Neues zur Steuerfalle § 50 a Abs. 7 EStG -- Erfreuliche Nachrichten aus dem Bundesfinanzministerium
Die seit dem 1.4.1999 zu beachtende Regelung des § 50 a Abs. 7 EStG, hinter der sich eine Steuerfalle sowohl für den Unternehmer als auch für den Privatmann verbirgt, hat im Schrifttum vernichtende Kritik erfahren: sie sei ein Verstoß gegen Verfassungs-, Völker- und insbesondere Europa-Recht und bringe gravierende Beratungs- und Haftungsrisiken mit sich.
Der Steuerschuldner als Handlanger des Fiskus
Nach dieser Regelung ist der Schuldner einer Vergütung für
die Herstellung eines Werkes im Inland (z. B. Renovierung eines Hauses
in Aachen ...) verpflichtet, für Rechnung des im Ausland ansässigen
Gläubigers (... durch einen im benachbarten niederländischen
Vaals ansässigen Handwerker) einen Steuerabzug vorzunehmen, d.h. im
Ergebnis – als Handlanger des Fiskus – potentielle Steuerschulden dieses
Handwerkers (25 % der Bruttovergütung) einzubehalten und innerhalb
von acht Tagen nach Zahlung der Vergütung (!) abzuführen. Ist
der Handwerker nicht im Inland steuerpflichtig und weist er dies nach,
kann er sich diese Steuer nach Ablauf des Kalenderjahres (!) erstatten
lassen. Kommt der Schuldner einer Vergütung (d.h. der Auftraggeber)
– und davon sind nicht nur wie ursprünglich geplant Vergütungen
aus Bauverträgen, sondern z. B. auch solche aus Fracht- und Personenbeförderungs-,
Geschäftsbesorgungs-, Reparatur- und Wartungsverträgen betroffen
– seiner Einbehaltungspflicht nicht nach, haftet er dem deutschen Fiskus
für den Einbehaltungsbetrag, zahlt also ggf. 25 % der Vergütung
zusätzlich. Eine Freistellung vom Steuerabzug ist nur in eng definierten
Ausnahmefällen zugelassen.
In der Praxis hat diese Neuregelung – seit dem 1.4.1999 in Kraft –
viel Arbeit und Kopfzerbrechen nicht nur auf Seiten der Unternehmen und
ihrer Berater, sondern auch auf Seiten der Finanzverwaltung vor Ort in
den Ämtern verursacht, sonst wäre wohl kaum so schnell der Einführungserlaß
des BMF entstanden (Erl. v. 31.5.1999, veröffentlicht im BStBl. I
1999, 491). Angesichts aller Fragen und Unsicherheiten, welche mit der
Regelung verbunden sind, war abzusehen, daß früher oder später
auch die Finanzgerichte mit dieser Problematik befaßt worden wären.
Auch auf politischer Ebene hat die Regelung dem Vernehmen nach zu Irritationen
geführt, so soll sich insbesondere die Europäische Kommission
mit entsprechenden Bedenken an die Bundesregierung gewandt haben.
Enthaftung durch BMF-Pressemitteilung?
Um so erfreulicher ist nun die Nachricht, die uns in Form einer Pressemitteilung
mit Datum vom 26.7.1999 aus dem BMF erreicht: Die Neuregelung habe sich
nicht bewährt und solle daher rückwirkend wieder aufgehoben werden.
Im Wortlaut erklärt das BMF:
„Gemeinsam mit seinen europäischen Partnern ist sich Bundesfinanzminister Hans Eichel in dem Ziel einig, daß auch die Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig werden, sich nicht der gesetzlichen Besteuerung entziehen dürfen. Um die Besteuerung der ausländischen Unternehmen sicherzustellen, die in Deutschland steuerpflichtig sind, wurde deshalb mit Wirkung zum 1. April geregelt, daß der deutsche Auftraggeber für Rechnung des ausländischen Werkunternehmers einen Steuerabzug von 25 Prozent der Vergütung einzubehalten hat.Damit ist zwar die mißglückte gesetzliche Regelung noch nicht endgültig aus der Welt, sondern noch Recht und Gesetz, gleichwohl ist mit dieser Pressemitteilung ein vertrauensschutzwürdiger Tatbestand geschaffen worden, der es erlaubt, vom 26.7.1999 an tatsächlich auf den Steuerabzug zu verzichten, ohne eine Haftung zu riskieren.
