Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 6)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

BayObLG 4.7.2023, 101 Sch 28/22
Zur Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs bei gesellschaftsrechtlicher Beschlussfeststellung

1. Die Feststellung, dass ein Beschlussantrag angenommen wurde, also ein entsprechender Beschluss wirksam zustande gekommen ist, kann in entsprechender Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften mit einer Anfechtungsklage gegen die vom Versammlungsleiter getroffene Feststellung, dass ein Beschlussantrag abgelehnt wurde, verbunden mit dem Antrag auf Feststellung, dass ein anderer Beschluss zustande gekommen ist, erreicht werden.

2. Haben Gesellschafter einer GmbH nicht gegenüber der Gesellschaft, sondern gegenüber ihren Mitgesellschaftern Klage erhoben, um die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Beschlusses nach § 56 ZPO feststellen zu lassen, ist es mangels hinreichender Nähe zur positiven Beschlussfeststellungsklage nicht gerechtfertigt, eine Rechtskraftwirkung in entsprechender Anwendung des § 248 AktG anzunehmen.

3. Die Bereinigung offenbarer Unrichtigkeiten durch die staatlichen Gerichte im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens ist zulässig.
(alle nicht amtl.)

 

BayObLG 7.6.2023, 101 AR 126/23 e
Negativer Kompetenzkonflikt aufgrund unklarer Anleihebedingungen

1. Eine Gerichtsstandsvereinbarung in einem Vertrag zugunsten Dritter ist bei der gerichtlichen Verfolgung von Ansprüchen durch den aus dem Vertrag berechtigten Dritten zu beachten, auch wenn dieser selbst nicht pro- und derogationsbefugt ist.

2. Zur Auslegung einer Gerichtsstandsvereinbarung für alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dem Vertrag, in den sie integriert ist, als Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstands.

3. Ein fehlerhaft begründeter, jedoch der Rechtslage im Ergebnis entsprechender Verweisungsbeschluss ist nicht willkürlich.
(alle amtl.)

 

BFH 23.8.2023, XI R 36/20
Teilwertansatz bei börsennotierten „hybriden“ Anleihen ohne feste Laufzeit und ohne Kündigungsmöglichkeit des Gläubigers

Bei börsennotierten verzinslichen Wertpapieren ohne feste Laufzeit, die von den Gläubigern nicht gekündigt werden können, liegt eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vor, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter denjenigen im Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile gesunken ist und der Kursverlust die Bagatellgrenze von 5 % der Anschaffungskosten bei Erwerb überschreitet.
(amtl.)

 

BFH 3.5.2023, IX R 12/22
Gewinnerzielungsabsicht bei den Einkünften aus § 17 EStG und Gestaltungsmissbrauch bei gezielter Herbeiführung von Veräußerungsverlusten

1. Die auch bei den Einkünften aus § 17 EStG erforderliche Gewinnerzielungsabsicht muss sich auf die gesamte Beteiligung des Steuerpflichtigen an der Kapitalgesellschaft beziehen. Eine auf den einzelnen veräußerten Geschäftsanteil bezogene Betrachtung ist ausgeschlossen.

2. Das für einen bestimmten Geschäftsanteil gezahlte Aufgeld (Agio) erhöht die Anschaffungskosten dieses Anteils, auch wenn die Summe aus dem Nennbetrag und dem Agio den Verkehrswert des Anteils übersteigt (sog. Überpari-Emission; Anschluss an das Urteil des BFH v. 27.5.2009 – I R 53/08, BFHE 226, 500 = GmbHR 2010, 156 = FR 2010, 278). Das gilt jedenfalls für Veräußerungen bis zum 31.7.2019.

3. Die gezielte Herbeiführung eines Verlusts durch die Veräußerung eines GmbH-Geschäftsanteils, dessen Anschaffungskosten aufgrund eines Aufgelds seinen Verkehrswert übersteigen, ist nicht ohne weiteres rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 42 AO.
(alle amtl.)

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.02.2024 11:13
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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