Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 9)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

BGH 17.11.2022, IX ZB 17/22
Zur nachträglichen Darlegung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung eines Dokuments

Ist es dem Rechtsanwalt bereits im Zeitpunkt der Ersatzeinreichung eines Schriftsatzes möglich, die vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung des Dokuments darzulegen und glaubhaft zu machen, hat dies mit der Ersatzeinreichung zu erfolgen; in diesem Fall genügt es nicht, wenn der Rechtsanwalt die Voraussetzungen für eine Ersatzeinreichung nachträglich darlegt und glaubhaft macht.
(amtl.)

 

BAG 17.5.2022, 1 ABR 37/20 (A)
Vorabentscheidungsersuchen zur Nachholung von Verhandlungen über die Arbeitnehmerbeteiligung bei einer ursprünglich arbeitnehmerlosen SE

Der Erste Senat des BAG ersucht den EuGH nach Art. 267 AEUV darum, die Fragen zu beantworten:

1. Ist Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 i.V.m. Art. 3 bis 7 der Richtlinie 2001/86/EG dahin auszulegen, dass bei der Gründung einer Holding-SE durch beteiligte Gesellschaften, die keine Arbeitnehmer beschäftigen und nicht über Arbeitnehmer beschäftigende Tochtergesellschaften verfügen, sowie ihrer Eintragung in das Register eines Mitgliedstaats (sog. „arbeitnehmerlose SE“) ohne vorherige Durchführung eines Verhandlungsverfahrens zur Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE nach dieser Richtlinie dieses Verhandlungsverfahren nachzuholen ist, wenn die SE herrschendes Unternehmen von Arbeitnehmer beschäftigenden Tochtergesellschaften in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird?

2. Sollte der Gerichtshof die erste Frage bejahen: Ist die nachträgliche Durchführung des Verhandlungsverfahrens in einem solchen Fall ohne zeitliche Begrenzung möglich und geboten?

3. Sollte der Gerichtshof die zweite Frage bejahen: Steht Art. 6 der Richtlinie 2001/86/EG einer Anwendung des Rechts desjenigen Mitgliedstaats, in dem die SE jetzt ihren Sitz hat, für eine nachträgliche Durchführung des Verhandlungsverfahrens entgegen, wenn die „arbeitnehmerlose SE“ in einem anderen Mitgliedstaat ohne vorherige Durchführung eines solchen Verfahrens in das Register eingetragen und noch vor der Verlegung ihres Sitzes herrschendes Unternehmen von Arbeitnehmer beschäftigenden Tochtergesellschaften in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union wurde?

4. Sollte der Gerichtshof die dritte Frage bejahen: Gilt dies auch, wenn der Staat, in dem diese „arbeitnehmerlose SE“ erstmals eingetragen wurde, nach deren Sitzverlegung aus der Europäischen Union ausgetreten ist und sein Recht keine Vorschriften über die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens zur Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE mehr enthält?
(alle amtl.)

 

EuGH 20.10.2022, C-473/20
Umfang der Informationen der Anleger durch OGAW (Investment Fund Management [IFM/KFN])

1. Art. 72 der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.7.2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) in der durch die Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.7.2014 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die in Anhang I Schema A dieser Richtlinie vorgesehenen Angaben über eine Verwaltungsgesellschaft, die der Prospekt nach Art. 69 Abs. 2 der Richtlinie mindestens enthalten muss, unter den Begriff „Angaben von wesentlicher Bedeutung im Prospekt“ i.S.v. Art. 72 der Richtlinie fallen, so dass sie auf dem neuesten Stand zu halten sind.

2. Art. 99a Buchst. r der Richtlinie 2009/65 in der durch die Richtlinie 2014/91 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der gegen eine Verwaltungsgesellschaft, die nicht innerhalb der in dieser nationalen Regelung festgelegten Frist die in den Art. 68 bis 82 dieser Richtlinie vorgesehene verpflichtende Aktualisierung des Prospekts mehrerer Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren vorgenommen hat, wegen jedes dieser Organismen eine verwaltungsrechtliche Sanktion verhängt werden kann, obwohl die Änderung, die in diesen Prospekten vorzunehmen gewesen wäre, einzig die Zusammensetzung eines Organs der Verwaltungsgesellschaft betrifft, vorausgesetzt, die verwaltungsrechtliche Sanktion ist wirksam, abschreckend und verhältnismäßig.
(alle amtl.)

 

BFH 1.9.2022, IV R 25/19
Absetzungen für Substanzverringerung durch eine KG nach Erwerb eines Kiesvorkommens von ihrem Kommanditisten

1. Ein zur Inanspruchnahme von Absetzungen für Substanzverringerung berechtigender Anschaffungsvorgang liegt auch dann vor, wenn eine Personengesellschaft einen Bodenschatz entgeltlich von ihrem Gesellschafter erwirbt und das Veräußerungsgeschäft einem Fremdvergleich standhält (Bestätigung des BFH-Urteils v. 4.2.2016 – IV R 46/12, BFHE 253, 95 = BStBl. II 2016, 607).

2. Ein entsprechender Anschaffungsvorgang ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn die getroffenen Vereinbarungen zur Fälligkeit der Kaufpreiszahlung und zum Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzen und Lasten nicht beachtet werden.
(alle amtl.)



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.02.2023 10:53
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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