04 / 2017

Dr. Ralph Wagner, Dresden

GmbH-Gründungskosten – recht und schlecht

I. Gründungskosten: legal

GmbH-Gründer und ihre Berater sind oft daran interessiert, Gründungskosten (auch steuerlich) der Gesellschaft (und nicht den Gesellschaftern zuzuordnen). Die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens war GmbH-rechtlich durchaus fraglich: Das Stammkapital der GmbH soll bei ihrer „juristischen Geburt”, also im Zeitpunkt der Handelsregistereintragung, noch ungemindert vorhanden sein (so § 8 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 2 u. 3 GmbHG). Obwohl (anders als bei der AG, vgl. § 26 Abs. 2 AktG) im GmbH-Recht eine gesetzliche Erlaubnis zur Überwälzung von Gründungskosten zunächst fehlte, gingen Rechtsprechung und Schrifttum seit jeher davon aus, dass angemessene Gründungskosten unter bestimmten Voraussetzungen der GmbH auferlegt werden dürfen (vgl. z.B. BGH v. 20.2.1989 – II ZB 10/88, GmbHR 1989, 250).

Inzwischen wurde bei diversen Änderungen des GmbH-Gesetzes die Zulässigkeit der Überwälzung von Gründungsaufwand (zwar weiterhin nicht explizit geregelt, jedoch) vom Gesetzgeber vorausgesetzt und unterstellt: § 9a Abs. 1 u. § 82 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG erwähnen den von der Gesellschaft getragenen Gründungsaufwand. In den gesetzlichen Musterprotokollen (Anlage zu § 2 Abs. 1a GmbHG) wird (jeweils in Ziff. 5) die Übernahme von Gründungskosten durch die Gesellschaft „bis zu einem Gesamtbetrag von 300 €, höchstens jedoch bis zum Betrag ihres Stammkapitals” vorgesehen. Diese – wenig diskutierte – Regelung ist höchst bemerkenswert: Der Gesetzgeber erlaubt im Ergebnis, dass eine Kapitalgesellschaft in den Rechtsverkehr eintritt, deren Stammkapital bereits bei Gründung vollständig (!) verbraucht ist.

Der Gründer (und sein Berater) haben insoweit zu beachten:

  • In entsprechender Anwendung von § 26 Abs. 2 AktG wird verlangt, dass die Übernahme der Gründungskosten im (notariell beurkundeten) Gesellschaftsvertrag geregelt ist.

  • Die übernommenen Gründungskosten müssen betragsmäßig beziffert oder zumindest (durch Angabe eines Höchstbetrags) begrenzt sein. Nur so können sich Gläubiger darüber informieren, inwieweit das Kapital der GmbH verbraucht wird.

  • Anzugeben ist ein konkreter Höchstbetrag in Geld (z.B. „bis maximal 2.500 €”); prozentuale Angaben (Quote des Stammkapitals, z.B. 10 %) sollen nicht genügen (OLG Zweibrücken v. 25.6.2013 – 3 W 28/13, GmbHR 2014, 427).

  • Überwälzt werden dürfen nur notwendige oder zumindest angemessene Gründungskosten, die der Art nach umrissen werden müssen (z.B. Notar- und Anwaltskosten, Gerichtskosten). Die Praxis sieht die Grenze der Angemessenheit bei 10 % des Stammkapitals, für das Mindeststammkapital von 25.000 € also bei 2.500 € (auch bei komplexen Gründungs-/Umwandlungsvorgängen dürfen der GmbH nicht Gründungskosten übergewälzt werden, die ihr Stammkapital nennenswert schmälern; vgl. OLG Celle v. 22.10.2014 – 9 W 124/14, GmbHR 2015, 139 m. Komm. Wachter: keine Eintragungsfähigkeit einer GmbH, die bei Stammkapital von 25.000 € mit Gründungskosten von 15.000 € belastet ist). Für deutlich höhere Stammkapitalbeträge dürfte die Quote (wegen der degressiven Kostenlinie) niedriger ausfallen. Spiegelbildlich wurde mit Verweis auf die Kostendegression, also die verhältnismäßig höheren Kostenlasten bei niedrigerem Stammkapital (Gründung einer UG ohne Verwendung des Musterprotokolls), eine Quote von mehr als 10 % (konkret: 70 %) akzeptiert (OLG Hamburg v. 18.3.2011 – 11 W 19/11, GmbHR 2011, 766).

