Aktuell in der GmbHR

Die Zusammenlegung dinglich belasteter GmbH-Anteile (Schneider, GmbHR 2019, 1222)

Die dingliche Belastung von GmbH-Anteilen ist von einiger praktischer Bedeutung; dasselbe gilt für ihre oftmals notwendige Zusammenlegung. Wenn nun dinglich belastete GmbH-Anteile zusammengelegt werden sollen, stellt sich die Frage, ob und – wenn ja – unter welchen Voraussetzungen das möglich ist. Die h.L. sieht eine solche Möglichkeit – zumeist: ohne weitere Begründung – alleine für den Fall der gleichartigen dinglichen Belastung, während unterschiedlich belastete Anteile nicht zusammenlegungsfähig seien. Vorliegender Beitrag zeigt, dass diese Stimmen irren: Unter Beachtung der maßgeblichen sachenrechtlichen Schutzmechanismen zugunsten der dinglich Berechtigten ist auch eine Zusammenlegung unterschiedlich belasteter GmbH-Anteile möglich.

I. Zum Thema: Zusammenlegung und dingliche Belastung von GmbH-Anteilen – und was gilt, wenn beides zusammenfällt?

II. Die Zusammenlegung mehrerer, zugunsten desselben Berechtigten belasteter GmbH-Anteile

1. Verpfändete GmbH-Anteile

a) Fortsetzung der Pfandrechte an den neuen Anteilen analog § 1287 BGB

b) Zustimmungsbedürftigkeit analog § 1276 BGB

c) Die Rechtsfolgen der fehlenden Zustimmung des Pfandgläubigers: Unwirksamkeit der Zusammenlegung

2. Nießbrauchsbelastete GmbH-Anteile

a) Fortsetzung des Nießbrauchsrechts an den neuen Anteilen analog § 1075 Abs. 1 BGB

b) Zustimmungsbedürftigkeit analog § 1071 Abs. 2 BGB?

III. Die Zusammenlegung unterschiedlich belasteter GmbH-Anteile

1. Die Zusammenlegung dinglich belasteter mit unbelasteten Anteilen

2. Die Zusammenlegung dinglich belasteter Anteile im Falle unterschiedlicher Berechtigter

a) Die Prämissen der h.M.

b) Stellungnahme

aa) Die dinglichen Konsequenzen einer Zusammenlegung belasteter Anteile im Falle unterschiedlicher Berechtigter

bb) Das berechtigte Schutzinteresse der dinglich Berechtigten: Zustimmungserfordernis als Voraussetzung der Zusammenlegung

IV. Thesen


I. Zum Thema: Zusammenlegung und dingliche Belastung von GmbH-Anteilen – und was gilt, wenn beides zusammenfällt?
Dass die dingliche Belastung von GmbH-Anteilen – insbesondere deren Verpfändung im Kontext der Akquisitionsfinanzierung, aber auch der Anteilsnießbrauch zu Zwecken der Unternehmensnachfolgeplanung – eine ganz erhebliche praktische Bedeutung hat, bedarf keiner ausführlichen Erläuterung. Selbiges gilt für die vielfach auftretende – rechtliche oder praktische – Notwendigkeit der Zusammenlegung von GmbH-Anteilen, sei es im Zusammenhang von Neustückelungen vor Transaktionen oder von Kapitalmaßnahmen. Was nun in Ermangelung expliziter, vertraglicher Abreden diesbezüglich gilt, wenn beides zusammenfällt, also dinglich belastete Anteile zusammengelegt werden sollen, ist bis dato kaum einer tiefergehenden Betrachtung zugeführt worden und daher Gegenstand dieses Beitrags. Neben der Frage, ob – und rechtstechnisch wie – eine Zusammenlegung dinglich belasteter Anteile überhaupt möglich ist, geht es vor allem darum, inwiefern die dinglich am Anteil Berechtigten bürgerlich-rechtlichen Schutz erfahren, insofern sie denn, auch diese Frage stellt sich ganz grundsätzlich, überhaupt schutzbedürftig sind. Die Frage weist auch deshalb einiges an rechtspraktischer Brisanz auf, da im Falle des Misslingens der Zusammenlegung zwecks Neustückelung, etwa falls eine bürgerlich-rechtlich notwendige Zustimmung des dinglich Berechtigten nicht eingeholt wurde, u.U. nicht nur nachfolgende Abtretungen des bloß vermeintlich zusammengelegten Anteils, sondern damit auch in der Folge gefasste Beschlüsse unwirksam wären – dies jedenfalls dann, wenn man richtigerweise davon ausgeht, dass § 16 Abs. 3 GmbHG keine „gutgläubige Neustückelung“ ermöglicht, also nicht darüber hinweg hilft, dass der abgetretene Anteil in dieser Stückelung gar nicht existiert.

Bei der Beantwortung dieser Fragen gilt es, verschiedene Fallgestaltungen streng auseinanderzuhalten, die in der bisherigen – weitgehend rudimentären – Diskussion tendenziell vermischt, jedenfalls aber nicht ausreichend separiert wurden: (1) zunächst einmal nämlich – als einfacheren Fall – die Zusammenlegung von Anteilen, die allesamt zugunsten desselben Berechtigten belastet sind. (2) Schwieriger gestaltet sich darüber hinaus die Konstellation, dass unterschiedlich belastete Anteile zusammengelegt werden sollen, was wiederum zweierlei bedeuten kann: nämlich einerseits den Fall, dass belastete mit unbelasteten Anteilen zusammengelegt werden sollen oder, andererseits, dass Anteile zusammengelegt werden sollen, die zugunsten unterschiedlicher Berechtigter belastet sind. (3) Und schließlich muss in sämtlichen Konstellationen zwischen Pfand- und Nießbrauchsrechten unterschieden werden. Der Gang der Untersuchung folgt dieser Kategorisierung.

II. Die Zusammenlegung mehrerer, zugunsten desselben Berechtigten belasteter GmbH-Anteile
Zunächst also zur Konstellation, dass mehrere zugunsten desselben Berechtigten belastete Anteile zusammengelegt werden sollen; die grundsätzliche Möglichkeit eines solchen Vorgangs entspricht jedenfalls der überzeugenden, wenngleich nicht unwidersprochen gebliebenen, h.M. im Schrifttum. Für diese spricht jedenfalls, dass mit den §§ 1276, 1287 BGB bzw. §§ 1071, 1075 BGB passende bürgerlich-rechtliche Schutzmechanismen zugunsten der dinglich Berechtigten bereitstehen, deren grundsätzliche (analoge) Anwendbarkeit auf GmbH-Anteile als gesichert gelten kann. Insofern überzeugt das teils formulierte Postulat rundweg bestehender Unzulässigkeit mangels Notwendigkeit aus der Schutzperspektive der dinglich Berechtigten nicht. Zu unterscheiden sind ...


 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.11.2019 15:57

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