Aktuell in der GmbHR

Schenkungsteuer bei disquotalen Einlagen in Personengesellschaften (Wachter, GmbHR 2020, 1041)

Die schenkungsteuerrechtlichen Folgen von disquotalen Einlagen in Kapitalgesellschaften sind seit rund zehn Jahren gesetzlich geregelt (§ 7 Abs. 8 ErbStG). Für Personengesellschaften fehlt es dagegen an einer vergleichbaren Vorschrift. Nach einer aktuellen Grundsatzentscheidung des BFH (BFH v. 5.2.2020 – II R 9/17) kann aber auch bei disquotalen Einlagen in eine Personengesellschaft eine freigebige Zuwendung an die anderen Gesellschafter vorliegen. Der Beitrag skizziert die neue Rechtslage und deren Folgen für die Praxis.

I. Einführung

1. Ausgangssituation

2. Kapitalgesellschaften

3. Personengesellschaften

II. Neue Entscheidung des BFH

1. Sachverhalt

2. Entscheidung

III. Stellungnahme

1. Vorbemerkung

2. Steuertatbestand

a) Gesetzeswortlaut

aa) Besonderer Steuertatbestand (§ 7 Abs. 8 ErbStG)

bb) Weitere besondere Steuertatbestände (§ 7 Abs. 5 ff. ErbStG)

cc) Allgemeiner Steuertatbestand (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG)

b) Durchgriff durch die Gesamthand

c) BFH: „eigenständige steuerrechtliche Prüfung“

d) Zivilrechtliche Prägung

e) Zurück in das Jahr 1994: Kontinuität oder Rückschritt?

f) Gesetzessystematik

3. Bereicherung des Erwerbers

IV. Praktische Folgen

1. Einführung

2. Unmittelbare Folgen

a) Gesellschaften

b) Person des Schenkers

c) Person des Bedachten

d) Steuerklasse und Freibetrag

e) Steuerpflichtiger Erwerb

f) Leistung und Gegenleistung

g) Subjektiver Steuertatbestand

h) Anzeigepflichten

3. Mittelbare Folgen

4. Ausblick: Reform des Personengesellschaftsrechts

V. Überlegungen für die Gestaltungspraxis

1. Einlage von Gesellschaftern

a) Gesamthänderisch gebundenes Rücklagenkonto

b) Personenbezogenes Rücklagenkonto

c) Kapitalkonto II (Eigenkapitalkonto)

2. Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft

a) Konten

b) Steuerentnahmerecht

c) Steuerschuld

d) Anzeigepflichten

VI. Fazit


I. Einführung
1. Ausgangssituation

1
Im Gesellschaftsrecht sind disquotale Einlagen von Gesellschaftern nicht ausdrücklich geregelt. Auf Grundlage der allgemeinen Vertrags- und Vereinigungsfreiheit können die Gesellschafter Art und Höhe der Einlagen privatautonom festlegen (s. für die GbR § 706 BGB, für die KG §§ 171 ff. HGB und für die GmbH § 14 GmbHG). In vielen Fällen werden die Einlagen entsprechend der (kapitalmäßigen) Beteiligung der Gesellschafter bestimmt (quotale Einlagen). Zwingend ist das aber nicht. Vielmehr sind auch abweichende Regelungen (disquotale Einlagen) zulässig. Grundlage dafür ist zumeist ein (einfacher) Beschluss der Gesellschafter. Eine Regelung im Gesellschaftsvertrag ist nicht erforderlich.

2
Im Steuerrecht wird seit langem darüber diskutiert, welche steuerlichen Folgen solche disquotalen Einlagen haben. Dabei standen lange Zeit Fragen des Ertragsteuerrechts im Mittelpunkt des Interesses. Die Bedeutung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts ist dagegen erst vor einigen Jahren in den Blickpunkt geraten. Dabei wird zwischen möglichen Zuwendungen an die Gesellschaft und an die anderen Gesellschafter unterschieden:

  • Leistungen an die Gesellschaft: Einlagen eines Gesellschafters sind grundsätzlich keine freigebigen Zuwendungen an die Gesellschaft. Mit der Leistung der Einlagen erfüllt der Gesellschafter seine gesellschaftsrechtlichen Pflichten. Die Einlage ist gesellschaftsrechtlich veranlasst und somit nicht freigebig. Dies gilt in gleicher Weise für quotale wie für disquotale Einlagen.
  • Leistungen an die anderen Gesellschafter: Quotale Einlagen sind keine freigebigen Zuwendungen an die anderen Gesellschafter, da Leistung und Gegenleistung insoweit ausgeglichen sind. Bei disquotalen Einlagen eines Gesellschafters stellt sich dagegen die Frage, ob und unter welchen Umständen darin eine freigebige Zuwendung an die anderen Gesellschafter gesehen werden kann. Im Allgemeinen erfolgen disquotale Einlagen in die Gesellschaft, um das Eigenkapital zu stärken und den Gesellschaftszweck zu fördern. Dies kann zu einer Werterhöhung aller Gesellschaftsanteile führen. Die disquotale Einlage eines Gesellschafters, die (rechtlich) unmittelbar in die Gesellschaft erfolgt, kann daher (wirtschaftlich) mittelbar eine Zuwendung an die anderen Gesellschafter sein. Die Gesellschaft (und deren Vermögen) ist allerdings rechtlich grundsätzlich selbständig (s. §§ 124, 161 HGB für die OHG, KG und § 13 GmbHG für die GmbH), so dass ein solcher Durchgriff einer gesetzlichen Grundlage bedarf.

2. Kapitalgesellschaften
3
Der Streit um die schenkungsteuerrechtlichen Folgen einer disquotalen Einlage entzündete sich zunächst bei den Kapitalgesellschaften.

4
Die Finanzverwaltung hatte in diesen Fällen eine freigebige Zuwendung angenommen, wenn es sich bei den Gesellschaftern um Angehörige (§ 15 AO) handelt. Dann sei regelmäßig davon auszugehen, dass der Gesellschafter mit seiner disquotalen Einlage vor allem eine Werterhöhung der Anteile der anderen Gesellschafter beabsichtigt habe. Das Ziel der Förderung der Gesellschaft ist dagegen in den Hintergrund getreten.

5
Dieser Auffassung der Finanzverwaltung hat der BFH indes widersprochen. Die disquotale Einlage eines Gesellschafters in das Vermögen einer GmbH ist danach keine freigebige Zuwendung an die anderen Gesellschafter. Der amtliche Leitsatz lautet ...
 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.09.2020 10:54
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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