Christian Schulte / Prof. Dr. Peter Ries,
Richter am Amtsgericht, Berlin-Charlottenburg

Teilgewinnabführungsverträge im Handelsregister -- Unnötige Subventionierung von Zeitungsverlagen?

1. Derzeitige Rechtslage: Wirksamkeit erst mit Eintragung in das Handelsregister

Teilgewinnabführungsverträge, z.B. in Form von stillen Beteiligungen, werden u.a. zu dem Zweck abgeschlossen, Unternehmen frisches Kapital zuzuführen, ohne eine Kapitalerhöhung durchführen zu müssen. Der stille Gesellschafter verpflichtet sich, Geld in die Gesellschaft einzuschießen; im Gegenzug führt die Gesellschaft einen Teil des Gewinns an den stillen Gesellschafter ab. Die Berechnung dieses Gewinns ist oft recht kompliziert und umfangreich in dem Vertrag geregelt.

Stille Beteiligungen in Form von typisch stillen und atypisch stillen Gesellschaften werden von der h.M. als "andere Unternehmensverträge" i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr.2 AktG angesehen (vgl. Koppensteiner in Köln.Komm. zum AktG, 2. Aufl., §292 Rn.53 f.). §§ 292 ff. AktG gelten nach h.M. nicht nur für die AG, sondern in analoger Anwendung zumindest teilweise auch für die GmbH (vgl. BGHZ 105, 342 ff. = GmbHR 1989, 25; Scholz/Emmerich, GmbHG, 8. Aufl., Anhang Konzernrecht Rn. 336 f. für den Teilgewinnabführungsvertrag; Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., Anh. § 13 Rn. 15 ff.).

Teilgewinnabführungsverträge werden gemäß § 294 Abs. 2 AktG erst wirksam, wenn ihr Bestehen in das Handelsregister eingetragen worden ist. Einzutragen ist dabei nach § 294 Abs. 1 AktG das Bestehen und die Art des Vertrags, der Namen des anderen Vertragsteils und die Höhe des abzuführenden Gewinns, wobei die gesamte vertragliche Regelung zur Bestimmung der Höhe des abzuführenden Gewinns in die Registereintragung mit aufzunehmen ist (Geßler/Hefermehl, AktG 1976, § 294 Rn. 13; Koppensteiner in Köln.Komm. zum AktG, 2. Aufl., § 294 Rn. 20; Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 294 Rn. 16); denn -- so die Argumentation der oben zitierten Literatur -- nur dadurch wird es der Öffentlichkeit ermöglicht, anhand der Registereintragung die Höhe der Gewinnabführung zu ermitteln.

2. Problem: Überforderung der Ressourcen der Amtsgerichte

Der weite Anwendungsbereich der §§ 292 ff. AktG und die immer zahlreicheren und gerade bezüglich der Beteiligungsquote immer umfangreicheren Beteiligungsverträge führen zu praktisch kaum mehr zu bewältigenden Problemen. So werden in Berlin von Gesellschaften Teilgewinnabführungsverträge mit privaten Anlegern in einer Dimension von 1000 und mehr Verträgen mit jeweils unterschiedlichen Beteiligungssummen von DM 1.000 bis DM 20.000 und teilweise unterschiedlichen Berechnungen der Beteiligungsquote zur Eintragung angemeldet. Die Prüfung dieser Verträge und die Eintragung mit dem oben genannten Eintragungstext übersteigen die personellen und technischen Ressourcen jedes Amtsgerichts. Darüber hinaus wird der Eintragungstext und damit auch der in den Bekanntmachungsblättern veröffentlichte Text zu Teilgewinnabführungsverträgen immer länger und immer unübersichtlicher, was den anmeldenden Gesellschaften auch noch viel Geld in Form von Veröffentlichungskosten kostet.

3. Unabdingbarkeit aus Gläubigerschutz-Gesichtspunkten?

Es stellt sich die Frage, ob das durch § 294 Abs. 1 AktG geforderte Maß an Publizität aus den Gesichtspunkten des Gläubigerschutzes und der Information des Rechtsverkehrs heraus unabdingbar ist und ob wirklich alle in § 294 Abs. 1 AktG genannten Details, insbesondere die Höhe des abzuführenden Gewinns und die Vertragsklausel zur Berechnung dieses Gewinns eingetragen werden müssen.

Hier ist zunächst zu berücksichtigen, daß allein aus der Registereintragung im Regelfall nur der vertraglich geregelte abstrakte Berechnungsmodus der Beteiligungsquote abgeleitet werden kann. Vielfach wird in den Klauseln auf Jahresabschlüsse und andere Rechenwerke verwiesen, die dann vom Rechtsverkehr sowieso noch eingesehen werden müßten, um konkrete Zahlen ermitteln zu können. Desweiteren werden Interessierte im Zweifel seitenlange Registereintragungen und Bekanntmachungen in den Tageszeitungen überlesen. Der Zweck des Registers, nämlich kurze und übersichtliche (vgl. § 21 der Handelsregisterverfügung) Information über die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft, wird durch seitenlange Eintragungen geradezu ad absurdum geführt.

Eine zum Gläubigerschutz gebotene Warnfunktion und eine der Information des Rechtsverkehrs dienende Publizität könnte auch durch eine Registereintragung erzielt werden, die lediglich auf das Bestehen eines oder mehrerer Teilgewinnabführungsverträge hinweist und bezüglich der Einzelheiten der Verträge in der Eintragung oder in der Bekanntmachung auf die eingereichten Unterlagen Bezug nimmt. Eine ähnliche Lösung findet man in § 57 b GmbHG bezüglich Kapitalerhöhungen mit Sacheinlagen und bezüglich der Kommanditisten in § 162 Abs. 2 und § 175 S. 2 HGB.

