Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 7)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

KG 13.6.2022, 22 W 25/22
Zu den Erfordernissen der Beendigung einer Liquidation und Eintragung gem. § 74 GmbHG

Eine Liquidation ist beendet und eine Eintragung nach § 74 GmbHG gerechtfertigt, wenn keine Abwicklungsmaßnahmen mehr erforderlich sind. Grundsätzlich ist dazu erforderlich, dass alle Pflichten gem. §§ 70–73 GmbHG erfüllt sind. Hierzu gehört auch, dass die Gesellschaft durch eine entsprechende Bekanntmachung die Auflösung der Gesellschaft publik macht und zugleich die Gläubiger der Gesellschaft auffordert, sich bei ihr zu melden (§§ 65 Abs. 2, 73 Abs. 1 GmbHG).
(amtl.)


OLG Düsseldorf 27.6.2022, 26 W 13/18 [AktE]
Unternehmensbewertung bei verschmelzungsrechtlichem Squeeze-out

1. Den für eine Unternehmensbewertung maßgeblichen Ausschüttungsannahmen ist regelmäßig (nur) für die Detailplanungsphase die Ausschüttungsplanung des zu bewertenden Unternehmens zugrunde zu legen. Für die Phase der ewigen Rente ist grundsätzlich von typisierten Ausschüttungsannahmen zwischen 40 % und 60 % auszugehen. Abweichend davon kann sich die Ausschüttungsquote sowohl im Detailplanungszeitraum als auch in der Phase der ewigen Rente implizit als Resultat der Berücksichtigung der Ausschüttung gemäß der in der Unternehmenssatzung geregelten Reihenfolge ergeben. Dies ist dann anzunehmen, wenn das Ausschüttungsverhalten des zu bewertenden Unternehmens zum Bewertungsstichtag durch die Ausgabe von Vorzugsaktien mit erheblichen Vorzügen geprägt war, die aufgrund der rechtlich verbindlichen Vorgaben zur Bedienung der Vorzüge in der Unternehmenssatzung zwingend zu bedienen waren.

2. Die Berücksichtigung der Besteuerung inflationsbedingter Wertsteigerungen als solcher ist im Rahmen der Ertragswertberechnung nicht zu beanstanden.

3. Der Ansatz einer Marktrisikoprämie von 5 % nach Steuern ist bezogen auf einen Stichtag im August 2012 nicht übersetzt.

4. Ein Länderrisikozuschlag ist im Kapitalisierungszinssatz nur dann zu berücksichtigen, wenn etwaige landesspezifische Risiken nicht bereits in den sich aus der Planungsrechnung ergebenden zu diskontierenden Ergebnissen enthalten sind.

5. Die Bemessung der Kompensationsleistung anhand des Börsenkurses scheidet aus, wenn über einen längeren Zeitraum praktisch kein Handel mit der von der Bewertung betroffenen Aktie stattgefunden hat. Dies kann bei einem Börsenhandel an nur drei bzw. sechs einzelnen Handelstagen eines Zeitraums von drei Monaten – hier: im einfachen Freiverkehr – nicht festgestellt werden. Auf die theoretische Möglichkeit des Handels kommt es nicht an.

6. Die aufgrund einer Strukturmaßnahme festgelegte Kompensation ist nur dann unangemessen, wenn sie mehr als nur geringfügig von dem ursprünglich ermittelten Wert der Aktie abweicht. Sind aufgrund der Aktienstruktur des zu bewertenden Unternehmens und des daraus resultierenden Verteilungsschlüssels von einer durch den Hauptaktionär festgelegten Kompensation Aktionäre unterschiedlicher Aktiengattungen betroffen, ist die Angemessenheit der Kompensation im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der jeweiligen quotalen Abweichungen bei sämtlichen von der Strukturmaßnahme betroffenen Aktiengattungen zu bewerten. Führt dies schon bei isolierter Betrachtung zu einem Korrekturbedarf in Bezug auf eine einzelne der betroffenen Aktiengattungen, kann eine Heraufsetzung auch zugunsten der anderen geboten sein.
(alle amtl.)


OLG Brandenburg 26.8.2022, 7 W 82/18
Unternehmensbewertung bei Squeeze-out

1. Im Spruchverfahren ist bei der Berechnung der Beschwer für die Einlegung der Beschwerde ein Vergleichsangebot des Antragsgegners, das an alle Aktionäre gerichtet ist, zu berücksichtigen.

2. Die Beschwerde von Kleinaktionären ist nicht allein wegen ihres geringen wirtschaftlichen Interesses an einer Erhöhung der Abfindung um einen geringen Betrag rechtsmissbräuchlich.

3. Zur Überprüfung der Unternehmensplanungen im Spruchverfahren.

4. Wenn die Unternehmensplanungen nicht plausibel sind, rechtfertigt auch der Umstand, dass die korrigierten Planungen lediglich zu einer verhältnismäßig geringfügigen Erhöhung der Abfindung führen, nicht die Anwendung der Bagatellgrenze.
(alle nicht amtl.)


BFH 30.6.2022, IV R 42/19
Abfärbung von Verlusten aus gewerblicher Tätigkeit auf die im Übrigen vermögensverwaltende Tätigkeit einer GbR

1. Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit stehen bei Überschreiten der sog. Bagatellgrenze der Umqualifizierung der im Übrigen vermögensverwaltenden Tätigkeit einer GbR nicht entgegen (Aufgabe der im BFH v. 12.4.2018 – IV R 5/15, BFHE 261, 157 = BStBl. II 2020, 118 Rz. 34 f. zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG a.F. vertretenen Rechtsauffassung).

2. Die seitwärts abfärbende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2 Alt. 1 EStG i.d.F. des WElektroMobFördG (EStG n.F.) ist für gemischt tätige vermögensverwaltende Personengesellschaften nicht stärker einzuschränken, als dies bisher für gemischt tätige freiberufliche Personengesellschaften geschehen ist.

3. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2 Alt. 1 und § 52 Abs. 23 Satz 1 EStG n.F. sind verfassungsgemäß.
(alle amtl.)

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.02.2023 11:44
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite