FG Münster v. 23.7.2020 - 10 K 2222/19 K,G

Beginn der Liquidation führt nicht zwangsläufig zur Ausbuchung einer Forderung

Eine GmbH muss eine Verbindlichkeit gegenüber ihrer Alleingesellschafterin nicht allein deshalb gewinnerhöhend ausbuchen, weil sie ihren aktiven Geschäftsbetrieb eingestellt hat und in die Liquidationsphase eingetreten ist. Die Abschreibung der Forderung im Besitzunternehmen der Gesellschafterin ist ebenfalls unerheblich, da keine allgemeine Pflicht zu korrespondierenden Bilanzierung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung besteht.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine 2009 gegründete GmbH und betrieb eine Gaststätte sowie ein Restaurant mit angeschlossenem Veranstaltungssaal. Zudem bot sie einen Partyservice, Catering und eine Zimmervermietung zu Übernachtungszwecken an. Das Betriebsgrundstück erhielt sie von ihrer Alleingesellschafterin im Rahmen einer Betriebsaufspaltung zur Nutzung überlassen.

Im Streitjahr 2016 stellte die Klägerin ihren aktiven Geschäftsbetrieb ein, veräußerte das Inventar und zeigte ihre Liquidation beim Finanzamt an. Zum 31.12.2016 bestand noch eine Verbindlichkeit der GmbH gegenüber ihrer Gesellschafterin.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Klägerin diese Verbindlichkeit im Streitjahr 2016 gewinnerhöhend ausbuchen müsse, da sie mit einer Inanspruchnahme nach Verkauf des Aktivvermögens und Einstellung des Geschäftsbetriebs nicht mehr ernsthaft rechnen könne. Die Alleingesellschafterin habe im Besitzunternehmen korrespondierend eine Forderungsabschreibung vorgenommen. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

Die Gründe:
Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheid 2016 sind rechtswidrig. Das Finanzamt hat zum 31.12.2016 zu Unrecht eine Verbindlichkeit gewinnerhöhend ausgebucht.

Die Klägerin ist weiterhin verpflichtet, die Verbindlichkeit zu passivieren. Ein Verzicht ist durch ihre Alleingesellschafterin als Gläubigerin der Forderung weder ausdrücklich erklärt worden, noch aufgrund der Liquidation konkludent anzunehmen. Eine Inanspruchnahme ist nämlich insofern auch weiterhin wahrscheinlich. Hierfür ist der Umstand, dass die Klägerin ihren aktiven Geschäftsbetrieb eingestellt und ihr gesamtes Inventar veräußert hat, unerheblich. Die Begleichung der Forderung kann dabei auch durch Aufnahme eines Bankdarlehens, durch Einlage oder im Rahmen einer Nachtragsliquidation erfolgen. Die Forderung ist auch nicht mit einer Einrede, etwa die der Verjährung, behaftet.

Unerheblich ist schließlich, ob eine Verbindlichkeit der GmbH gegenüber ihrem Gesellschafter im Rahmen der Liquidationsschlussbilanz weiterhin auszuweisen ist, weil die Liquidation noch nicht abgeschlossen sei. Die Abschreibung der Forderung im Besitzunternehmen der Gesellschafterin ist ebenfalls unerheblich, da keine allgemeine Pflicht zu korrespondierenden Bilanzierung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung besteht.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.09.2020 15:32
Quelle: FG Münster Newsletter v. 15.9.2020

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