Würde der oben genannte Weg beschritten, wäre der Teilgewinnabführungsvertrag jedenfalls registerrechtlich wirksam, da nach § 294 Abs. 2 AktG nur die Eintragung des Bestehens des Teilgewinnabführungsvertrags Voraussetzung für die registerrechtliche Wirksamkeit ist. Das Handelsregister bliebe übersichtlich, die Gesellschaften könnten Veröffentlichungskosten und die Amtsgerichte Arbeitszeit sparen. Interessiertes Publikum wäre in die Lage versetzt, die Teilgewinnabführungsverträge bei dem Gericht einzusehen, da nach § 294 Abs. 1 S. 2 AktG diese in Urschrift, Ausfertigung oder öffentlich beglaubigter Abschrift bei dem Registergericht zusammen mit der Anmeldung einzureichen sind.

4. Lösung: Befreiung des Registergerichts von der materiellen Prüfungspflicht?

Überlegenswert wäre es auch, noch einen Schritt weiter zu gehen, und das Registergericht von der materiellen Prüfungspflicht bezüglich der Teilgewinnabführungsverträge zu befreien. Gerade bei Einreichung von mehreren 100 oder gar 1000 dieser Verträge sind die Registergerichte personell überfordert.Vereinfachungen bei dem Eintragungs- und Bekanntmachungsvorgang betreffen nur die technische Abwicklung. Entscheidend für die Entlastung der Registergerichte wäre eine Befreiung von der aus § 12 FGG abgeleiteten materiellen Prüfungspflicht, insofern also eine Abkehr von dem für das Registerverfahren geltenden "Prinzip der materiellen Wahrheit" (Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Aufl., § 12 FGG, Rn. 21).

Bei der Anmeldung von Unternehmensverträgen, also auch von Teilgewinnabführungsverträgen, hat das Gericht neben der Überprüfung der Anmeldung in formeller Hinsicht, d.h. der Form der Anmeldung und der Vollständigkeit der beizufügenden Unterlagen, nach ganz h.M. auch eine materielle Prüfung durchzuführen (Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 294 Rn. 11; Geßler/Hefermehl, AktG 1976, § 294 Rn. 17). Diese materielle Prüfung erstreckt sich auf die Wirksamkeit des Teilgewinnabführungsvertrags einschließlich der Wirksamkeit des bzw. der erforderlichen Zustimmungsbeschlüsse nach §293 AktG (Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 294 Rn. 11; Koppensteiner in Köln.Komm. zum AktG, 2. Aufl., § 294 Rn. 18).

Für die Frage, ob eine materielle Prüfung des einzutragenden Teilgewinnabführungsvertrags und damit verbunden eine materielle Prüfungspflicht des Registergerichts im Interesse des Verkehrsschutzes unbedingt erforderlich ist, ist folgendes zu berücksichtigen:

Zunächst entfaltet die Eintragung von Teilgewinnabführungsverträgen gemäß § 294 Abs. 2 AktG für den Vertrag zwar registerrechtlich konstitutive Wirkung (s.o.). Voraussetzung für die Wirksamkeit des Vertrags ist jedoch auch die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrags im übrigen (vgl. Koppensteiner in Köln.Komm. zum AktG, 2. Aufl., § 294 Rn. 25), da die Eintragung abgesehen von der Fallgruppe des § 242 Abs. 1 AktG bei Nichtigkeit des Zustimmungsbeschlusses bzw. bei Unwirksamkeit des Unternehmensvertrages selbst nicht heilend wirkt (vgl. auch Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 294 Rn. 17). Insoweit kann auch durch eine in materieller Hinsicht unrichtige Eintragung des Vertrags im Handelsregister dessen Wirksamkeit nicht herbeigeführt werden, so daß eine materielle Prüfung des Vertrages durch das Registergericht entbehrlich erscheint.

Auch aus Gesichtspunkten des Vertrauens- und Gläubigerschutzes ergibt sich keine Notwendigkeit für eine materielle Prüfung durch das Registergericht, selbst wenn ein zivilrechtlich unwirksamer Vertrag in das Handelsregister eingetragen worden wäre und gegenüber dem auf die Richtigkeit der Handelsregistereintragung vertrauenden Publikum unter Umständen eine Rechtsscheinhaftung nach § 15 HGB ausgelöst würde. Denn dann wäre im Handelsregister ein Vertrag eingetragen, der nicht wirksam ist (s.o.). Dies erscheint aus Gläubigerschutzgesichtspunkten nicht weiter tragisch, da in diesem Fall gutgläubige Dritte lediglich auf eine für die Liquiditätsentwicklung der Gesellschaft eher negative Tatsache vertrauen, deren Wegfall ihnen direkt keinen Vorteil bringen würde. Daher dürften auch Gesichtspunkte des § 15 HGB einer lediglich deklaratorischen Eintragung von Teilgewinnabführungsverträgen nicht entgegenzustehen.

Bei einer Abschaffung der materiellen Prüfungspflicht dürfte der Eintragung von Teilgewinnabführungsverträgen nur noch deklaratorische Wirkung und nicht mehr konstitutive Wirkung zukommen. § 294 Abs. 2 AktG müßte dann gestrichen werden. Der Eintragungstext bei einer deklaratorischen Eintragung könnte dann etwa lauten: "Es bestehen Teilgewinnabführungsverträge". In Eintragungs- und/oder Bekanntmachungstext könnte dann auf die eingereichten Verträge Bezug genommen werden. Dadurch wäre die Warn- und Informationsfunktion des Registers gewahrt.
 

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