  • Die Satzungsklausel zur Übernahme der Gründungskosten ist analog § 26 Abs. 4 u. 5 AktG für fünf Jahre ab Registereintragung der Gesellschaft änderungsfest; teils wird sogar die Zehnjahresfrist aus § 31 Abs. 5 GmbHG für übertragbar gehalten (vgl. Gerber, Komm. zu OLG Frankfurt a. M. v. 7.4.2010 – 20 W 94/10, GmbHR 2010, 589 [591] unter IV., m.w.N.). In der Praxis führen Verstöße hiergegen immer wieder zu Beanstandungen der Registergerichte, wenn die Gesellschafter bei nächster Gelegenheit (Satzungsänderungen innerhalb von fünf Jahren nach Gesellschaftsgründung) die aus ihrer Sicht erledigte Klausel zu den Gründungskosten streichen wollen.


II. Gründungsaufwand „anderer Art”

Sehr zeitnah nach dem Gründungs-Notartermin erhält die GmbH erste Post, u.a. begrüßt üblicherweise z.B. die IHK das neue Mitglied. (Jeder Berater sollte GmbH-Gründer darauf hinweisen, dass spätestens am Tag des Notartermins auch die postalische Erreichbarkeit der neu gegründeten GmbH gesichert werden muss; ist unter der beim Notar genannten Adresse noch kein Briefkasten beschildert, folgen Rückfragen in der Kette IHK – Registergericht – Notar – Gründungsgesellschafter, die den Eintragungsvorgang verzögern.)

Seit einigen Jahren – und offenbar zunehmend – erhalten neu gegründete Gesellschaften leider auch Briefe, die zusätzlichen und höchst unerfreulichen Gründungsaufwand mit sich bringen können: Etliche „Unternehmer” haben ein „Geschäftsmodell” entwickelt, das darin besteht, die im elektronischen Unternehmensregister veröffentlichten Neueintragungen von Gesellschaften zu erfassen und diesen neu gegründeten Unternehmen kostenpflichtige, völlig wertlose Veröffentlichungsangebote zuzusenden, die optisch den Eindruck eines behördlichen Gebührenbescheides vortäuschen. In Berlin erhalten z.B. neu gegründete GmbHs derzeit bis zu sechs angebliche Gebührenrechnungen in amtlicher Aufmachung, bei denen für die „Veröffentlichung/Hinterlegung” oder den „Handelsregistereintrag” diverse „Kostenansätze” zwischen 500 € und 800 € angefordert werden. Im Kleingedruckten versteckt ist die Nachricht, dass bei Überweisung des geforderten Betrags lediglich die im amtlichen Handelsregister ohnehin veröffentlichten (und per www.unternehmensregister.de online verfügbaren) Daten auf einer abgelegenen Internetseite wiederholt werden. Pikanterweise sind etliche der Absender (soweit man nicht von vornherein anonym agiert) selbst nicht unter den angegebenen Firmierungen im Handelsregister auffindbar; beispielhaft seien genannt: VHG Verwaltungs eK in Berlin, GER GmbH in Düsseldorf, HGV in Duisburg, ZGR in Stuttgart.

Nachdem die Registergerichte wegen entsprechender Täuschungsversuche dazu übergegangen sind, Warnhinweise in ihre (echten) Gebührenbescheide aufzunehmen, werden sogar solche Warnungen in den Betrugsschreiben konsequent kopiert; beispielhaft aus einem Schreiben der „Verwaltung für Handel & Gewerberegister”:

„In letzter Zeit versuchen mehrfach private Anbieter mit amtlich aussehenden Rechnungen Kosten für eine Eintragung in ein privates Register oder eine Datei zu erlangen. Es wird daher eindringlich darauf hingewiesen, dass Abrechnungen des Registergerichts für Handelsregistereintragungen und deren Veröffentlichungen über uns erfolgen.” (Unterstreichung im Original!)


III. Fazit

Berater sollten bei GmbH-Gründungen für die nötige Satzungsregelung zur Übernahme von Gründungskosten Sorge tragen und ihre Mandanten auch darauf vorbereiten, dass nach der Gründung womöglich Kostenrechnungen eintreffen, die sich bei genauerem Hinsehen als Betrug erweisen.

Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 23.02.2017 08:55