BGH 14.10.2014, II ZB 20/13

Änderung des mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens neu beginnenden Geschäftsjahresrhythmus durch Mitteilung an das Registergericht

Der Insolvenzverwalter kann den mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens neu beginnenden Geschäftsjahresrhythmus ändern. Dies kann durch eine Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister, aber auch durch eine sonstige Mitteilung an das Registergericht geschehen.

Der Sachverhalt:
Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter in dem am 1.12.2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der D-GmbH. Im Handelsregister sind am 7.12.2009 der Insolvenzvermerk und die Auflösung der Gesellschaft eingetragen worden. Im Gesellschaftsvertrag der Schuldnerin ist bestimmt, dass Geschäftsjahr das Kalenderjahr sein soll. Gem. § 155 Abs. 2 S. 1 InsO begann mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein neues Geschäftsjahr. Der Antragsteller will jedoch zu der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Regelung zurückkehren. Dadurch würde neben dem Rumpfgeschäftsjahr nach § 155 Abs. 2 S. 1 InsO bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (1.1. bis 1.12.2009) ein weiteres Rumpfgeschäftsjahr vom 1.12. bis zum 31.12.2009 entstehen.

Dementsprechend beantragte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 16.12.2009 beim AG - Registergericht - die Bestellung eines Abschlussprüfers für den Jahresabschluss zum 1.12.2009 und den Jahresabschluss zum 31.12.2009. Mit Schriftsatz vom 4.2.2010 erklärt er:

"Richtiger Weise stellen Sie fest, dass durch die Insolvenzeröffnung ein neues Wirtschaftsjahr beginnt. Für die Zukunft soll jedoch auf ein Wirtschaftsjahr wieder umgestellt werden, das dem Kalenderjahr entspricht. Aus diesem Grund möchte ich ausdrücklich beantragen, dass die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf das Kalenderjahr erfolgt. Zur Begründung für diese Umstellung möchte ich ausführen, dass ein Wirtschaftsjahr, das zukünftig immer am 30.11. eines Jahres enden würde, erhebliche EDV-technische Umstellungsprobleme mit sich brächte, die nur sehr kostenintensiv zu lösen wären."

Das AG bestellte hat mit zwei Beschlüssen jeweils vom 23.4.2010 einen Abschlussprüfer für das am 1.12.2009 endende und das am 1.12.2009 beginnende Geschäftsjahr. Nach weiterer Korrespondenz meldete der Antragsteller am 11.9.2012 Folgendes zur Eintragung in das Handelsregister an:

1. Es wird ein Rumpfgeschäftsjahr beginnend mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der D-GmbH am 1.12.2009 und endend am 31.12.2009 festgesetzt.
2. Die nachfolgenden Geschäftsjahre werden ab dem 1.1.2010 auf das satzungsmäßige Geschäftsjahr, beginnend jeweils am 1.1. eines Jahres und endend jeweils am 31.12. eines Jahres, festgesetzt.

Das AG wies den Antrag zurück. Die Beschwerde des Antragstellers hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hob der BGH den Beschluss des OLG auf und änderte den Beschluss des AG dahingehend ab, dass das AG angewiesen wird, die Handelsregisteranmeldung des Beteiligten vom 11.9.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

Die Gründe:
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt gem. § 155 Abs. 2 S. 1 InsO ein neues Geschäftsjahr, wenn nicht ausnahmsweise das Verfahren genau zum Wechsel der Geschäftsjahre eröffnet wird. Das bisher laufende Geschäftsjahr wird dadurch zu einem Rumpfgeschäftsjahr. Da die Dauer eines Geschäftsjahrs nach § 240 Abs. 2 Satz 2 HGB zwölf Monate nicht überschreiten darf, entsteht ein neuer, von der Satzung der Insolvenzschuldnerin abweichender Geschäftsjahresrhythmus. Der Insolvenzverwalter ist aber befugt, das Geschäftsjahr wieder so festzulegen, wie es in der Satzung der Schuldnerin festgelegt ist. Etwa um unnötige, mit der dauerhaften Umstellung des Geschäftsjahrs zusammenhängende Kosten zu vermeiden.

Die Entscheidung des Insolvenzverwalters, wieder zu dem für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltenden Geschäftsjahresrhythmus zurückzukehren, ist keine Satzungsänderung, auch wenn das Geschäftsjahr - wie hier - in der Satzung vorgegeben ist. Denn damit wird lediglich die Festlegung in der Satzung, die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch § 155 Abs. 2 S. 1 InsO außer Kraft gesetzt worden ist, wieder zur Anwendung gebracht. Die Entscheidung des Insolvenzverwalters, das Geschäftsjahr zu ändern, muss nach außen erkennbar werden, und zwar jedenfalls noch während des ersten laufenden Geschäftsjahrs nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das kann durch eine Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister geschehen, aber auch durch eine sonstige Mitteilung an das Registergericht.

Für den Fall einer Veränderung des Geschäftsjahrs durch Satzungsänderung ist anerkannt, dass die dafür nach § 54 Abs. 3 GmbHG erforderliche Handelsregistereintragung konstitutiv ist, also nur ex nunc wirkt. Für die Entscheidung des Insolvenzverwalters, zu dem bisherigen Geschäftsjahr zurückzukehren, gilt § 54 Abs. 3 GmbHG dagegen nicht unmittelbar, weil diese Entscheidung - wie dargelegt - keine Satzungsänderung ist. Auch eine analoge Anwendung des § 54 Abs. 3 GmbHG scheidet jedenfalls in Bezug auf das erste laufende Geschäftsjahr nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus. Zwar ist wegen des Grundsatzes der Registerwahrheit zu verlangen, dass der Insolvenzverwalter seine Entscheidung nicht nur dem Registergericht mitteilt, sondern sie auch im Handelsregister eintragen lässt. Denn das Register, in dem - nur - ein Insolvenzvermerk eingetragen ist, gibt damit zunächst die falsche Auskunft, dass das Geschäftsjahr jeweils mit dem Datum und der Uhrzeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt.

Für eine Analogie zu § 54 Abs. 3 GmbHG in dem Sinne, dass die Eintragung des Geschäftsjahreswechsels jedenfalls auch in Bezug auf das erste laufende Geschäftsjahr nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens konstitutiv wäre, fehlt es dagegen an einer planwidrigen Regelungslücke. Die gesetzliche Anordnung, dass eine Änderung des Geschäftsjahrs in Form einer Satzungsänderung nur mit der Eintragung ex nunc wirksam werden kann, soll der Gefahr vorbeugen, dass die Zeitpunkte, zu denen Jahresabschlüsse zu erstellen sind, durch manipulative Eintragungen beliebig verändert werden können und so durch Ausschüttung von künstlich erzeugten Gewinnen die Kapitalerhaltungsvorschriften verletzt werden. Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet, besteht diese Gefahr nicht mehr. Während des Insolvenzverfahrens werden keine Gewinne an die Gesellschafter ausgeschüttet, selbst wenn Gewinne entstanden sein sollten. Die Gesellschafter haben keinen Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.01.2015 13:55
Quelle: BGH online

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