Stellungnahme der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt vom 17.9.2001 zum
Entwurf des DRSC e. V. für ein Gesetz zur Internationalisierung der Rechnungslegung

An das
Bundesministerium der Justiz
Herrn RD Dr. Christoph Ernst

11015 Berlin

Sehr geehrter Herr Dr. Ernst,

für Ihr Schreiben vom 22.8.2001 [Volltext] danken wir Ihnen sehr und nehmen dazu gerne wie folgt Stellung:

Der Entwurf eines Gesetzes "Zur Internationalisierung der Rechnungslegung" des DRSC sieht einerseits die Abschaffung zahlreicher HGB-Wahlrechte im Zusammenhang mit der Aufstellung des Konzernabschlusses und andererseits die Hinwendung zu den Standards des IASC vor. Wie wir in unserer Stellungnahme zum Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission vom 13.2.2001 zur Neuregelung des Konzernbilanzrechts ab 2005 am 29.5.2001 [Volltext] bereits ausgeführt haben, begrüßen wir

(1) die verpflichtende Anwendung von IAS für Unternehmen, die den organisierten Kapitalmarkt in Anspruch nehmen und

(2) die optionale (vom HGB-Konzernabschluß befreiende) Anwendung von IAS für Unternehmen, die nicht kapitalmarktorientiert sind.

Das Wahlrecht zu (2) würde für viele mittelständisch strukturierte Konzerne die Möglichkeit eröffnen, unter Berücksichtigung ihrer Geschäftstätigkeit den hohe Anforderungen stellenden IAS-Abschluß zu erstellen oder, falls dies eben nicht erforderlich ist, beim HGB-Konzernabschluß zu verbleiben. Eine Entlastung – weil Befreiung vom derzeit ggf. zusätzlich aufgestellten HGB-Abschluß – träte dann für die erstgenannte Gruppe ein, wohingegen für die zweite Gruppe eine Verschärfung vermieden würde.

Dies vorausgeschickt, sollte im Gesetz die Interessenlage der Unternehmen, die den organisierten Kapitalmarkt nicht in Anspruch nehmen, stärker fokussiert werden. Dies betrifft z.B. die Berichtsformate Kapitalflußrechnung und Eigenkapitalspiegel. Der vorliegende Vorschlag führt zutreffend aus, daß beide Formate nach international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen Bestandteil des Konzernabschlusses sind. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, daß die international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätze vor allem die Information des anonymen Kapitalmarkts im Blick haben.

Wie wir schon in unserer Stellungnahme zum Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission ausgeführt haben, ist generell eine Publizitätspflicht für nicht den Kapitalmarkt in Anspruch nehmende Unternehmen außerhalb der EU häufig unbekannt. Es wäre für den Mittelstand eine unbillige Härte, würden nun zusätzliche und von den Adressaten des Konzernabschlusses (außerhalb des Kapitalmarkts) gar nicht verlangte Berichtsformate eingeführt. Ganz im Gegenteil wäre es wünschenswert, wenn die Diskussion um die Internationalisierung der Rechnungslegung zu einer Entlastung aller Unternehmen führen würde, die nicht den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen, beispielsweise durch eine EU-weite Verringerung des Umfangs der Publizitätspflichten, etwa in Abhängigkeit der Unternehmensgröße. Keinesfalls aber sollten, wo es noch in der Kompetenz des nationales Gesetzgebers liegt, dem deutschen Mittelstand neue Belastungen aufgebürdet werden. Insoweit es mittelständischen Unternehmen nutzt bzw. wenn es von den Adressaten des Konzernabschlusses erwartet wird, werden diese Unternehmen ohnehin freiwillig einen größeren Umfang an Informationen bieten als gesetzlich verlangt. Diese Art der Deregulierung läge im Interesse des Wirtschaftsstandortes Deutschland und sollte vom nationalen Gesetzgeber durchgeführt und auf EU-Ebene massiv vertreten werden.

Zu den einzelnen Nummern des Artikel 1 des Gesetzentwurfs nehmen wir, soweit Anmerkungen erforderlich sind, daher wie folgt Stellung:

1. Zu Nummer 1. § 290 E-HGB
(zugleich Ihre Frage 1)

Ein Wegfall des Kriteriums der einheitlichen Leitung ist aus unserer Sicht unproblematisch, da es in der Rechnungslegungspraxis bedeutungslos ist. In der Abkehr von der Anknüpfung an den Konzernbegriff im Sinne des § 18 AktG sehen wir keine Nachteile. Fraglich könnte aber u.E. sein, ob § 290 Abs. 2 Nr. 4 E-HGB noch von Art. 1 der 7. EU-Richtlinie gedeckt ist.

2. Zu Nummer 3. § 296 E-HGB

Das vorgeschlagene Verbot der Einbeziehung sollte nicht in § 296 HGB, sondern beispielsweise als Abs. 4 in § 295 HGB aufgenommen werden, damit wie bisher in § 295 HGB die Verbote und in § 296 die Wahlrechte der Einbeziehung geregelt werden. § 296 Abs. 1 HGB würde wegfallen.

3. Zu Nummer 4. § 297 E-HGB

Wie schon einleitend begründet, sollten die Kapitalflußrechnung und der Eigenkapitalspiegel von nicht den Kapitalmarkt in Anspruch nehmenden Unternehmen nicht gefordert werden. § 297 Abs. 1 Satz 2 HGB könnte daher wie folgt gefaßt werden:

"Die gesetzlichen Vertreter eines Mutterunternehmens, das einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Absatz 5 des Wertpapierhandelsgesetzes durch von ihm oder einem Tochterunternehmen ausgegebene Wertpapiere im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes in Anspruch nimmt, haben den Konzernanhang um eine Kapitalflußrechnung, einen Eigenkapitalspiegel und eine Segmentberichterstattung zu erweitern."

