auf eine Kapitalgesellschaft zur Neugründung ist deshalb von § 6a GrEStG erfasst. Infolgedessen hat der Senat entgegen der derzeitigen Verwaltungsauffassung entschieden, nach der § 6a GrEStG auf Fälle der Ausgliederung eines Einzelunternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft keine Anwendung finden soll (Gleich lautende Ländererlasse vom 22.9.2020, BStBl. I 2020, 960, Tz. 2.1).

Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Beschwerde zugelassen. Der BFH hat über die streitgegenständliche Konstellation noch nicht entschieden und Rechtsprechung und Verwaltung vertreten zu der streitigen Frage unterschiedliche Auffassungen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.06.2022 16:06
Quelle: FG Münster Newsletter v. 15.6.2022

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