Nach den bisher gewonnenen Erkenntnissen hat sich diese Neuregelung des § 50 a Abs. 7 EStG zur Erreichung des erwünschten Zieles nicht bewährt. Die Bundesregierung wird einen Gesetzentwurf vorlegen mit dem Inhalt, § 50 a Abs. 7 EStG rückwirkend zum 1.4.1999 wieder aufzuheben. In einem Schreiben an seine Länderkollegen hat Bundesfinanzminister Hans Eichel vorgeschlagen, im Vorgriff auf die gesetzliche Änderung mit sofortiger Wirkung den Vollzug des § 50 a Abs. 7 EStG einzustellen.
Gleichzeitig wird Bundesfinanzminister Hans Eichel gegenüber seinen europäischen Kollegen eine Initiative starten, um eine gleichmäßige und nicht den Wettbewerb verzerrende Besteuerung der grenzüberschreitend tätigen Unternehmen in Europa zu gewährleisten. Hierzu gibt es bereits sehr positive Rückmeldungen aus den Mitgliedstaaten“.
Zwar rückwirkende Aufhebung der Vorschrift ...
Mit Datum vom 11.8.1999 – IV C 1 - S 2303 - 447/99 ist nun tagesaktuell
ein BMF-Schreiben bekannt gegeben worden, das endgültig für Rechtssicherheit
sorgen dürfte. Denn darin werden die Finanzbehörden angewiesen,
„im Vorgriff auf die vorgesehene gesetzliche Änderung mit sofortiger
Wirkung von der Erhebung des Steuerabzugs nach § 50 a Abs. 7 EStG
abzusehen„. Bereits einbehaltene und abgeführte Steuer ist nach dieser
Anweisung sofort zu erstatten, soweit die Voraussetzungen für eine
Freistellung vom Steuerabzug oder für die Erstattung der Steuer erfüllt
sind (zu diesen Voraussetzungen BMF-Schr. v. 31.5.1999, BStBl. I 1999,
491, Tz.2 und 4). Entsprechende Anträge sind an das Finanzamt zu stellen,
an das die Steuer abgeführt wurde.
... gleichwohl teilweise Einbehaltung von Abzugsbeträgen
Aufgrund dieser Anweisungen entsteht im ersten Augenblick der Eindruck,
als ob in Kürze alle Konsequenzen dieser auf den Tag ihres Inkrafttretens
rückwirkend aufzuhebenden Vorschrift beseitigt sein würden. Tatsächlich
aber werden diejenigen Abzugsbeträge nicht erstattet, die aufgrund
der Vorschrift für nicht freizustellende ausländische Werkunternehmer
abgeführt worden sind. Dies bedeutet, daß die Folgen des Steuereinbehalts
also gerade nicht vollständig beseitigt werden, sondern einbehaltene
und abgeführte Steuerbeträge z. T. dem Fiskus verbleiben. Zugleich
werden dadurch im Ergebnis diejenigen nicht freizustellenden ausländischen
Werkunternehmer – zumindest vorübergehend – bevorzugt, deren Auftraggeber
der Einbehaltungspflicht nicht nachgekommen sind. Für solche Auftraggeber
sollte sich wegen der geplanten rückwirkenden Aufhebung der Vorschrift
gleichwohl die Haftungsfrage nicht mehr stellen. Letztendlich wird damit
das zweifelhafte Ergebnis eintreten, daß eine rückwirkend aufgehobene
Vorschrift gleichwohl noch in die Zukunft ausstrahlt.
Sollten nach diesen Hinweisen immer noch nicht alle Zweifelsfragen
ausgeräumt sein, sollte sich der Steuerpflichtige an das für
ihn zentral zuständige Finanzamt (z. B. für den Aachener und
Köln-Bonner Raum zentral zuständig: das FA Aachen-Innenstadt)
wenden.