4. Zu Nummer 6. § 301 E-HGB

Das DRSC schlägt in Abs. 2 vor, die Möglichkeit, als Zeitpunkt der Verrechnung der Anteile mit dem anteiligen Eigenkapital den Zeitpunkt der erstmaligen Einbeziehung zu wählen, aufzuheben. Dies würde bei jedem unterjährigen Erwerb gerade vor dem Hintergrund der nur noch zulässigen Neubewertungsmethode einen Zwischenabschluß der erworbenen Gesellschaft erfordern. Nicht den Kapitalmarkt in Anspruch nehmenden Konzernen sollte hier eine Erleichterung gewährt werden, zumal dies sogar der eigentlichen Vorgabe in Art. 19 Abs. 1 a der 7. EU-Richtlinie entspricht. Daher ist an den Vorschlag des DRSC zu § 301 Abs. 2 HGB ein Satz 2 anzufügen:

"Die gesetzlichen Vertreter eines Mutterunternehmens, das einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Absatz 5 des Wertpapierhandelsgesetzes durch von ihm oder einem Tochterunternehmen ausgegebene Wertpapiere im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes nicht in Anspruch nimmt, dürfen für den Ansatz des Eigenkapitals im Sinne des Satzes 1 auch den Zeitpunkt der erstmaligen Einbeziehung des Tochterunternehmens wählen."

5. Zu Nummer 10. § 308 E-HGB

Die Übernahme von nur nach Steuerrecht zulässigen Wertansätzen stellt (weiterhin) eine erhebliche Arbeitserleichterung für die Aufstellung des Konzernabschlusses gerade im Mittelstand dar. Daher sollte dieses Bewertungswahlrecht nicht gestrichen werden und § 308 Abs. 3 HGB wie folgt gefaßt werden:

"Wurden in den Konzernabschluß zu übernehmende Vermögensgegenstände oder Schulden im Jahresabschluß eines in den Konzernabschluß einbezogenen Unternehmens mit einem nur nach Steuerrecht zulässigen Wert angesetzt, weil dieser Wertansatz sonst nicht bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung berücksichtigt werden würde, oder ist aus diesem Grunde auf der Passivseite ein Sonderposten gebildet worden, so dürfen diese Wertansätze unverändert in den Konzernabschluß übernommen werden. Der Betrag der im Geschäftsjahr nach Satz 1 in den Jahresabschlüssen vorgenommenen Abschreibungen, Wertberichtigungen und Einstellungen in Sonderposten sowie der Betrag der unterlassenen Zuschreibungen sind im Konzernanhang anzugeben; die Maßnahmen sind zu begründen. Satz 1 ist nicht anzuwenden für den Konzernabschluß eines Mutterunternehmens, das einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Absatz 5 des Wertpapierhandelsgesetzes durch von ihm oder einem Tochterunternehmen ausgegebene Wertpapiere im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes in Anspruch nimmt."

6. Zu Nummer 11. § 309 E-HGB
(zugleich Ihre Frage 2)

Die Neuregelung, den Geschäfts- oder Firmenwert ausschließlich planmäßig abzuschreiben, begrüßen wir sehr, stellt sie doch ein wesentliches Instrument der Kontrolle der Kaufentscheidung des Managements nach durchgeführten Unternehmensakquisitionen dar. In diesem Zusammenhang und vor dem Hintergrund der auch von Ihnen angesprochenen Änderungen in FAS 141 und FAS 142 fordern wir die Bundesregierung auf, über die EU beim IASC auf eine Beibehaltung der Regelung in IAS 22 zu drängen.

7. Zu Nummer 12. § 312 E-HGB

Analog zu oben 4. ist an den Vorschlag des DRSC für § 312 Abs. 3 HGB ein Satz 2 anzufügen:

"Die gesetzlichen Vertreter eines Mutterunternehmens, das einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Absatz 5 des Wertpapierhandelsgesetzes durch von ihm oder einem Tochterunternehmen ausgegebene Wertpapiere im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes nicht in Anspruch nimmt, dürfen als Grundlage der Ermittlung des Wertansatzes der Beteiligung und der Unterschiedsbeträge auch den Zeitpunkt der erstmaligen Einbeziehung des assoziierten Unternehmens in den Konzernabschluß wählen."

8. Zu Nummer 13. § 313 E-HGB

Schutzklauseln machen in Abschlüssen, die der Information der Anteilseigner am anonymen Kapitalmarkt dienen, keinen Sinn; bei nicht den Kapitalmarkt in Anspruch nehmenden Konzernen greift aber diese Begründung nicht, so daß für diese Gruppe die Schutzklausel bestehen bleiben sollte. Daher wäre § 313 Abs. 3 HGB wie folgt zu formulieren:

"Die in Absatz 2 verlangten Angaben brauchen im Konzernabschluß eines Mutterunternehmens, das einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Absatz 5 des Wertpapierhandelsgesetzes durch von ihm oder einem Tochterunternehmen ausgegebene Wertpapiere im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes nicht in Anspruch nimmt, insoweit nicht gemacht zu werden, als nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung damit gerechnet werden muß, daß durch die Angaben dem Mutterunternehmen, einem Tochterunternehmen oder einem anderen in Absatz 2 bezeichneten Unternehmen erhebliche Nachteile entstehen können. Die Anwendung der Ausnahmeregelung ist im Konzernanhang anzugeben." ...


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